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Kommentar

33,6 Milliarden
Steuermehreinnahmen sind kein Grund für Entspannung

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2 min
23.10.2025, Berlin: Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen, äußert sich bei einer Pressekonferenz zur Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzung im Bundesfinanzministerium. (Wischeffekt durch Mitziehen) Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen, äußert sich bei einer Pressekonferenz zur Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzung im Bundesfinanzministerium.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil kann sich über 33,6 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen freuen. Doch die guten Zahlen sind trügerisch.

Man sollte sich von den guten Zahlen nicht blenden lassen. 33,6 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen für die nächsten Jahre sind zwar kein Pappenstiel, Bundesfinanzminister Lars Klingbeil kann sich zur Abwechslung auch einmal freuen. Eine gute Steuerschätzung birgt in der jetzigen Situation aber die Gefahr, dass der gebotene Reformeifer erlahmt und die Begehrlichkeiten der Minister für ihre Ressorts wieder wachsen. Dem muss Lars Klingbeil Einhalt gebieten.

Denn zur Wahrheit gehört: Die erwarteten höheren Einnahmen sind vor allem auf die milliardenschweren staatlichen Investitionen zurückzuführen, die das „Sondervermögen“, besser benannt mit Sonderschulden, in den nächsten Jahren ermöglicht.

Ökonomen gehen davon aus, dass die staatliche Bautätigkeit vor allem ein Strohfeuer sein wird – und die so wichtigen privaten und nachhaltigen Investitionen vielleicht, aber nicht zwingend auslöst. Die Steuermehreinnahmen sind also zunächst auf ein mit Schulden finanziertes Mega-Ausgabenprogramm zurückzuführen. Eine echte „Wirtschaftswende“ ist damit noch lange nicht erreicht.

Angespannte Situation in der Wirtschaft

Die erfreuliche Steuerschätzung darf über die Lage nicht hinwegtäuschen: Traditionsunternehmen wie Bosch streichen Zehntausende Stellen und Automobilkonzerne drosseln die Produktion. Mittelständische Betriebe ringen mit steigenden Sozialabgaben und Bürokratiekosten. Arbeitnehmer haben trotz steigender Löhne wegen hoher Lebenshaltungskosten und Abgaben weniger Geld in der Tasche.

Drei Jahre Rezession zeigen auch erste Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt. Dieser zeigt sich bislang nur deshalb noch vergleichsweise robust, weil der alternden Gesellschaft das Personal ausgeht. Es gibt also keinen Anlass, sich beruhigt zurückzulehnen. Die Konsolidierung des Bundeshaushalts, Steuer- und Sozialstaatsreformen müssen kommen.

Und auch an den Koalitionsvertrag sei erinnert: Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, kleinere und mittlere Einkommen bei der Einkommensteuer zu entlasten. Das Signal, dass der Staat immer mehr einnimmt, das aber trotzdem nicht reicht und für Entlastungen kein Spielraum da sein soll, ist auf Dauer auch nicht gut.