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Belgisches ViertelÄrger über Lärm auch in der Antwerpener Straße

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Außengastronomie in der Antwerpener Straße

Anwohnende beschweren sich über nächtlichen Lärm - und haben nun auch einen Anwalt eingeschaltet.

Die Ruhestörungen hat Peter Kempers genau dokumentiert. In seiner Wohnung im ersten Stock entstehen mit seinem selbst angeschafften Schallpegelmessgerät regelmäßig Messprotokolle, mit denen er zeigen will, dass die einzuhaltenden Lärmwerte von 45 Dezibel in der Nacht ständig überschritten werden. Drei Kneipen mit Außengastronomie liegen in unmittelbarer Nähe, und im Belgischen Viertel ist auch unter der Woche immer etwas los: In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat Kempers in der Antwerpener Straße in der Spitze 89, 1 Dezibel gemessen, auch nach Mitternacht gibt es noch Ausschläge, die über 70 Dezibel gehen.

„Das ist Körperverletzung“, schrieb Peter Kempers in einer E-Mail an die Stadt, im Anhang seine Messprotokolle. Er bezieht sich auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster. Das urteilte 2023 im Fall des Brüsseler Platzes: Mehr als 60 Dezibel in der Nacht stellen eine Gefahr für die Gesundheit dar. Die Stadt muss dafür sorgen, den Lärm zu reduzieren und die Anwohnenden zu schützen. Auf dem Brüsseler Platz wurde nach einigem Hin und Her nun ein Alkoholkonsumverbot von 22 bis 6 Uhr eingeführt. Auch die Außengastronomie muss um 22 Uhr schließen.

Schilder an den Kneipen weisen die Gäste darauf hin, dass sie leise sein sollen.

Während auf dem Brüsseler Platz mittlerweile irgendwann Ruhe einkehrt, ziehen viele Nachtschwärmer in die umliegenden Straßen weiter. Ihr Ziel: die Aachener Straße oder die Antwerpener Straße, wo die Außengastro noch bis Mitternacht geöffnet ist. Auch auf der Antwerpener Straße soll nun demnächst eine Kneipe, die Bar „Frieda“, bereits um 22 Uhr ihre Außenflächen schließen. Das kündigte die Stadt dem Gastronomen schriftlich an, nachdem das Umweltamt im Mai offizielle Messungen in Peter Kempers Wohnung gemacht hatte. Bis es zu dieser Reaktion der Stadt kam, habe es jedoch lange gedauert, so der Anwohner. „Ich habe mich von der Stadt sehr alleine gelassen gefühlt“, sagt Kempers. Erst als er und weitere Nachbarn einen Anwalt eingeschaltet hätten, sei Bewegung in die Sache gekommen.

Auf einem anderen Standpunkt sind die ansässigen Wirte: Florian Deubel, Betreiber der „Frieda“, kümmert sich nach eigener Aussage darum, dass es vor seinem Lokal nicht zu laut wird. „Wir haben am Wochenende extra jemanden an der Tür, der für Ruhe sorgen soll, wir fegen, wir räumen auf“, so der Wirt. Für den Lärm von Menschen, die vorbeilaufen, könne man jedoch nichts. „Und das ist auch seit Jahrzehnten schon so, dass hier abends viele Menschen unterwegs sind“, so Deubel.

Außengastronomie nicht der Auslöser für Lärm

Auch Paulina Rduch vom „Goldenen Schuss“ schräg gegenüber betont, dass der meiste Lärm nicht von den Gästen der Außengastronomie, sondern von den Menschen auf der Straße komme. Auch vor dem „Goldenen Schuss“ sorgen Angestellte dafür, dass es nicht zu laut wird, Schilder weisen die Gäste darauf hin, ruhig zu sein. „Wir haben mit den Nachbarn in der Straße ein überwiegend gutes Verhältnis, viele sind sogar Stammgäste“, so Paulina Rduch, die auch bereit wäre, mit Anwohnenden über die Probleme zu sprechen. „Auf uns ist bisher niemand direkt zugekommen.“ Auch Peter Ritter, Betreiber von Gottes grüne Wiese, wünscht sich, dass er direkt angesprochen werde, wenn sich jemand gestört fühlt. „Wir haben bei uns keine Beschwerden von Anwohnenden bekommen“, so Ritter.

Längst werden die Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen: Der Lärmkonflikt im Belgischen Viertel beschäftigt die Justiz bereits seit mehr als einem Jahrzehnt. Jahrelang standen Anwohner und die Stadt in einem Rechtsstreit über den Brüsseler Platz. Bis zum Bundesverwaltungsgericht ging es. Kürzlich kippte nun das Verwaltungsgericht Köln das Verweilverbot auf dem Platz. In einem späteren Beschluss lehnte es Ende Juli einen Eilantrag eines Gaststättenbetreibers ab, der seine Außenflächen auf dem Brüsseler Platz länger als 22 Uhr zu betreiben. Auch der Fall der Bar „Frieda“ könnte vor Gericht kommen. Hoffnung macht den Gastronomen ein Urteil aus Berlin: Es erlaubt einem Wirt vom Prenzlauer Berg bis zur Hauptverhandlung bis spät in die Nacht seine Außenfläche zu bewirten, da sein Lokal in einem Jahrzehnte lang gewachsenen Ausgehviertel liege.

Ob dies auch auf Köln übertragen werden könnte, darin sind lärmgeplagte Anwohner und die ansässigen Wirte nicht einer Meinung.