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Serie

Sagenhaftes Rheinland – Folge 2
Dem Hick von Lieberhausen auf den Fersen

6 min
Ein Kind geht einen Wiesenweg an einer Weide entlang.

Auf die Spur einer sagenhaften Persönlichkeit aus dem „Hicksland“ bei Gummersbach macht sich diese Wandertag-Extra-Tour.

„Bunte Kerke“, Eierkuchen und ein besonderes Echo an der Aggertalsperre locken auf der zweiten Tour ins „sagenhafte Rheinland“.

Wald und Wasser bestimmen das Bild, der Schotter knirscht unter unseren Schuhen, während wir von der Staumauer der Aggertalsperre bei Gummersbach loswandern. Dabei heften wir uns heute an die Fersen von einem, der nach alter Sage gen Westen wanderte und dadurch zum Stammvater aller späteren Einwohner des nahen Örtchens Lieberhausen wurde. Der Höhenort ist nicht nur wegen seiner „bunten Kerke“ weit über die Grenzen des Oberbergischen hinaus bekannt . . .

Hick – so hieß der sagenhafte Wanderer – war nicht nur der pfiffigste, sondern auch der ärmste Bewohner Lieberhausens. Fünf kleine Kinder hatte der Witwer, eine alte Kuh war sein einziges Vermögen. Als der Hunger kaum mehr auszuhalten war, schlachtete er das alte Tier und machte sich mit der Kuhhaut auf den Weg nach Köln.

Blick über die Aggertalsperre bei Gummersbach.

An der Aggertalsperre zwischen Gummersbach und Bergneustadt beginnt unsere Tour auf den Spuren des legendenhaften Hicks von Lieberhausen.

Dort bekam er dafür zwar nicht mehr als daheim, weil er aber einen unterwegs gefangenen Raben listig als Wahrsager verkauft hatte, kehrte er mit einem kleinen Vermögen nach Lieberhausen zurück und erklärte dort, die Kuhhaut habe in der Domstadt so viel eingebracht. Da schlachteten die Lieberhausener alle ihre Kühe, trugen deren Häute in Köln zu Markte – und kamen erzürnt zurück, weil sie alles andere als ein Vermögen damit erzielt hatten. Den Hick aber rollten sie in einer Tonne Richtung Köln, um ihn im Rhein zu ertränken.

Durch eine List gelang es dem Hick seine Dorfmitbewohner nach Köln zu lockenn

Durch eine List gelang es dem Hick, dass ein Hirte an seiner Stelle den Fluten überantwortet wurde, er selbst aber mit den Tieren des Schäfers nach Lieberhausen zurückkehrte. Den erstaunten Dorfbewohnern erklärte er, die Schafe habe er im Rhein gefunden. Und wieder fielen diese auf den Hick herein, ertranken gar, als sie im Rhein nach den Schafen suchten. Den Hick mit der Kuhhaut nahm man dagegen ins Wappen der Zivilgemeinde Lieberhausen auf, die in den 1970er Jahren nach Gummersbach eingemeindet wurde.

Ein Schriftzug an der Staumauer der Aggertalsperre bei Gummersbach spiegelt sich im Wasser, so wird der Schriftzug „ECHO“ lesbar.

ein besonderes Echo zeigt das Künstlerkollektiv Boa Mistura aus Madrid zurzeit im Rahmen des Strukturförderprogramms Regionale 2025 auf der Staumauer der Aggertalsperre.

Bevor wir uns auf den Weg nach Lieberhausen machen, sollten wir vom Uferweg an der Aggertalsperre einen Blick zurück zur Staumauer werfen. Dort ist seit einigen Wochen ein ganz besonderes „Echo“ nicht zu hören, sondern zu sehen. Auf der Wasserseite der Staumauer ist lediglich die obere Hälfte des Schriftzugs „ECHO“ mit Folie aufgetragen.

Internationales Künstlerkollektiv zeigt vergängliche Installation an Talsperre

Wenn das Wasser aber ruhig ist, spiegeln sich die Buchstabenoberteile darin und das Wort komplettiert sich. Das Künstlerkollektiv Boa Mistura aus Madrid hat die Kunstinstallation im Zuge des aktuellen Strukturförderprogramms Regionale 2025 im „Bergischen RheinLand“, der Region von Oberberg, Rhein-Berg und dem bergischen Rhein-Sieg-Kreis geschaffen – eine außergewöhnlicher Anblick für die nächsten Monate.

Der sagenhafte Hick mag hier, wo sich heute das Wasser staut, noch durch das Tal gewandert sein. Die Talsperre wurde „erst“ 1927 bis 1929 errichtet. Nach einem knackigen Anstieg erreichen wir Lieberhausen. In der Ortsmitte: die bunteste von Oberbergs „Bonten Kerken“.

Eine Kirche ragt in den Himmel auf in Lieberhausen.

Für seine „bunte Kerke“ ist Lieberhausen weit über die Grenzen Oberbergs hinaus bekannt.

Blick in eine Kirche mit bunten Fresken an den Wänden.

Über und über mit bunten Szenen aus der Bibel bemalt war einst die „bunte Kerke“ von Lieberhausen.

In Lieberhausen sagt man gleichwohl „bunte Kerke“ zu der aus dem 11. Jahrhundert stammenden spätromanischen Pfeilerbasilika, die im Inneren – eigentlich untypisch für evangelische Kirchen – über und über mit Wand- und Deckenmalereien ausgestaltet ist. Diese gehen nicht nur teils direkt auf mittelalterliche Fresken zurück, sondern wurden sogar noch in nachreformatorischer Zeit erweitert.

Bunte Kirchenausmalung sollte leseunkundigen Menschen Bibel zeigen

Ursprünglich angefertigt, um den leseunkundigen Menschen des Mittelalters die christliche Botschaft nahe zu bringen, übertünchte man während der Reformation solchen Bilderschmuck vielerorts rigoros. Nicht so in Lieberhausen, wo der Pfarrer erstmals 1586 eine lutherische Predigt hielt. Erst um 1850 verschwand der bunte Schmuck unter weißer Farbe. Ob man damit allerdings der mittlerweile weit verbreiteten unrühmlichen Redensart „So bunt as de Lieberhuser Kerke“ entgegenwirken wollte oder die Fresken einfach nur im Lauf der Zeit allzu unansehnlich geworden waren, ist offen. Bereits 1911 kehrte man auch zu den Ausmalungen zurück. Teils wurden ältere Fresken freigelegt, teils im Stil der Zeit abermals hinzugemalt.

In Lieberhausen wie auch in Niederrengse   am weiteren Weg laden Einkehrmöglichkeiten zu einer ganz besonderen Gaumenspeise: den Lieberhäuser Eierkuchen (siehe „Extra-Tipp“).

Für den letzten Aufstieg belohnt ein grandioser Ausblick: Vom Aussichtsturm auf dem Knollen kann man weiter über das „Hicksland“ sehen, das seinen Namen nach der sagenhaften Figur unseres heutigen Wanderhelden hat.


Der Wanderweg auf den Fersen des Hicks von Lieberhausen

Auf einer Kerte ist eine Wanderroute mit Markierungen eingezeichnet.1

Von der Aggertalsperre bei Gummersbach geht die Tour hinauf nach Lieberhausen und zum Aussichtsturm Auf dem Knollen.

1 Vom Parkplatz neben der Staumauer der Aggertalsperre dem Weg am Ufer mit Markierung des Energiewegs (weiße „10“ auf rotem Grund) folgen und nach rund 2 km links abbiegen. Über den Damm einer Vorsperre auf die andere Talseite, dort rechts. Nach Überqueren eines Bachs links abbiegen. Am Hang des Bachtals entlang geht es nun bergauf. Einen Abzweig links liegen lassen und auf der Höhe an einer Wegespinne rechts gehen. Nach etwa 400 m weiter auf einem asphaltierten Wirtschaftsweg. Diesem nach rechts folgen.

Zwischen Bäumen und Wiesen ist ein Dorf mit Kirche zu sehen.

Hoch am Berg liegt das Örtchen Lieberhausen oberhalb der Aggertalsperre.

2 Auf der Höhe im Ort Lieberhausen das Feuerwehrgerätehaus passieren, die Hauptstraße (Homertstraße) überqueren und links an der Genuss-Werkstatt Lieberhausen (früher: Landgasthof Reinhold) vorbei zur „Bunten Kerke“ des Dorfes gehen. Vor ihr rechts halten, über den Platz wandern und dem Sträßchen wieder zur Homertstraße folgen. An dieser nun nach links bergan wandern. In einer Rechtskurve der zweispurigen Straße, am zweiten Abzweig links abbiegen (Homertstraße) und kurz darauf an der Gabelung links halten. Auf dem „Gartenweg“ aus dem Ort hinauswandern, immer geradeaus und in einer Linkskurve des „Gartenwegs“ schräg rechts auf einen Wirtschaftsweg. Diesem bergauf folgen. Durch eine Linkskurve und dann in einer Rechtskurve nach rechts auf Waldweg abbiegen. Diesem bis zu einem Sträßchen folgen und diesem nach rechts folgen (Schauobjekt Rotorflügel).

Ein Rotorflügel einer Windkraftanlage liegt neben einer Infotafel des Energieweges bei Gummersbach. Die Texte der Tafel liest eine Frau, am Rotorflügel spielen Kinder.

Auch einen Original-Rotoflügel einer Windkraftanlage (l.) gibt es auf dem Energieweg mit seinen Infotafeln zu entdecken.

Die Straße überqueren und geradeaus dem Wirtschaftsweg folgen – an einer Kreuzung geradeaus gehend – bis zum Holzhackschnitzel-Heizwerk von Lieberhausen. Davor links über den Vorplatz, dann dem Wirtschaftsweg folgen und an einer T-Kreuzung rechts gehen zur L 322 (Pernzestraße). Kurz davor nach links auf einen Fußweg hinunter nach Rosenthal wechseln. Dort die L 322 überqueren und einem Pfad durch die Wiese nach links talab folgen. Wo der Pfad auf eine Nebenstraße stößt, dieser nach rechts folgen, durch eine Linkskurve, an Wohnhäusern vorbei und am Ende auf einem Schotterweg weiter talwärts.

3 Unten im Tal an einer T-Kreuzung auf Sträßchen nach links gehen und nun dem gelb markierten „Bergischen Panoramasteig“ folgen. In Niederrengse rechts halten, dann links, und gleich wieder rechts hinauf. Am Ende der Straße weiter auf Fußweg, durch eine Spitzkehre und unter der Landstraße hindurch. Hinter Unterführung rechts bis zu einem Sträßchen. Auf diesem rechts hinunter zur Landstraße, diese überqueren. Auf der anderen Seite in Nebenstraße, an Verzweigung den mittleren Weg nehmen.

Ein Fachwerkhaus in Niederrengse ist im Gegenlicht der untergehenden Sonne zu sehen..

Fachwerkhaus in Niederrengse.

4 Nun den Panoramasteig verlassen und der „Raute 2“-Markierung bergauf folgen. Nach ca. 320m an Abzweig schräg links halten, nach weiteren ca. 600m rechts abbiegen. Um Gipfel des Beulbergs herum bis wir auf den Feuer- und Flamme-Weg stoßen (weiße „11“ auf rotem Grund)

Eine Frau schaut vom Aussichtsturm „Auf dem Knollen“ über Bergneustadt-Hackenberg und das Bergische Land.

Vom Aussichtsturm „Auf dem Knollen“ kann man weit über das Bergische Land schauen. Im Hintergrund ist Bergneustadt-Hackenberg zu sehen.

5 Weiter der „Raute“ folgen, am Abzweig zum Aussichtsturm „Auf dem Knollen“ geradeaus weiter bis Hackenberg. An T-Kreuzung auf Straße „Schöne Aussicht“ rechts. Dem Verlauf der Straße folgen, bis diese in einer Kurve auf die Talsperrenstraße stößt.

Menschen schauen auf die Start/Ziel-Tafel des Energiewegs bei Gummersbach auf dem Parkplatz an der Aggertalsperre.

An der Aggertalsperre mit dem Start und Ziel des Energiewegs (Bergischer Streifzug Nummer 10) beginnt und endet auch unsere Tour durchs „Sagenhafte Rheinland“.

6 Dort rechts auf Wanderweg X3 hinunter zum Ausgangspunkt.