Ein Fall aus NRW zeigt, wie fahrlässig Behörden mit ihrer Kontrollpflicht umgehen. Eine Lehrerin blieb anderthalb Jahrzehnte dem Dienst fern - bei vollem Gehalt. Ein Kommentar.
Lehrerin seit 16 Jahren krankBeamtenprivilegien brauchen Kontrollinstanzen

Eine Lehrerin schreibt eine Mathematikaufgabe auf eine digitale Schultafel (Symbolbild)
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Man stelle sich Folgendes vor: Eine Lehrerin meldet sich 2009 krank – und wiederholt dies Monat für Monat. Jahr für Jahr. Nie wieder taucht sie im Klassenzimmer auf. Erst nach 16 Jahren wird nun von einem Amtsarzt geprüft, ob die Dame überhaupt noch dienstfähig ist. Was nach Satire klingt, ist wirklich so in NRW passiert: Weil Schulbehörde und Land sich jahrelang nicht rührten, musste das Oberverwaltungsgericht Münster einschreiten – und vorschreiben, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Kontrollpflicht ist kein Vorschlag, sondern Teil der Fürsorge.
Die Studienrätin soll psychisch erkrankt sein – das ist von einem Arzt zu klären. Der Skandal liegt nicht primär bei ihr – sondern bei einem Staat, der über Jahre sehenden Auges ihr volles Gehalt überweist, ohne sich zu kümmern.
Zu Recht sorgt das für Unmut: Beamte bekommen im Krankheitsfall unbegrenzt ihr Gehalt weiter – Angestellte nach sechs Wochen Krankengeld. 16 Jahre nicht einen Tag bei der Arbeit aufschlagen – sowas ist offenbar nur im Staatsdienst möglich. Dabei sieht das Beamtenstatusgesetz vor, dass ein Dienstherr eine Untersuchung anordnen kann, wenn die krankheitsbedingten Fehlzeiten eine bestimmte Grenze überschreiten, zum Beispiel insgesamt drei Monate innerhalb eines halben Jahres. Wie kann 16 Jahre lang einfach nichts passieren?
Für die Kollegen, die einspringen, Mehrarbeit leisten und den Schulalltag auffangen, ist das Ganze ein Hohn. Sie rackern sich ab, während andernorts jemand bezahlt wird, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen.
Fest steht: Beamtenprivilegien brauchen Kontrollinstanzen, die funktionieren. Zum Beispiel eine regelmäßige Auswertung von Erkrankungszeiten durch die Behörden. Vertrauen in den Staat entsteht nicht durch blinden Gehorsam, sondern durch transparente, nachvollziehbare Abläufe. Und durch das Gefühl, dass Leistung und Verantwortung für alle gelten.