Kölner Hundetrainer Masih Samin„Ein Hund riecht Angst – und findet das spannend”

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Masih Samin hat selbst vier Hunde.

  • In seinem neuen Buch „Sei höflich zu Deinem Hund“ gibt der aus der „Sat 1”-Sendung „Projekt Superhund” bekannte der Kölner Hundetrainer Samin Hundebesitzern und Hundefreunden Tipps für den richtigen Umfang mit dem Hund.
  • Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger” erklärt er die häufigsten Fehler und Missverständnisse bei der Kommunikation zwischen Mensch und Hund und Dinge, die Hunde als regelrecht „unhöflich” empfinden.
  • Und er erklärt, was Menschen tun sollten, die Angst vor Hunden haben und einem begegnen.

Herr Samin, in Ihrem neuen Buch „Sei höflich zu Deinem Hund“! geht es um die Kommunikation zwischen Mensch und Hund auf Augenhöhe. Die Vorstellung fällt mir schwer – nicht zuletzt, weil ich wahnsinnige Angst vor Hunden habe...

Ich habe viele Klienten, die wie Sie Angst vor Hunden haben. Ich glaube, dass hinter dieser Angst ein Mechanismus im Kopf steht, in gewisser Weise ein Schubladendenken nach dem Motto „Hund bedeutet gefährlich“. Und die Ursache dafür liegt darin, dass diese Menschen das Verhalten von Hunden nicht richtig einschätzen können. Dabei gibt es viele Höflichkeitskodexe der Hunde, die einen erkennen lassen, dass überhaupt keine Gefahr droht.

Was ist denn ein höfliches Verhalten beim Hund?

Das kann man leider nicht ganz so pauschal sagen. Das kommt immer auf den Kontext und die Motivation hinter dem Verhalten an. Das ist ähnlich wie beim Menschen, bei denen ein Lächeln ja auch nicht per se immer nur freundlich gemeint ist, sondern auch hinterhältig sein kann. Aber es gibt bei Hunden grundsätzlich schon eine Reihe Verhaltensweisen, die eher höflich gemeint sind. Es sind regelrechte Beschwichtigungssignale, die die Hunde aussenden.

Und welche sind das zum Beispiel?

Mal abgesehen von meiner Erfahrung, dass wirklich die allermeisten Hunde freundlich sind, gibt es viele Kleinigkeiten, die klarmachen, dass ein Hund höflich ist. Wenn Ihnen zum Beispiel ein Hund entgegenkommt, der einen eher gesenkten Kopf hat, einen nur ganz leicht geöffneten Mund, angelegte Ohren und dessen Rute rhythmisch wedelt und der auch nur vorsichtig an ihnen riecht – dann ist das eher freundlich gemeint.

Na ja, letzteres möchte ich ja eher nicht, wenn ich Angst vor Hunden habe.

Das Problem ist, dass der Hund es merkt, dass Sie Angst haben. Eben weil Ihr Puls steigt und Sie Adrenalin ausschütten. Er riecht das – und das macht Sie gerade für ihn spannend und unfassbar interessant, weil er wissen will, was mit Ihnen los ist.

Na toll, und was mache ich dann?

Ignorieren Sie den Hund, gucken Sie ihn nicht an, weichen Sie nicht zurück, sondern gehen einfach an ihm vorbei.

Gibt es auch menschliche Verhaltensweisen, die Hunde alles andere als höflich empfinden?

Aber ja, dazu ein Beispiel: Ich war kürzlich mit meiner kleinsten Hündin bei einer Familie, deren Sohn Angst vor Hunden hatte. Als ich mit der Hündin in die Wohnung kam, hat sich die ganze Familie – bis auf den Jungen – förmlich auf meine Hündin gestürzt. Sie haben sich über sie gebeugt, haben sie von oben angefasst oder dem süßen Hund tief in die Augen geschaut. Alles Verhaltensweisen, die Hunde eher als Bedrohung und als übergriffig empfinden – wir Menschen ja übrigens auch. Was hat meine Hündin also gemacht? Sie ist schnurstracks zu dem Jungen gegangen, der all das nicht gemacht hat.

Und dann?

Ich habe mit dem Jungen intensiv gearbeitet und ihm gezeigt, dass man die Höflichkeitskodexe bei Hunden wie eine Fremdsprache lernen muss. Bestimmte Verhaltensweisen wie zum Beispiel ein Regungslaut, der wie ein Knurren klingt, darf man nicht einfach interpretieren, sondern man muss es im Kontext verstehen. Beim Spielen nämlich ist ein Knurren gar nicht böse gemeint.

Sie sagen in Ihrem Buch, dass Kommunikation der Dreh- und Angelpunkt einer guten Beziehung ist.

Ja, Kommunikation ist überall und überlebensnotwendig. Man kann nicht nicht kommunizieren. Allerdings sind die Kommunikationsmöglichkeiten und die Art und Weise zu kommunizieren sehr unterschiedlich.

Wie lernen Hund und Mensch die gegenseitige Sprache denn am besten?

Ich selbst habe zum Beispiel unendlich viele Stunden auf Hundewiesen verbracht, habe die Tiere beobachtet und so Stück für Stück verstanden, was bestimmte Verhaltensweisen bedeuten. Wichtig ist aber auch, dass man erkennt, welche Kommunikationswege Hunde nutzen – sei es „verbal“ durch knurren oder bellen oder durch Körperkontakt. Bis Hund und Mensch auf Augenhöhe kommunizieren ist es ein langer Lernprozess – in dem wir immer mehr lernen, negative Erfahrungen und Vorurteile auszuschalten und ein Gefühl dafür entwickeln, wie ein bestimmtes Verhalten gemeint ist.

Wofür kann denn zum Beispiel Bellen stehen?

Wenn ein Hund bellt, kann das je nach Kontext stehen für eine freudige Aufforderung „Komm spiel mit mir“ oder aber ein drohendes Territorialverhalten sein oder auch ein unsicheres „Ich habe etwas gehört, und weiß nicht, was es ist.“ Genauso ist das Schwanzwedeln ein Zeichen für Erregung, ob positive oder negative, ergibt der Kontext.

Zur Person und zum Buch von Masih Samin

Masih Samin ist Hundeverhaltenstherapeut. Er ist mit eigenem Bühnenprogramm und in der Sat.1 Docutainment-Reihe „Projekt Superhund – Helfer auf vier Pfoten“ erfolgreich. Er lebt in Köln und hat vier Hunde.

Sein Buch: Masih Samin, „Sei höflich zu deinem Hund!: Kommunikation auf Augenhöhe“, Gräfe und Unzer , 192 Seiten, 19,99 Euro.

Gibt es Rassen, die für uns Menschen grundsätzlich leichter zu verstehen sind?

Eigentlich nicht. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass bei Hunden, die ein kürzeres Fell im Gesicht und eine längere Schnauze haben, die Mimik besser zu sehen ist.

Retriever z.B. gelten aber doch eher als Familienhunde –sind sie auch leichter zu verstehen?

Nein, das kann man so nicht sagen. So unterschiedlich wie Geschwister vom Gemüt her sein können, sind auch die einzelnen Tiere einer Hunderasse.

Und was für einen „Sprachlehrer“ wünschen sich Hunde?

Denken Sie mal an Ihren Lieblingslehrer. Was haben Sie an ihm geschätzt? Gerechtigkeit, Zuverlässigkeit, Zuwendung, ein klarer Führungsstil. Genau das ist es auch, was Hunde brauchen. Sie brauchen Lehrer, die ihnen die menschliche Welt erklären.

Das Gespräch führte Angela Horstmann

Veranstaltungen zur Equorius und Bunte Hunde

Vortrag: Sei höflich zu Deinem Hund – Kommunikation auf Augenhöhe Samstag, 14. September, 19 Uhr studio dumont, Breite Str. 72

Vortrag mit Hundverhaltenstherapeut Masih Samin Tickets: 15 Euro (13 Euro für Abocard-Inhaber) , erhältlich im Servicenter im DuMont-Carré und unter Telefon 0221/ 2801 oder 0221/ 280344 (Abocard-Hotline) www.koelnticket.de www.abocard.de/tickets

Messe Equorius und Bunte Hunde – Erlebniswelt „Pferd & Hund“ 28. und 29. September 2019 Galopprennbahn Weidenpesch

Tickets ab 6,50 Euro www.koelnticket.de

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