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Chefkoch im PortraitEntspannte Schnitzeltage im Gasthaus Scherz

5 min
Chefkoch Michael Scherz bietet in seinem Gasthaus an der Luxemburger Straße österreichische Küche.

Chefkoch Michael Scherz bietet in seinem Gasthaus an der Luxemburger Straße österreichische Küche.

Wenn Chefkoch Michael Scherz Schnitzel macht, sind die "g'schmackig". Dabei ist er selbst Vegetarier.

„Vielleicht wird ja heute wieder einer dieser Schnitzeltage“, sagt Michael Scherz mit Blick aufs Wetter. „Dann muss der Saucier nachher 80 oder mehr Schnitzel vom Freilandkalb klopfen, an anderen Tagen sind es nur 20. Das können wir nie genau vorhersagen.“ Die Sonne scheint, die Luft ist lau an diesem frühen Abend - das fördert im österreichischen Gasthaus Scherz den Appetit der Gäste auf „was Entspanntes“ wie ein echtes Wiener Schnitzel: ein Bestseller mit goldbrauner, luftig gewellter Panade. Dazu ein Weißbier in der rustikalen Stub'n unterm Hirschgeweih oder im Hinterhof-Biergarten nach dem Motto: „Uff das ma üs träffand beim Scherz.“

Der Chefkoch verkostet alles, aber schluckt nicht

„Mmmmh, g‘schmackig!“, sagt der gebürtige Vorarlberger (40) mit schnalzender Zunge. Obwohl für ihn gilt: Nur schmecken, nicht verspeisen. Kein Witz: Michael Scherz ist Vegetarier und isst seit seinem 14.  Lebensjahr kein Fleisch mehr. Das tut der Begeisterung des Meisters für tierisch gute Speisen aber keinen Abbruch. „Ich verkoste alles und weiß, wie es schmeckt, aber ich schlucke nicht. Ist für die Serviettn“, erklärt der Chefkoch und wechselt kurz in „Ösi-Sprech“.

Die Begeisterung für tierisch gute Speisen ist geblieben.

Die Begeisterung für tierisch gute Speisen ist geblieben.

Das Team versteht sich auf Schnitzel & Co. wie auf Gourmetgerichte und Vegetarisches. Er verbindet locker Tradition mit Moderne, setzt auf Österreichisches, aber anders. Was damit gemeint ist, demonstriert das Team in der High Tech-Küche mit sechsflammigem Gasherd, Vakuumierer, Smoker und mehr. Klassiker treffen auf unkonventionelle Kombinationen und moderne Zubereitungsmethoden wie Sous-Vide-Garen, Marinaden mit aromatischem Gewürz-„Rub“ für Braten oder geraspelte Rösti, die vakuumiert, gedämpft und in Plattenform gebraten werden.

Fleisch von Tieren, die auf der Wiese stehen

Beste Qualitätsprodukte sind gefragt. Das Fleisch stamme ausschließlich „von Tieren, die auf der Wiese stehen“. Über eine Kooperative im Baskenland erhält das Gasthaus Kalb und Geflügel aus Freilandhaltung, von Jägern wird saisonal Wild im Ganzen aus der Eifel geliefert. „Drei bis vier Rehe reichen für uns eine Woche“, so Scherz. Gemüse stammt aus der Region, „Möllers“ ist ein bewährter Lebensmittel-Lieferant. Gewürze stammen vom Importeur „Terre Exotique“. Frische Kräuter gehören stets dazu: „Bronzefenchel zum Beispiel, mit ein bisserl Butter, Muskat und Schnecken, da kriegste ein Grinsen ins Gesicht“, sagt der 40-Jährige.

Rösti gehören zu den traditionsreichen Speisen, die auf moderne Art zubereitet werden.

Rösti gehören zu den traditionsreichen Speisen, die auf moderne Art zubereitet werden.

Zwei Geschmackswelten: Zu ganzjährigen Speisen gehören Tafelspitzbouillon, Backhendl, Buschenschank-Schmankerl, langsam gegart, mit Röstaromen und Rauchnoten. Daneben stehen laut Karte wechselnde „Neue Klassiker, falsch interpretiert“ in Midi-Größe, die Schnecken mit Knochenmarkkruste zum Beispiel. „Die Kruste machen wir gerne auch mit Wild, um dem Ganzen eine schöne Cremigkeit und Schmelz zu geben“, erklärt der Maître. Mit asiatischem Stil spielt das Kalbs-Gyoza im Dashisud.

Ausgezeichnet vom Guide Michelin

Der Guide Michelin bescheinigt dem Gasthaus Scherz mit der Auszeichnung „Bib Gourmand“ eine sehr gute Qualität bei reellen Preisen im Lokal mit 80 Plätzen innen sowie draußen. Das komplette Team zählt 25 Personen, sechs Köche arbeiten Hand in Hand und tüfteln gern auch an kulinarischen Überraschungen. „Kochen ist schließlich ein kreatives Handwerk und soll auch Spaß machen“, betont Restaurantleiter Christoph Ahl.

Blick ins Innere des Gasthaus Scherz.

Blick ins Innere des Gasthaus Scherz.

Daneben laufen Schnitzelklassiker wie geschnitten Brot durch die Panierstraße. Zwei-Sterne-Koch Tim Raue kürte Anfang des Jahres in seiner Magenta TV-Sendung das Schnitzel made by Scherz zum seiner Ansicht nach Besten in Deutschland und schwärmte vom Klang eines Wiener Walzers am Gaumen.  Die Wertung sorgte in den sozialen Netzwerken für Debatten über die Besten der Besten.  „Die Resonanz war enorm, wir können jetzt in neue Einrichtung investieren!“, freut sich der Kölner Chefkoch über die Nachfrage. Am liebsten würde der Sohn einer Arbeiterfamilie mit vier Geschwistern auch am einzigen Ruhetag montags öffnen. „Ich bin gern hier. Der Job macht Laune, da kann man am Ende des Tages auch mal kaputt sein.“

Michael Scherz hat das Gruber's in Köln mit aufgebaut

Im Team mit anzupacken, das ist er gewohnt. Als 14-Jähriger begann er eine Ausbildung als Koch und Restaurantfachmann in Österreich. Er sammelte danach in mehreren Restaurants Erfahrung, darunter ein Sternelokal in Cottbus und das Gruber`s in Köln, das er als Küchenchef mit aufgebaut habe. „Mein Vater hatte mir damals geraten, etwas Handwerkliches zu machen - ich bin ihm dankbar dafür“, sagt der 40-Jährige, selbst Familienvater mit drei Söhnen, neun, fünf und ein halbes Jahr alt.

Außenansicht des Gasthaus Scherz.

Seit 2018 an der Luxemburger Straße: Das Gasthaus Scherz.

2013 eröffnete der Vegetarier sein eigenes Gasthaus, seit 2018 am Standort Luxemburger Straße. Dort steht auch Veggie-Kost zur Wahl, zum Beispiel Burrata mit Kirschtomaten und Rosmarin-Bitterorange, fermentiertes Gemüse mit Kernöl-Kressecreme, Malfade-Nudeln mit Honigzitronen, zum Dessert Leibspeisen wie der vollendet zerpflückte Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster, aber auch die Milchmousseschnitte mit Kardamom-Sorbet und Yuzu.

Im Lokal tafeln die Gäste je nach Gusto in der Stub‘n an Holztischen, auf der Terrasse oder in der Gourmet-Bar, die gerade neu gestaltet wurde, mit Korkeichenrinde verkleideten Wänden und Leder-Clubsesseln. Seit kurzem können in der Bar Weine zur Selbstbedienung mit Chip-Abrechnungssystem „By the Glass“ abgefüllt werden. Sie stehen in klimatisierten Ausschankmöbeln zur Wahl, Beratung inklusive. Reservierung wird empfohlen: Für die Herbst- und Weihnachtszeit gibt es zwei Menüs; die Palette reicht vom Schnitzel bis zum Schwarzfederhuhn mit Blaukraut, Kloß und Quitte, „selbstverständlich mit zu viel Sauce serviert“.

Am Ruhetag kommt bei Familie Scherz zuhause meistens keine dieser Spezialitäten auf den Tisch, sondern etwas Schnelles, „um mehr Zeit miteinander zu haben“. Seine größeren Jungs, sagt der Vater verständnisvoll, „mögen gern einen richtigen Burger zwischen die Finger“.


Gasthaus Scherz, Luxemburger Straße 265, 50937 Köln. Herbst- und Weihnachtsmenü zu 48/58 Euro pro Person. Gerichte von 7 Euro (Kaiserschmarrn-Wölkchen) bis 34 Euro (Wiener Schnitzel mit Kartoffel-Gurken-Salat). Öffnungszeiten dienstags bis samstags (Küche 17-22 Uhr), sonntags 12 bis 20 Uhr.