Interview mit Profi-BalkongestalterinSo werden kleine Balkone gemütlich und schön

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Balkon

Von wegen Problemzone:  Wie auch ein Minibalkon zum Wohlfühlort wird.

  • Wäsche, Wasserkisten oder Müll auf dem Balkon sind nicht sehr ansehlich.
  • Es gibt einfache Methoden und Ideen, den Balkon - so klein er auch sein mag - schön zu gestalten.
  • Inklusive Geheimtipps und Trends.

Frau Setzer, viele kleine Balkone dienen ausschließlich als Abstellfläche für Wäsche oder Getränke-Kisten. Wie macht man einen Mini-Balkon hübsch?

Das erste, was viele machen sollten und nicht so richtig tun, ist, sich zu überlegen, wie sie ihren Balkon nutzen wollen. Denn gerade bei kleinen Balkonen muss man sich festlegen: Will ich hauptsächlich ausruhen und die Füße hochlegen? Oder eher häufig draußen essen und grillen? Diese Entscheidung ist wichtig, damit der Balkon auch optisch stimmig wird. Die meisten wollen zu viel.

Alles auf einmal geht also nicht.

Genau, denn, um dort essen und liegen zu können sind viele Balkone zu klein. Außer, man kauft sich alle Möbel in Klappform. Aber davon rate ich ab, weil sie meist nicht bequem sind. Viele fragen sich: Warum ist mein Balkon nicht gemütlich? Es liegt meist an den kleinen und unbequemen Stühlen, auf denen einem nach kurzer Zeit alles wehtut.

Balkon blumen und grill

Grillen oder chillen? Klar muss sein, wofür man den Balkon nutzen möchte.

Die Sitzmöbel sollten also das Herzstück des Balkons sein.

Ja, gemütliche Sitzmöbel sind sehr wichtig. Manchmal reicht es schon, sich einen bequemen Sessel mit passendem Pouf hinzustellen. Oder man macht sich die bisherigen Möbel mit Polstern bequem. Ich rate im Allgemeinen dazu, sich etwas Bequemes anzuschaffen, am besten mit Armlehnen. Armlehnen sind für mich das A und O. Füße passen immer noch auf Hocker. Es gibt aber zum Beispiel auch tolle Stühle aus Aluminium mit Polsterauflagen.

Immer mehr Leute ziehen in die Städte, viele leben dort auf relativ kleinem Wohnraum. Welche Bedeutung hat ein Balkon heute?

Balkone sind leider oft gestalterische Problemzonen. Bei meiner Arbeit merke ich immer wieder: Viele Balkonbesitzer sind hilflos und dankbar, wenn sich jemand dem Thema annimmt. Die Wohnung ist oft schön eingerichtet, aber der Balkon nicht. Das liegt meist an der Kombination aus klein, ungemütlich und kalt, weil die Außenbereiche eben der Witterung ausgesetzt sind. Viele wissen nicht, wie sie das angehen sollen. Für mich ist es ein Liebhaber-Thema, denn hier lässt sich wirklich etwas schönes Neues erschließen.

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Vorher: Balkone sind leider oft gestalterische Problemzonen.

Ihr persönlicher Geheimtipp für einen schönen Balkon?

Runde Tische. Die eignen sich oft sehr gut, auch für kleine Flächen. Die meisten kaufen sich einen kleinen eckigen Tisch, bei dem die Füße aber nur von zwei Seiten drunter passen. Runde Tische sind flexibler und sie bieten einen schönen Kontrast mit ihrer organischen Form. Und: Hängen statt Stellen. Balkonkästen, vertikale Gärten, Lichterketten und selbst Werkzeug kann man aufhängen. So spart man viel Platz. Auch Sonnenschirme lassen sich meist besser am Geländer befestigen als sie auf dem Boden zu platzieren.

Welche Fehler machen viele am häufigsten bei ihrer Balkongestaltung?

Viele Balkone werden nicht wirklich gezielt eingerichtet. Man kauft da mal was spontan und hat dies und das geschenkt bekommen. Das führt dazu, dass alles dann nicht so richtig zusammen passt. Genau so kritisch wie man sich drinnen einrichtet, sollte das draußen auch geschehen. Ich rate meinen Kunden immer wieder: Trennt euch von dem, was ihr angesammelt habt. Das gilt auch für unpassende Blumen und Bepflanzung.

Raten Sie dazu, alles auf eine Farbgruppe abzustimmen?

Das ist zumindest ein sehr effektives Stilmittel. Je kleiner die Fläche ist, desto mehr Profil braucht sie. Sonst wirkt es optisch schnell wie ein wildes Durcheinander. Wer auf dem Balkon zum Beispiel rote Accessoires einsetzt, kann das auch bei der Bepflanzung wiederholen, das hat eine tolle Wirkung. Ich rate dazu, sich bezüglich Deko, etwa bei Kissen und Kerzen, ein paar Farben rauszusuchen, die man auf dem Balkon konsequent einsetzt. Das gibt einen stimmigen Eindruck. Ein gelbes Kissen mit passenden gelben Blumen zum Beispiel. Es lohnt, sich mit seinen Lieblingsfarben auseinander zu setzen und Spontankäufe zu vermeiden.

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Nachher: Gemütliche Sitzmöbel sind sehr wichtig.

Welche „Balkon-No-Gos“ gibt es noch?

Zu große Möbel. Die meisten haben viel zu große Tische, die alles versperren. Oder einen zu großen Stuhl, der alles verbaut. Maximal 50 Prozent der Fläche sollte zugestellt sein, damit man sich noch frei bewegen kann. Deshalb: Vor dem Kauf die Möbel und den Platz unbedingt ausmessen.

Ist ein schöner Balkon teuer?

Das geht auch mit kleinem Budget. Ikea zum Beispiel hat viele schöne Outdoor-Schränke und Regale. An den Sitzmöbeln sollte aber nicht gespart werden. Es lohnt sich, hier und da in eine wertige Sache zu investieren. Was schnell billig wirkt, sind zum Beispiel die günstigen, rappeligen Balkonkästen aus Blech. Nichts spricht dagegen, sich in einem Jahr den Stuhl zu gönnen und im nächsten dann erst das Regal – also in mehreren Schritten vorzugehen.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie einen kleinen Balkon umgestalten?

Ich mache einen genauen Plan mit Grundriss und überlege: Was passt wohin? Manche schönen Ideen muss ich dann tatsächlich aus Platzgründen auch wieder verwerfen. Zentrale Fragen sind: Von welcher Stelle aus habe ich den schönsten Blick? Wo habe ich abends Sonne? Dementsprechend hänge ich auch die Balkonkästen auf. Wenn man seine Blumen das ganze Jahr über sehen will, sollte man sie vor dem Fenster platzieren.

Zur Person

Christina Setzer ist professionelle Balkongestalterin. Die gebürtige Kölnerin arbeitet für Greenbop.de, einem Online-Shop für Gartenartikel.

Viele Balkons sind lang und schlauchförmig. Wie kann man diese schwierige Form hübsch und gemütlich gestalten?

Hier muss man die jeweiligen Enden gut nutzen. Möglich ist zum Beispiel ein Stuhl mit einem Klapptisch und am anderen Ende eine Sonnenliege. Wenn man alleine wohnt. Sobald man zu zweit ist, muss man sich entscheiden: Wollen beide liegen? Oder lieber einen schönen Essplatz haben? Wenn beides verwirklicht wird, wirkt das meist unschön zusammengewürfelt.

Für viele ist der Balkon ja sowieso hauptsächlich ein Abstellplatz.

Ja leider. Dabei eignen sich die Ecken eines schlauchförmigen Balkons prima für einen Grill oder für ein Schränkchen mit Kissen und Kerzen. Wer unbedingt Getränke lagern will, kann sich eine Bank anschaffen. Es gibt schöne Modelle, unter die sich die Getränke-Kisten schieben lassen.

Interessant ist, dass Sie ursprünglich als Unternehmensberaterin gearbeitet haben.

Das stimmt, und auch heute in meiner Selbstständigkeit helfe ich den Leuten, Probleme zu lösen. Ich habe einen kniffligen Grundriss, was kriege ich da hin? Das musste ich als Unternehmensberaterin auch machen, Standard-Lösungen bringen nichts, ich muss auf meine Kunden eingehen. Und ihnen auch mal Ideen ausreden. Manche wünschen sich zum Beispiel eine große Pergola wie auf Ibiza. Das ist meist aber auf kleinem Raum nicht umzusetzen.

Buchtipp

Christina Setzer: „Mein Open-Air-Wohnzimmer. Schritt für Schritt zum persönlichen Wohlfühlbalkon“, GU , 176 S. ,19,99 Euro. Hier auf Amazon bestellen.

Braucht man einen grünen Daumen für einen schönen Balkon?

Man kann einen Balkon auch ohne Pflanzen schön gestalten, oder nur wenige und pflegeleichte einsetzen. Wenn wir Kunden beim Einrichten helfen, haben sie meist viele Ideen, und brauchen nur ein bisschen Hilfe dabei, sich zu entscheiden und zu fokussieren. Das ist ähnlich, wie wenn man Liebeskummer hat und die Beziehung mit Freunden diskutieren möchte. Man weiß eigentlich was zu tun ist, braucht aber Bestärkung, das auch anzugehen.

Vielleicht liegt die Schwierigkeit aber auch an der großen Auswahl, die es im Bau- und Gartenfachmarkt gibt.

Das stimmt, da hat sich viel getan. Jahrzehntelang gab es für Balkone quasi nur klapprige Holzstühle. Inzwischen gibt es Textilien und Polster mit neuen Stoffen, die wasserfest sind. Oder kleine praktische Beistelltische, die man unter andere Möbel schieben kann.

Was sind die aktuellen Trends?

Tolle Innovationen gibt es vor allem beim Licht. Es gibt inzwischen eine große Auswahl an Solar- und akkubetriebenen Lichtern, weil man draußen oft keinen Strom hat. Und die Möbel werden immer dekorativer. Es gibt farbige Stühle, Pflanzgefäße und sogar Sonnenschirme, die allein schon den Balkon dekorieren. Im Trend sind multifunktionale Möbel, ein Stuhl, aus dem eine Sonnenliege wird, etwa. Und ganz wichtig: Die Lounge als Lebensgefühl. Nach einem hektischen Arbeitstag wollen wir nicht auf unbequemen Plastikstühlen sitzen, sondern uns stimmungsvoll entspannen.

Das Gespräch führte Christina Rinkl.

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