Schmeckt's, Frau Floß?Das Moselstübchen ist viel mehr als ein Kölner Traditionslokal

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Das Moselstübchen von außen.

Das Moselstübchen auf der Landmannstraße lädt zum Einkehren ein.

Urige Wirtshäuser gibt es viele in Köln. Auch das Moselstübchen in Neuehrenfeld wirkt traditionell, doch es birgt große Überraschungen.

Vor ziemlich genau einem Jahr übernahm der Hamburger Koch Tim Rosnau das Moselstübchen in Neuehrenfeld. Was von außen aussieht wie ein uriges Wirtshaus, mit leuchtend roter Markise, Kölsch-Neonreklame und deftigen Empfehlungen auf Kreidetafeln, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als modern, offen und zugewandt. Drei Attribute, die ich eher selten mit traditionellen Wirtshäusern verbinde. Der Köbes ist weder pampig noch kurz angebunden und das, obwohl das Lokal voll ist. Wir werden freundlich empfangen, zum Tisch manövriert, die Getränke sind nach wenigen Minuten da und dann wartet auch schon die nächste Überraschung auf der Menükarte.

Julia Floß

Julia Floß

Julia Floß ist ausgebildete Köchin und Patissière und hat viele Jahre in verschiedenen von Gault-Millau und Guide Michelin ausgezeichneten Küchen gearbeitet, bevor sie Journalismus und Medienkommunika...

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Die Klassiker überzeugen

Hier stehen, wie es sich für ein Kölner Wirtshaus gehört, deftige Klassiker: Himmel und Äd, also Blutwurst aka Flönz mit Kartoffelpüree, geschmorten Zwiebeln und Apfel, Rindergulasch mit Spätzle, Schnitzel mit Pilzrahmsauce und Bratkartoffeln. Tim Rosnau hat es sich nicht nehmen lassen, auch das ein oder andere Gericht aus seiner norddeutschen Heimat auf die Karte zu setzen. Die gepökelte Rinderbrust für den Labskaus legt er selbst ein. Zum Gericht gehören noch Rote Bete, Kartoffeln, Matjes und ein Spiegelei. Ein fabelhaft wildes Seefahrer-Essen.

Inhaber Tim Rosnau präsentiert Königsberger Klopse.

Inhaber Tim Rosnau hat das Moselstübchen vor einem Jahr übernommen.

Ein Herz für Veggies

Dass ein Küchenchef die Gerichte seiner Heimat auf eine Menükarte schreibt, ist wenig überraschend. Nein, ich meine die drei magischen Worte „auch vegan möglich“. Da steht also tatsächlich ein Koch und Betreiber, der sich keinen Zacken aus der Krone bricht, in einem urigen Wirtshaus für fleischlose Alternativen zu sorgen, abseits von Salat mit Ziegenkäse und Ofenkartoffeln. Ich war selbst darüber erstaunt, wie ungewöhnlich aufmerksam ich das finde.

In meinem Freundes- und Bekanntenkreis essen immer weniger Menschen Fleisch und es ist nur allzu offensichtlich, dass der Besuch eines Brauhauses damit komplett uninteressant wird. Ich sitze vor einer riesigen Schweinshaxe und mir gegenüber stochern drei Menschen in ihrem Salat oder pulen die Speckwürfel aus den Bratkartoffeln. Tim Rosnau legt nicht nur Wert auf die Qualität und Herkunft seiner tierischen Zutaten, er wählt akribisch auch die fleischlosen Alternativen aus. Die veganen Königsberger Klopse sind sowohl von der Konsistenz her als auch von der Würzung erstaunlich dicht am fleischigen Original. Ebenso die Schnitzel. Keine panierten Gummilappen, sondern außen knusprig und innen saftig mit Biss.

Das Moselstübchen von Innen.

Die kleine, aber feine Theke im Moselstübchen.

Diese ungewöhnlich gute Auswahl an Fleischersatzprodukten ist mir schon mal aufgefallen. Allerdings in einem beschaulichen Örtchen in Niedersachsen. In Diepholz findet alljährlich ein kleines Musikfestival statt. Ein Foodtruck stach aus der Menge hervor, weil die Veggie-Currywurst einfach lächerlich gut war. Bis spät in die Nacht bildeten sich lange Schlangen vor dem roten Wägelchen. Acht Wochen später stellt sich raus: Das war Tim Rosnau mit seinem Team Moselstübchen. An der Veggie-Wurst wieder erkannt!

Fazit: Hamburg meets Köln. Herzlich, gesellig, klare Empfehlung. | Bewertung: 5 von 6 Spitzen

Reissdorf im Moselstübchen, Landmannstraße 3, 50825 Köln | Öffnungszeiten: Di – Sa, 17 bis 24 Uhr | Tel: 0221/5506084 | https://moselstuebchen.eatbu.com/


Julias Auswahl

Königsberger Klopse mit Salat und einem Kölsch auf einem Holztisch

Königsberger Klopse mit Salat und einem frisch gezapften Kölsch.

  • Königsberger Klopse mit Kartoffeln und Salat // auch vegan möglich // 18,50 Euro
  • Schweineschnitzel mit Pilzrahmsauce, dazu Pommes oder Bratkartoffeln und Salat // auch vegan möglich // 16,90 Euro
  • Matjesbrötchen // 5,50 Euro
  • Himmel und Äd // 14,90 Euro
  • Rindergulasch mit Spätzle // auch vegan möglich // 17,90 Euro
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