„Cold Case“ von 1991So erlebte Seckin Caglars Bruder den Verlust seiner Schwester

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Caglar

Im Gebüsch an der Haltestelle „Poll Autobahn“ sicherten Mitarbeiter der Polizei Spuren. 

Köln – Mord verjährt nie, heißt es bei Gericht. Für Basri Caglar heißt es: Die Erinnerungen vergehen nie. Er ist der Bruder der vor 31 Jahren umgebrachten Seckin Caglar aus Poll – und die Tat geht ihm weiter nicht aus dem Kopf. „Es wird mir immer gesagt, mit der Zeit vergisst man vieles. Bei mir ist das nicht so“, sagt der Bruder. Seine Schwester war 16 Jahre alt, als sie einem Sexualverbrechen zum Opfer fiel – er war damals acht Jahre alt. „Ich erinnere mich, dass meine Eltern damals schreiend aus dem Haus gelaufen sind“, erzählt der Bruder.

Mord an Seckin Caglar: Polizei plant Massentest

Basri Caglar ist sehr froh, dass die Kölner Polizei alles unternimmt, damit der Mörder seiner Schwester endlich gefasst wird. „Ich möchte dem Täter ins Gesicht schauen und fragen: Warum“? Wie die Rundschau berichtete, bereitet die Kölner Polizei einen DNA-Massengentest vor. Die Sonderkommission „Cold Case“ vermutet den Täter im damaligen Wohnumfeld des Opfers. Moderne Labormethoden machen heute eine DNA-Analyse damals sichergestellter Spuren des Täters besser möglich, erklärt der Leiter der Kommission Markus Weber im Gespräch mit der Rundschau.

DNA-Untersuchung

Wenn Zellspuren etwa in Form von Haaren, Sperma, Hautzellen, Speichel oder Blut am Tatort gefunden werden, können sie Aufschluss über den Täter geben. Denn in der DNA sind alle Erbinformationen gespeichert, die sich bei allen Menschen unterscheiden und den Einzelnen identifizierbar machen.

Gibt es keine Anhaltspunkte auf einen möglichen Täter, können die Beamten auf eine sogenannte DNA-Reihenuntersuchung zurückgreifen. Ein besonders aufwendiger Massengentest in der Region ist im Fall Claudia Ruf durchgeführt worden. Es wurden über 2000 Speichelproben genommen. Aber die entscheidende Spur war nicht dabei, eine Festnahme gab es nicht. Die aus Grevenbroich stammende Schülerin ist 1996 umgebracht worden. Ihr Leichnam wurde auf einem Feld bei Euskirchen gefunden. Auch in diesem Fall wollen die Ermittler nicht aufgeben. (ta)

Der große Gentest soll im kommenden Jahr stattfinden. Dabei sollen Bürger ihre Speichelprobe abgeben: „Wir gehen von mehreren hundert Menschen aus“, sagt Weber. Rund um den Tatort in Poll hat die Polizei auf einer Stadtkarte einen Kreis gezogen – fast so, wie es die Behörden nach einem Bombenfund tun, um die Evakuierungszone festzulegen.

Die Polizei bereitet sich auch darauf vor, dass potenzielle Kandidaten für den DNA-Test aus Köln weggezogen sind. Dann würden Beamte in anderen Dienststellen gebeten, dort dem Bürger eine Speichelprobe zu entnehmen. „Es ist auch denkbar, dass der Täter schon verstorben ist“, sagt Weber weiter.

Nie von der Arbeit zurückgekehrt

Die 16-Jährige hatte am 16. Oktober 1991 um 18.40 Uhr ihre Arbeitsstelle in einem Coop-Supermarkt an der Siegburger Straße verlassen und war nie zu Hause angekommen. Die junge Frau hatte dort erst wenige Tage gearbeitet. Üblicherweise fuhr die junge Türkin mit der Linie 7 von der Station „Salmstraße“ bis „Poll-Autobahn“, um von dort zur Wohnung der Eltern zu gehen. Familienangehörige suchten die 16-Jährige und fanden ihre Leiche schließlich am nächsten Tag in einem Gebüsch nahe der Haltestelle „Poll-Autobahn“. Am Abend zuvor war sie missbraucht und getötet worden. „Sie ist einem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen“, betont Ermittler Weber.

Mit Blick auf eine mögliche Festnahme sagt Basri Caglar, dass dann auch die gesamte Familie endlich einen Schlussstrich in dem tragischen Fall ziehen könnte. Dazu gehöre vor allem seine Mutter, der Vater ist schon verstorben. Es ist sein Ziel, im kommenden Jahr in die Türkei zu reisen und dann seinen Kindern das Grab seiner Schwester zu zeigen.

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