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Restaurant-KritikIm „The Dutch“ lohnt sich die Anreise allein fürs Dessert

5 min
Gold und Glamour: Der stilvoll eingerichtete Innenraum des „The Dutch“.

Gold und Glamour: Der stilvoll eingerichtete Innenraum des „The Dutch“.

Das Restaurant in Köln-Junkersdorf bietet asiatisches Crossover und niederländische Klassiker mit einem Twist. Unser Autor Johannes J. Arens hat es getestet.

Die letzte Station von Küchenchef Joschua Tepner lag mit der Hansestube so zentral, wie es nur eben geht. Jetzt muss man für einen Besuch weit die Aachener Straße hinausfahren. So weit, dass man fast schon meint, die holländischen Dünen hinter Junkersdorf sehen zu können. Dann, wenn man denkt, dass da im Wohngebiet nichts mehr kommen kann, ganz sicher kein Restaurant, geht man um die Ecke und steht plötzlich vor einem sehr großen und gut besuchten Lokal. Dessen Fassade ist bei gutem Wetter fast vollständig geöffnet und lässt die üppigen, mit einem definitiven Hang zu Gold und Glamour, eingerichteten Räume, trotzdem luftig wirken. Wenn die Gäste und die Anwohner sich in der Abendsonne grüßen, kommt man sich ein bisschen vor wie an der Strandpromenade, der Ibiza-Sound im Hintergrund tut dabei sein Übriges.

„The Dutch“ in Köln: Fokus auf Fisch und Fleisch im Luxussegment

Die in Leder gebundene Karte ist so groß, dass sie kaum auf den Tisch passt. Ihr Inhalt hingegen ist auf zwei Seiten klar gegliedert in kalte und warme Vorspeisen, Sushi, Fisch, Fleisch und Desserts. Alle Gerichte lassen eine deutliche Vorliebe zu asiatischer, vor allem japanischer Küche erkennen, hier und da überraschend ergänzt durch niederländische Klassiker. Der Fokus liegt auf Fisch und Fleisch, es gibt eine einzige vegetarische Hauptspeise. Tepner ist dabei deutlich im Luxussegment unterwegs, von Austern und Kaviar über Trüffel und Gänseleber bis zum halben Hummer ist alles dabei. Was davon auf den eigenen Teller kommt, müssen die Gäste selbst entscheiden, mit Stoffservietten und einem Mineralwasser aus der Region könnte das Restaurant allerdings in Sachen Nachhaltigkeit leicht ein paar zusätzliche Punkte sammeln.

Geöffnet ist das „The Dutch“ sowohl mittags als auch abends.

Geöffnet ist das „The Dutch“ sowohl mittags als auch abends.

Das Konzept, so erklärt die freundliche Kellnerin, sei „Sharing is Caring“, man könne alle Gerichte in die Mitte stellen und teilen, oder eben einzeln pro Person bestellen. Bei den Vorspeisen übernimmt der Chef die Auswahl und stellt auf Wunsch sechs Gerichte für 45 Euro zusammen.

Restaurant in Junkersdorf: Frikandel in der „Deluxe“-Version

So ein „Chef's Choice“ ist immer gut, um zu verstehen, was der Küche wichtig ist. Die Fine Claire-Auster stammt aus Zeeland, und ist in der „Fresh & Tasty“-Version mit einem Zitrusgel, Gurke und Forellenkaviar zu einem sowohl geschmacklich als auch optisch stimmigen Bild komponiert. Allerdings ist sie so üppig (Kaliber No. 2), dass man sie mit Garnitur nur schwer in einem Mal schlürfen kann. Die Frikandel (zu Deutsch: Bratrolle) ist eine Hommage an einen der beliebtesten Snacks der Niederlande, der im Regelfall mit Ketchup, Mayonnaise und gehackten Zwiebeln als „Speciaal“ über die Theken der Pommesbuden geht. In Junkersdorf wird er als „Deluxe“ aus Perlhuhnbrust hergestellt und mit Gänseleber und Trüffelcreme ausgarniert. Ein charmantes Augenzwinkern, das aber leider etwas trocken geraten ist. Tadellos hingegen die Spicy Tuna Inside Out-Rolle und das Sashimi von der Gelbschwanzmakrele, sowie die Hühnchengyoza, eine gefüllte Teigtasche in süßlicher dunkler Sojasoße. Der Star der Vorspeisenparade ist aber ganz klar das Beef Tartar mit Knoblauchcreme und geröstetem (fast frittiertem) Steinofenbrot. Das obligatorische Ei ist weder roh noch gekocht, sondern mit der Onsen-Methode langsam bei niedriger Temperatur gegart und liegt dadurch mit einer wunderbar wachsartigen Konsistenz auf dem handgeschnittenen Rind.

„The Dutch“: Jede Menge asiatische Einflüsse

Wie bei den Vorspeisen dominieren auch in den Hauptgerichten die asiatischen Einflüsse, etwa beim Secreto, einem zwischen Rücken und Speck „versteckten“ Stück des Ibericoschweins. Das Fleisch ist auf den Punkt gebraten, sein Eigengeschmack muss sich allerdings gegen die Süße der Teriyakisoße und das Umami der Shitake-Pilze anstrengen. Auch bei der Seezunge mit buntem Mangold und Kartoffelpüree, einem niederländischen Klassiker, ist die mit Sake aromatisierte Beurre blanc ziemlich kräftig gewürzt, wird allerdings sparsamer eingesetzt und ist somit eine hervorragende Bereicherung des auf Wunsch filetierten Fischs, der ansonsten nur Butter, Petersilie und einen Hauch von Zitrone gesehen hat.

Die Flaschenkarte bietet vor allem Weiße, die meisten davon aus Deutschland, mit einer Handvoll Weinen aus Österreich, Frankreich und Italien – zum Beispiel einem Chardonnay aus Südtirol, der gut sowohl mit dem Fisch als auch dem Fleisch harmoniert.

Auch direkt an der Bar gibt es einige Plätze.

Auch direkt an der Bar gibt es einige Plätze.

Der Laden brummt. Über 100 Gäste werden es an diesem Abend sein, verrät eine Servicekraft und das merkt man, trotz des großzügig kalkulierten Personals, an den längeren Pausen. Der Service – so manches Gesicht kommt einem aus dem Excelsior Ernst oder dem Hyatt bekannt vor – ist fix, freundlich und verbindlich, aber es gibt eben viel zu tun. Glücklicherweise sind die Portionen üppig, so dass sich die Unterbrechungen problemlos mit der Beobachtung des lebhaften Treibens überbrücken lassen.

The Dutch ist ein durchaus elegantes, aber angenehm zwangloses Restaurant. Es gibt kein Menü und man kann problemlos auch nur einen Gang bestellen. Aber wenn man schon mal da ist, sollte man auf jeden Fall eines der Desserts probieren. Der hausgemachte Vanille-Vla etwa, die flüssigere, cremigere Version des deutschen Puddings, garniert mit Kletskoppen, einem dünnen, knusprigen Mandelgebäck, und Himbeeren, ist in seiner ganzen Schlichtheit schon so lecker, dass sich die Anreise lohnt.

The Dutch, Birkenallee 32, 50858 Köln-Junkersdorf, Mo & Do 12-15 und 18-22 Uhr, Fr bis 23.30, Sa 12-23.30, So 12-22, Di & Mi Ruhetag, www.thedutch.de

Johannes J. Arens ist Journalist und Autor mit kulinarisch-gastronomischem Fokus. Er studierte Design in Maastricht und Volkskunde in Bonn und lebt nach Jahren in Amsterdam und Berlin seit 2016 in Köln.