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Wort zum SonntagWarum Licht und Schatten zum Leben gehören

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wei Frauen genießen auf eine Bank neben einem Wegkreuz die Herbstsonne.

wei Frauen genießen auf eine Bank neben einem Wegkreuz die Herbstsonne.

Der November gilt als der schwierigste Monat des Jahres. Gedenktage erinnern an Verluste, die Natur zieht sich zurück – und dann scheint unvermittelt die Sonne. 

Fragen wir Menschen, welcher Monat ihnen am schwierigsten erscheint, bekommt der November meist den Spitzenplatz. Ich verstehe, warum. Die Natur zieht sich zurück, das Licht schwindet, die Tage verkürzen sich. Farben verlieren ihre Leuchtkraft.

Stille Gedenktage erinnern uns, dass Leben endlich ist: Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, der Ewigkeitssonntag. An diesen Tagen erinnern wir uns an Menschen, die fehlen; an Liebe, die sich nicht mehr zeigen lässt; an Worte, die wir nicht gesagt haben; an Abschiede, die wehtun. Der Buß- und Bettag fällt in diese Zeit und lädt dazu ein, ehrlich auf das eigene Leben zu schauen. Auch das kann schwer sein, manchmal sogar sehr. Und plötzlich scheint die Sonne. Die letzten Novembertage zeigten sich warm und golden. Sonnenlicht fiel auf buntes Laub. Es wirkte fast wie ein Frühlingshauch mitten im Herbst. Das ist schön und zugleich irritierend.

Vielleicht ist das ein Spiegelbild der Zeit, in der wir gerade leben: zwischen Hoffnung und Sorge, zwischen Müdigkeit und Sehnsucht; zwischen dem Wunsch, dass alles gut wird, und dem Wissen, dass es das nicht ist.

Die Wärme tut gut. Sie mag aber auch dazu führen, all das zu verdecken, was doch gesehen werden will: die Trauer, die Verluste, die n Krisen unseres Lebens. Doch genau das benötigt Raum in unserem Leben und auch in unserem Empfinden. Licht und Dunkelheit gehören zusammen. Leben und Tod. Lachen und Weinen. „Alles hat seine Zeit“, sagt das Predigerbuch im Ersten Testament. Vielleicht liegt genau darin Trost: Die Tränen, die Last auf dem Herzen, die Erschöpfung - die Sonnenstrahlen, die Wärme, ein Lächeln: alles hat seinen Raum in unserem Dasein und in allem findet sich Gott.