Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Das tägliche GlückSänger und Frohnatur Ludwig Sebus wird 95

Lesezeit 3 Minuten
tier1_2007_10_08_KR_MDS-KR-2007-10-08-ilo_071006_sebus_0

Auch Hans Süper (links) gehört zu den Unterstützern von Sebu.

Köln – Es könnte ein guter Tag werden für Ludwig Sebus. Der Briefträger dürfte einiges zu tun haben, wenn er heute in Ossendorf die Post in den Kasten des kölschen Sängers wirft. „Es macht mich fröhlich, wenn Menschen immer noch an mich denken, wenn sie anrufen oder schreiben“, sagt Sebus, der auch im hohen Alter noch schelmische und verblüffend scharfsinnige Grandseigneur des Karnevals. „Was ich wirklich brauche, sind Menschen, die das Lächeln erwidern“, stellt er fest. Und er lächelt häufig.

Heute feiert Sebus seinen 95. Geburtstag, das große Fest mit zahllosen Wegbegleitern im „Gaffel am Dom“ fällt der Corona-Pandemie zum Opfer, „aber ich lade jetzt schon für nächstes Jahr ein, um 96 Kölsch mit mir zu trinken“, kündigt er an und wirkt dabei sehr überzeugt. Seine vier Kinder werden ihn heute abholen, um gemeinsam einen schönen Tag mit ihrem Vater zu verbringen, am Sonntag geht er mit seinen neun Enkeln Eis essen. Zur Familie gehören mittlerweile auch acht Ur-Enkel.

„Och Verwandte, dat sin Minsche“

Wen immer man fragt, stets zeigen sich die Menschen beeindruckt von der geistigen Frische und der ungeheuren Fröhlichkeit, die Sebus auch im hohen Alter noch versprüht. Als Krätzchensänger stand er rund 60 Jahre im Karneval auf den Bühnen der Stadt und sang Hymnen wie „Luur ens vun Düx noh Kölle“ oder die Nummer „Och Verwandte, dat sin Minsche“, in der er augenzwinkernd singt: Man freut sich, wenn sie kommen und ist glücklich, wenn sie gehen. Das ist sein Humor.

Zu Jahresbeginn hatte das Karnevalsmuseum dem Sänger eine Ausstellung gewidmet, außerdem war ein neues Buch über sein Leben erschienen. Heute zeigt der WDR (13.30 Uhr) zur Feier des Tages ein Porträt über Sebus. Dabei geht es stets um mehr als nur um Karneval, Sebus hat den Zweiten Weltkrieg und fünf zermürbende Jahre russischer Kriegsgefangenschaft überlebt. Er engagiert sich für die Kinderkrebshilfe und kümmerte sich um seine Frau Lilo, die nach einem Schlaganfall mehr als 20 Jahre im Rollstuhl saß. Voriges Jahr starb sie. Familiärer Zusammenhalt ist für Sebus genauso wichtig wie christliche Werte. „Wenn du glücklich sein willst, musst du andere glücklich machen“, lautet sein Credo.

tier1_2010_09_04_KSTA_MDS-KSTA-2010-09-05-lo1-1c

Auf einer Autogrammkarte präsentierte sich Sebus im Smoking.

Sein Talent für die Bühne entdeckte Sebus schicksalhaft in einem russischen Kriegsgefangenenlager, wo er Mitglied eines Schlagerquartetts wurde. Zurück in Köln schloss er sich dem Altermarktspielkreis an, sein Geld verdiente er bei einem Hersteller für Landmaschinen. Mit dem Lied „Jede Stein en Kölle“ feierte die ersten Erfolge auf den Karnevalsbühnen. Zu seinen Auszeichnungen zählen schon längst die Willi-Ostermann-Medaille und der Lehrer-Welsch-Sprachpreis. Auch als Moderator konnte Sebus die Menschen fesseln, bis 2013 präsentierte er die Kölsche Weihnacht in der Philharmonie.

Das könnte Sie auch interessieren:

Doch 95 Jahre sind auch an Sebus nicht spurlos vorüber gegangen. Erst voriges Jahr hatte er eine schwere Lungenentzündung überstanden, sein Gehör lässt auch allmählich nach. „Ich muss mich sehr konzentrieren, um zwei Töne zu erwischen. Aber im Alter darf man nicht pingelig sein“, hat er festgestellt. Jammern würde er aber nie. Dafür hat er schon zu viel erlebt. Aber das Leben geht weiter.