Viele Menschen hätten durch das Überangebot in den Supermärkten einen bewussten Fleischkonsum verlernt, meint der Sternekoch. Schon mit einfachen Mitteln ist allerdings viel möglich.
Bewusstsein für LebensmittelEin Huhn, 60 Minuten, drei Gerichte - Kölner Sternekoch Maximilian Lorenz zeigt, wie es geht

Der Kölner Sternekoch Maximilian Lorenz in der Küche des „Maximilian Lorenz“
Copyright: Thomas Banneyer
Es geht um Respekt, sagt Maximilian Lorenz. Respekt vor dem Tier, aber auch Respekt vor der Pflanze, dem Obst und dem Gemüse. Eine Herangehensweise, die sich in seinem Sterne-Restaurant „Maximilian Lorenz“ überall widerspiegelt. „Es geht auch darum, sich nicht nur die Filetstücke rauszusuchen.“ 60 bis 80 ganze Rehe bekommt Lorenz im Jahr etwa geliefert. Auch Schweine kommen mal als ganzes Tier, mal als fertiges Stück. Niemals aber bereits fertig portioniert. „Das verbiete ich mir. Das gehört immer noch zum Job des Kochs“, erklärt Lorenz.
Dass aus den Knochen und Sehnen der Rinderschulter im Anschluss auch noch ein hoch aromatischer Bratensaft entsteht, ist für Lorenz selbstverständlich. Aktuell steht im Restaurant gegrillte Makrele auf dem Menü. Aus dem eingesalzenen Gerippe entsteht nach mehreren Wochen der Sud für ein neues Gericht. „Wenn man sich mit dem Produkt beschäftigt, kann man dadurch ganz viel Geschmack bekommen“, sagt Lorenz. „Das ist natürlich komplexer, als einfach ein Rinderfilet mit Steinpilzen zu servieren. Das ist zwar auch lecker und hat absolut seine Berechtigung, aber ich liebe die Herausforderung.“
Maximilian Lorenz: Auch Zuhause funktioniert das Prinzip der Vollverwertung
Auch Zuhause funktioniert das Prinzip der Vollverwertung – und das schon mit wenig Aufwand. Wie, das zeigt Lorenz für die Rundschau an einem Beispiel. Das Ziel: Ein ganzes Huhn, 60 Minuten und drei Gerichte. „Wenn du ein ganzes Huhn kaufst, kannst du das super für zwei Personen vorbereiten. Oder du kannst dir allein dein Essen für die ganze Woche vorbereiten.“
Das Zerteilen des Huhns erfordert ein wenig Übung. Beim Sternekoch sieht das ziemlich leicht aus. Kein Wunder, hat er laut eigener Schätzung in seiner Kochlaufbahn mindestens eine locker fünfstellige Zahl an Geflügel zerlegt.

Pasta mit Hähnchen, Zitrone und Parmesan.
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Die in Streifen geschnittene Hühnerbrust kommt dann mit Butter, Zitronensaft und später mit Nudeln und Parmesan in die Pfanne (das detaillierte Rezept und Mengenangaben unten) „Durch die Stärke der Nudeln wird es richtig schön cremig, die Zitrone bringt wahnsinnig viel Säure rein.“ Nudeln, Zitrone und Parmesan sollte jeder ohnehin immer zuhause haben, findet Lorenz.
Die Karkasse, also das Skelett des Huhns, wird angeröstet und mit Sojasoße und Gemüseschalen gekocht. Daraus entsteht eine asiatische Brühe, die später mit Reis, gekochtem Ei mit flüssigem Kern, Ingwer, Frühlingszwiebeln, Chili und Koriander serviert wird. „So eine Brühe hält dich richtig warm. Da ist richtig was drin, was dich durch den Tag bringt.“ Was in die Brühe reinkommt, könne sich im Prinzip jeder frei zusammenstellen.

Brühe aus der Hühnchen-Karkasse mit Reis, gekochtem Ei, Ingwer, Frühlingszwiebeln, Chili und Koriander.
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Die mit Olivenöl eingeriebenen Keulen kommen mit Kartoffeln, Karotten, Sellerie, Knoblauch und Rosmarin in den Ofen. Nach einer Stunde, nur mit Pfeffer und Salz gewürzt, sind die mediterranen Hühnerkeulen fertig. Wer nicht gleich von jedem Gemüse ein ganzes Kilogramm kaufen will, greift am besten zum klassisch abgepackten Suppengemüse. „Optional kann man sich dazu noch einen Zitronenjoghurt oder eine Sweet-Chili-Soße machen. Aber auch ohne Soße sind die Keulen saftig, wenn sie gut gemacht sind.“

Mediterrane Hühnerkeulen mit Ofengemüse.
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Simpel, lecker und effektiv sei die Kombination der drei Gerichte. Doch wo bekomme ich eigentlich mein Fleisch her? Lorenz empfiehlt, sich einen Metzger des Vertrauens zu suchen. „Gerade in Ballungsgebieten wie Köln gibt es diesen Berufsstamm noch, den wir unterstützen sollten.“ Und dann: Lieber mal einen Euro mehr ausgeben und dafür einmal weniger pro Woche Fleisch essen. „Wenn ich Bock auf ein Steak habe, dann will ich 300 Gramm, Medium Rare, mit Kräuterbutter, Pommes und Majo. Aber dann reicht es mir auch wieder für eine Zeit lang.“
Viele Menschen hätten durch das Überangebot in den Supermärkten einen bewussten Fleischkonsum verlernt, meint Lorenz. Auch der bewusste Umgang mit saisonalen Produkten sei durch das Überangebot verloren gegangen. „Das liegt daran, dass es im Supermarkt auch im Dezember Spargel, Rhabarber, Erdbeeren oder Bärlauch gibt. Es muss ja nicht sein, dass im Winter wirklich jedes Produkt im Regal liegt, sondern lieber eine saisonale, regionale Auswahl.“
Spaghetti Carbonara aus Karotten
Vollverwertung ist nicht nur bei tierischen, sondern auch bei pflanzlichen Produkten ein Thema. Bei einem Gericht, das aktuell nicht mehr Teil des Menüs ist, hat Lorenz das Prinzip der pflanzlichen Vollverwertung auf die Spitze getrieben: eine Karotten-Carbonara. „Die Karottenschalen haben wir entsaftet und daraus zusammen mit Frischkäse eine Carbonara-Soße gemacht“, erklärt der Koch. „Die Karotten schneiden wir zu Spaghetti, das Karottengrün nutzen wir als Ersatz für Petersilie. De eher süßeren Innenteil der Karotte marinieren wir mit Barbecue-Soße, trocknen das ganze 24 Stunden und haben dann Speck von der Karotte.“

Maximilian Lorenz ist Inhaber und Küchenchef im Sterne-Restaurant "Maximilian Lorenz"
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Auch junge Leute müssten aus Lorenz’ Sicht wieder mehr zum Kochen animiert werden. „Es muss nicht die Tomatensoße aus dem Glas oder die Fischstäbchen aus der Tiefkühltruhe sein. Das kann man alles selbst machen.“ Einen positiven Trend sieht er aber auch in den sozialen Medien, wo Influencer vor der Kamera kochen und über Lebensmittel sprechen. Diese hätten dazu beigetragen, dass sich wieder wesentlich mehr Menschen dafür interessieren. Der Tipp vom Sternekoch: Einfach mal ein paar Produkte kaufen und sich damit beschäftigen.
Die Rezepte
Hühnerbrust und frische Nudeln
- 2 Hühnerbrüste, in Streifen geschnitten
- Saft einer Zitrone
- 100 g Butter
- 200 g frische Tagliatelle
- 50 g Parmesan
- 2 Esslöffel gehackte Petersilie
- Salz
- Pfeffer
- ggf. Olivenöl

Die Zubereitung der Pasta.
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Die Hühnerbrust in dünne Streifen schneiden; in Butter leicht anziehen; mit Zitronensaft ablöschen und kräftig salzen und pfeffern. Die Pasta al dente kochen. Pasta in die Hühnerpfanne beigeben; mit Parmesan glattrühren, sodass eine Emulsion entsteht; danach auf einen Teller geben. Noch ein bisschen groben Pfeffer drüber geben. Nach Belieben noch einen kleinen Tropfen Olivenöl dazu und mit gehackter Petersilie servieren.
Asiatische Brühe mit gekochtem Ei und Ingwer
- 1 Hühnerkarkasse
- Schalen von einem Paket Wurzelgemüse
- 100ml Sojasoße
- 2 EL Sushi-Ingwer
- ½ Chilischote, geschnitten
- 1/6 Bund Koriander, gehackt
- 2 Frühlingszwiebeln, in Streifen geschnitten
- 100-200 g gekochter Reis vom Vortag
- 1 Ei

Maximilian Lorenz gibt die Brühe über das gekochte Ei und den Reis.
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Die Hühnerkarkasse anrösten; mit Sojasoße ablöschen und einen halben bis dreiviertel Liter Wasser draufgeben. Das Ganze mit den Schalen vom Gemüse für 45 Minuten kochen lassen. Anschließend abpassieren und heiß stellen. Das Ei sechseinhalb Minuten in kochendem Wasser kochen. Das gekochte und geschälte Ei in den Reis vom Vortag reingeben (es kann natürlich auch frisch gekochter Reis sein). Den Reis und das Ei mit dem heißen, passierten Hühner-Soja-Sud übergießen und dann die restlichen Zutaten darauf verteilen.
Mediterrane Hühnerkeule
- 2 Hühnerkeulen
- das geschnittene, geschälte Wurzelgemüse aus einer Packung
- 10 kleine Kartoffeln
- 4 EL Olivenöl
- 2 Knoblauchzehen
- 2 Zweige Rosmarin
- Meersalz
- Pfeffer
- ggf. Joghurt natur, Zitronensaft einer Zitrone

Die Hühnerkeulen kommen mit frischem Gemüse in den Ofen.
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Das Olivenöl an die Hühnerkeule mit allem an Gemüse und Gewürzen sowie Salz & Pfeffer in eine Schüssel geben, zwei Minuten kneten und auf ein Backblech mit Backpapier geben. Das Ganze bei 170 Grad Umluft für eine Stunde backen. Danach noch mal leicht mit grobem Meersalz und Pfeffer würzen. Je nach Belieben dazu eine kleine Portion Joghurt mit Zitrone und Zitronensaft abgeschmeckt reichen.