Max Häck macht aus der Weinkneipe seines Vaters ein Bistro mit mediterraner Küche. Auf Website und Kartenzahlung verzichten sie.
Chefkoch im Portrait„Zur Alten Wettannahme“ in Köln - hier kocht Max Häck

Maximilian Häck kocht in der „Alten Wettannahme“, der ehemaligen Weinkneipe seines Vaters.
Copyright: Meike Böschemeyer
Generationen haben hier schon gemeinsam gegessen, getrunken und die Weinkneipe „Zur Alten Wettannahme“ ins Herz geschlossen. Wände, Theke und Kühlschrank sind gepflastert mit persönlichen Präsenten von zufriedenen (Stamm)-Gästen als Dankeschön für Inhaber Christos Dolidis (72) und seinen Sohn, Chefkoch Maximilian Häck (44). Viele Fotos und Kunstobjekte hängen hier, Comics neben Kinderzeichnungen, ein Weinfass-Deckel und das Original-Namensschild des früheren Wettbüros in der Alteburger Straße. Die Erinnerungsstücke dokumentieren auch die Entwicklung von der Eröffnung der urigen Weinkneipe 1983 zur Institution in der Südstadt – eine Zeitreise in die Geschichte der analogen Kneipenkultur ohne EC-Kartenzahlung und Homepage.

Vater und Sohn: Cristos Dolidis (links) und Max Häck im gemeinsamen Lokal.
Copyright: Meike Böschemeyer
„Früher gab es bei uns nur Kleinigkeiten wie Salate, Hering in Rotwein oder Nordseekrabben mit Bratkartoffeln zu essen, wir hatten nur eine winzige Küche, aber es war lecker“, erzählt Gastronom Christos, der mit seinen Eltern 1961 von Thessaloniki nach Köln zog und sich in den 80ern den Traum von einer eigenen Weinkneipe erfüllte. „Hier wurde auch viel geraucht, als das noch erlaubt war. Die Patina an der Decke haben wir so gelassen, als wir 2012 modernisiert haben“, sagt der griechisch-kölsche Senior mit Blick auf das vom Zigarettenqualm über die Jahrzehnte dunkelbraun gefärbte Gewölbe. Die Decke war früher weiß.
„Rauchen im Restaurant - das kann man sich ja heute kaum noch vorstellen“, sagt Sohn Max, der in der elterlichen Kneipe jobbte und kellnerte, bis er sein Grafikdesign-Studium an der TH abbrach und lieber eine Lehre als Koch im Merheimer Traditionslokal „Em Ahle Koberg“ absolvierte. „Den Beruf als Koch finde ich sportlicher und kreativer als stundenlang im Designbüro vor dem Computer zu sitzen“, begründet der Familienvater aus dem Vringsveedel seinen Entschluss. Man sei ständig auf den Beinen und unterwegs, komponiere Geschmackszusammenstellungen, erfinde Rezepte wie vor kurzem das Pistazien-Tiramisu, richte schöne Teller an. Und man ist sein eigener Chef.

Das Original-Namensschild der ehemaligen Wettannahme-Stelle gehört zum Inventar.
Copyright: Meike Böschemeyer
2011 wurde die Küche vergrößert, Max Häck baute die Kultkneipe zum Bistrot mit mediterraner (Hausmanns)-Kost aus – und der kulinarische „Geheimtipp“ hat sich dem Andrang nach zu urteilen längst herumgesprochen. Die schlicht rustikale Holzmöblierung blieb. Beste Qualität und Frische der saisonalen Produkte haben oberste Priorität. Eingekauft wird unter anderem auf dem Biomarkt in der Südstadt und bei Fachhändlern. Kräuter bringt die Familie gern von Urlaubsreisen aus der alten Heimat mit.
Die beiden Speisekarten, eine mit Kleinigkeiten, eine mit fast täglich wechselnden Hauptspeisen, mischt Altbewährtes und Neue(re)s, ohne sich Trends anzupassen; gekonnt zubereitete, authentische Bistroküche unplugged sozusagen, mit Lieblingsgericht-Potenzial für verschiedenste Geschmäcker.

Pistazien-Tiramisu: Das Rezept hat Max Häck erfunden.
Copyright: Meike Böschemeyer
Auf den Teller kommen etwa spanisches Iberico-Schwein und französische Flugentenleber. Die einen mögen je nach Saison gern den Grünkohleintopf oder Spargel. Kenner bestellen gegrilltes Kalbsherz (ein spezieller „Renner“ für 7,50 Euro), andere wählen das Petermännchen-Filet (eine Art Drachenfisch) oder Loup de Mer mit wildem Brokkoli, italienische Trüffel-Spaghetti, australisches Entrecôte und selbstgemachtes Entenlebermus oder portugiesische Stockfisch-Bällchen. Auch Austern, Crevetten mit Aioli, griechische Miesmuschel-Pfännchen und Meze, vegetarische und vegane Gemüsegerichte und Salate stehen meist zur Wahl. Papa Christos muss sich seine Leibspeise allerdings zuhause zubereiten: Lammhirn schafft es nicht auf die Karte. Sohn Max hat kein Lieblingsgericht, er kocht privat gern spontan, worauf er grad Lust hat.
Die beruflichen Reviere der Beiden sind abgesteckt. Mittlerweile komme der Vater „nur noch zum Rummeckern in die Küche“, sagt der Küchenchef und lacht. Der 44-Jährige wird von Beikoch Tasos Taskos und Monika Riga unterstützt. Der 72-Jährige Senior wacht über den Weinausschank und das Wohl der Gäste und gibt gern Auskunft, was für Geschichten hinter den ganzen gesammelten Erinnerungsstücken stecken.

Blick in die Küche
Copyright: Meike Böschemeyer
„Die Atmosphäre muss stimmen. Das Familiäre, ein gutes Team finde ich besonders wichtig“, resümiert Max und hält es damit wie sein Vater. Und lecker soll es sein. Viele Kreative, Nachbarn aus dem Veedel, Jüngere und Ältere wissen die Gastlichkeit und individuelle Bewirtung zu schätzen. Auch einige Prominente gaben und geben sich in der Alten Wettannahme ein Stelldichein, vom Schauspieler bis zur Schriftstellerin. Fotos erinnern zum Beispiel an verstorbene Größen wie Jazzmusiker Charlie Mariano, der hier früher ebenso tafelte wie Architekt Stefan Wewerka oder Eat Art-Erfinder Daniel Spoerri. Auch Künstler Jürgen „Gorgonzola“ und Studierende der ehemaligen Werkschulen am Ubierring überließen dem Team der Wettannahme Werke als Zeichen der Wertschätzung. Ein Künstlerstammtisch trifft sich seit Jahren regelmäßig - die gesellige Runde sitzt immer genau unter dem selbst gebauten Objektkasten mit geleerten Gläsern an der Wand und hat sich dort verewigt.
Lück wie Ich un Du treffen sich dienstags bis freitags ab 17 bis 23 Uhr, samstags schon von 12 bis 23 Uhr zum Essen, Trinken, Reden. Sie können sich ein Menü zu moderaten Preisen zusammenstellen, Tapas solo gibt es unter zehn Euro als Vorspeisen und Appetithappen zur guten Auswahl von rund 60 offenen Weinen. Hauptgerichte kosten zwischen 15 und 30 Euro, Desserts 6,50 bis 9,50 Euro. Wer mehr wissen möchte, muss hingehen oder anrufen, Festnetz-Telefon 0221/31 89 30. Keine Homepage, keine Kartenzahlung.