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„Die Abgelehnten“Eltern-Initiative fürchtet wieder Chaos an Kölns Schulen

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Protest auf dem Alter Markt von Schülern und Eltern gegen das Anmeldeverfahren 

Köln – Das umstrittene Anmeldeverfahren mit Mehrfachanmeldungen für weiterführende Schulen wurde vom Land gekippt. Das Erst- und Zweitwunschverfahren kommt zurück.  Olaf Wittrock von der Eltern-Initiative „Die Abgelehnten“ fordert im Gespräch mit Martina Windrath  Verbesserungen.

Viele Familien befürchten für die Vergabe 2023 wieder eine Schulplatz-Tombola. In diesen Wochen finden wieder Vorstellabende an Gymnasien und Gesamtschulen statt für angehende Fünftklässler. Wie ist die Stimmung?

Angespannt. Die ersten Eltern haben sich schon mit Fragen und Sorgen an uns gewandt. Denn das Grundproblem ist ja geblieben: Es fehlen Plätze an Gesamtschulen wie Gymnasien, die Klassen sind voll, im Zweifel ist eine Beschulung im Umland die einzige Möglichkeit. Im Schulausschuss wurde beschlossen, wieder zum Verfahren mit Nennung eines Erst- und eines Zweitwunsches zurückzukehren.

Da schwang die Botschaft mit, das Chaos werde abgeschafft, alles gut. Aber das wird sicher nicht so sein. Es bleibt eine prekäre Situation und die Vergabe wird zur Lotterie für hunderte bis tausende von Kindern. Es wird wieder Verlosungen geben müssen, wenn auch die Zweitwunschschule voll ist.

Verfahren

Mehrfach-Anmeldungen an weiterführenden Schulen sind nicht mehr gestattet. Künftig können in Köln Familien der angehenden Fünftklässler wieder einen Erst- und Zweitwunsch nennen. Es bleibt für 2023/24 außerdem beim vorgezogenen Anmelde-Verfahren für Gesamtschulen, gefolgt von der Anmeldefrist für die anderen weiterführenden Schulformen. Termine und Ablauf werden am 21.11. im Schulausschuss beschlossen.

Rund 1000 Kinder mussten zuletzt an Gesamtschulen abgelehnt werden.(MW)

Sie haben die Initiative „Die Abgelehnten“ vor zwei Jahren gegründet, weil das Verfahren mit Platzverlosungen für etliche Kinder zur Lotterie wurde, ihr Sohn war auch betroffen.

Ja, es ist schon mehr als sonderbar, dass man jetzt zum alten Verfahren von vor zwei Jahren zurückkehrt. Damals hatten Stadt und Bezirksregierung kommuniziert, dass der Zweitwunsch untauglich sei, weil die Platzwünsche mangels Kapazitäten gar nicht zu erfüllen wären. Jetzt wird es wieder eingeführt ohne Antwort darauf, wie die Rechnung diesmal aufgehen soll. Was passiert denn mit Kindern, für die weder Erst- noch Zweitwunsch erfüllt werden können?

Die Erfahrungen von vor zwei Jahren lehren: Das kann katastrophal enden. Zumal die Bezirksregierung klar gesagt hat, dass keine Mehrklassen mehr gebildet werden sollen. Laut dem Kölner Schuldezernent Robert Voigtsberger werden für kommendes Schuljahr aber bis zu 600 Schulplätze fehlen. Wie soll das denn gehen? Neue Schulen gehen 2023 nicht an den Start.

Was kann man denn Ihrer Meinung nach besser machen?

Es hat bereits erste Treffen mit Eltern gegeben, und wir überlegen, was man noch tun und wie man vorgehen kann, um die Stadt eindringlich daran zu erinnern, dass sie ihren Pflichten nicht nachkommt. Wir hätten gern Antworten auf ein paar Fragen: Die Verwaltung plant, an acht Gymnasien mehr Raum mit Containern zu schaffen. An welchen denn? Wieso gibt es jetzt Platz dafür, vergangenes Jahr aber nicht? Was hat die extra eingerichtete Task Force auf der Suche nach Immobilien zur Nutzung als Schulstandort erreicht? Wie koordinieren sich Schulverwaltung und Bezirksregierung, um denen zu helfen, die bei der Platzvergabe Pech haben?

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Besser machen kann man es zudem mit einem transparenten und einheitlichen digitalen Anmeldeverfahren. Das klappt an Berufsschulen und Universitäten ja auch. Dort könnte man auch die Kriterien bei der Platzvergabe transparent machen. Ich erstelle gerade eine Übersicht über das freie Platzangebot an Kölner Gymnasien und versuche herauszufinden, welche Kriterien die Schulen anwenden wollen. Das ist allerdings schwierig, manche sagen das nicht.

Die meisten Gymnasien wählten in der Not wegen der großen Nachfrage wieder das Losverfahren für die Vergabe.

Das ist so. Einige Schulen hatten zuletzt aber vorher Wohnortnähe oder die Nähe zur Grundschule als Auswahlkriterium genutzt. Ich kann mir vorstellen, dass dazu noch weitere übergehen. Und es gibt Schulen, die ihr Profil schärfen, zum Beispiel eine zweite Fremdsprache ab der fünften Klasse zur Pflicht machen.

Beides wird womöglich Bewerbungszahlen senken. Das Vorgehen ist aus Sicht der überlasteten Schulleitungen also verständlich, die ja ebenfalls Opfer des Schulplatzmangels sind. Für Kinder schränkt es die Möglichkeiten aber noch weiter ein. Und für die Schulen ist fraglich, ob sie bei einer Verlosung überhaupt die passenden Kinder für ihr Profil bekommen. Wir werden als Elterninitiative versuchen, hier Transparenz zu schaffen.

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