Lange Zeit blieben die Kölner Clubs während der Corona-Zeit dicht. 2023 ist das erste Jahr, in denen die Betriebe wieder auf eigenen Beinen stehen müssen.
Klubkomm-Vorstand im Interview„Die gute Nachricht ist, dass es die meisten Kölner Clubs noch gibt“

Mankel Brinkmann und Paulina Rduch sind Teil des Vorstands der Klubkomm.
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Mankel Brinkmann und Paulina Rduch sind Teil des Vorstands der Klubkomm, dem Interessensverband der Kölner Clubs und Spielstätten. Im Interview sprechen sie über die Entwicklungen der Clubszene in Ehrenfeld, die Herausforderungen der Branche nach der Corona-Pandemie und in Zeiten von Krieg und Inflation.
Wie geht es den Kölner Clubs im November 2023?
Brinkmann: Unterm Strich geht es uns besser als vor zwei Jahren während der Pandemie. Die gute Nachricht ist jetzt, dass es die meisten von uns noch gibt. Aber dennoch haben wir viele Probleme, die andere Branchen auch haben. Das sind die Folgen der Pandemie, aber auch die Folgen des Ukraine-Kriegs, die uns zum Teil auch noch härter treffen, weil wir davor zwei Jahre geschlossen waren.
Rduch: Das Personal ist einfach nicht mehr da. Prozesse, die man über Jahre erarbeitet hat, sind nicht mehr vorhanden. Für viele ist es nach Corona wie ein Aufbau eines neuen Unternehmens gewesen.
Kölner Clubs spüren Auswirkungen der Inflation
Was für Auswirkungen hat die Inflation?
Brinkmann: Die ganze Branche hat sich verändert. Die Kostensteigerungen haben wahnsinnige Auswirkungen, vor allem auf die kleinen und mittleren Künstler. Für die wird es immer schwieriger, auf Tournee zu gehen, wenn der Nightliner auf einmal das Doppelte kostet.
Was macht Hoffnung?
Rduch: Vielen ist in der Pandemie klargeworden, was ihnen fehlt, als die Clubs geschlossen waren. Die Wertschätzung für das Live-Erlebnis ist dadurch noch mal gestiegen.
Brinkmann: Insbesondere in Köln gibt es weiterhin einen ungebrochenen Willen, abends vor die Tür und in Clubs zu gehen oder Konzerte zu besuchen – auch wenn das Geld nicht mehr so locker sitzt wie vorher.
In der Pandemie wurde oft über ein drohendes Clubsterben gesprochen. Wie viele Läden hat es letztlich getroffen?
Rduch: Dieses Clubsterben hat in Köln ja schon vor der Pandemie eingesetzt. Für eine Stadt wie Köln finde ich nicht, dass wir extrem viele Clubs haben.
Brinkmann: Es haben zwar einige Clubs geschlossen, aber das hatte andere Gründe: ein Mietvertrag, der nicht verlängert wurde oder ein Bauprojekt, dass dem Club entgegenstand. Aber die Pandemie ist noch nicht vorbei für uns. Wir sind noch immer dabei, die ganzen Förderprogramme abzurechnen. Dieses Jahr ist das erste Jahr, in denen die Clubs wieder auf eigenen Beinen stehen müssen. Es wird sich zeigen, ob es vielleicht doch noch die eine oder andere Insolvenz geben wird. Ich mag aber auch den Begriff des Clubsterbens gar nicht gerne. Das hat so etwas Passives, was man nicht beeinflussen kann. Ich glaube aber, dass man da sehr wohl etwas gegen tun kann. Da ist vor allen Dingen die Politik gefragt.

Der Club Bahnhof Ehrenfeld beim Auftritt von Querbeat.
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Am Ehrenfeldgürtel hat die Politik etwas beeinflusst. Der Stadtentwicklungsausschuss hat eine Schutzzone für Ehrenfelder Club beschlossen. Die Kultur wurde einem Wohnungsbau-Projekt vorgezogen.
Rduch: Das war ein extrem wichtiges Zeichen für uns. Über das Projekt könnte ich mich lange aufregen, weil es nicht wirklich etwas mit Wohnungsbau zu tun hat. Es ging um Mikro-Appartements, die im Zweifel leer stehen und zeitweise vermietet werden. Dass sich die Politik da komplett quergestellt hat und eine Kulturschutzzone draus gemacht hat, ist für die gesamte Branche ein Zeichen dafür, dass die Clubkultur anerkannt wird.
Was sollte mit der Fläche, auf der nun keine Mikro-Appartements entstehen, aus Ihrer Sicht passieren?
Brinkmann: In Ehrenfeld haben wir ja weiterhin so eine Art Club-Nukleus. Es wäre schön, wenn man sich perspektivisch auch mal Gedanken über eine kreativwirtschaftliche Nutzung von so einem Gelände wie dem Ehrenfeldgürtel 125 machen könnte. Da gibt es innerhalb der Szene sicherlich viele Akteurinnen, die Ideen einbringen würden.
Ein großes Thema bleibt die Suche nach neuen Open-Air-Spielstätten. Beim Gelände an der Südbrücke, das während der Pandemie entstand, gab es Probleme mit Genehmigungen. Wie ist da der Stand?
Brinkmann: Wir finden, dass die Südbrücke ein erstklassig geeignetes Gelände ist, dass von verschiedenen Akteuren wunderschön gestaltet wurde. Da haben bereits Veranstaltungen stattgefunden und es wäre einfach nur ein typisch kölsches Drama, wenn diese Spielstätte keine dauerhafte Baugenehmigung bekommt. Ich würde nicht davon ausgehen, dass diese Spielstätte nicht möglich ist, nur weil es Anwohnerbeschwerden gibt. Wir fänden es als Zeichen wichtig, dass die Südbrücke dauerhaft genehmigt wird.
Gibt es noch mehr Flächen, die sich für eine solche Spielstätte anbieten würde?
Rduch: Es gibt viele Flächen. Aber diese Flächen wurden ja in der Vergangenheit immer als ungeeignet deklariert. Die Stabsstelle Kulturraummanagement muss Flächen identifizieren, um ein Open-Air-Konzept für Köln auf die Beine zu stellen. Weil in Köln schon vieles gescheitert ist, ist es aber auch schwer, Leute zu finden, die ein Konzept ausführen. Deswegen wird uns der Prozess noch lange begleiten.
Brinkmann: Eine hundertprozentig perfekte Location zu finden, ist schwer. Wenn man aber bereit ist, gewisse Abstriche zu machen, dann werden sich sicherlich Flächen ermitteln lassen.
Was im Club passiert, ist ein Spiegel gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen.
Die Stabsstelle für Kulturraummanagement gibt es bei der Stadt seit 2022. Was hat sich dadurch verändert?
Brinkmann: Auf die Stabsstelle setzten wir als Klubkomm die Hoffnung, dass sie diese Flächenproblematik ein bisschen abmildern kann und dass der Austausch zwischen Verwaltung und den Akteuren der freien Szene verbessert wird.
Ein Thema, mit dem sie sich in der Klubkomm beschäftigen, ist das Thema Sicherheit im Nachtleben.
Rduch: Mit dem neuen Vorstand haben wir uns in Arbeitskreisen neu organisiert und haben beispielsweise auch einen offenen Arbeitskreis Safer Nightlife. Da geht es um Themen wir Drogenkonsum, sexuelle Gewalt und Gewalt in jeglicher anderen Form. Es geht dabei vor allem um den Austausch und das Teilen von Erfahrungen. Ziel ist es, irgendwann eigene Awareness-Konzepte mit den Clubs zu konzipieren.
Klubkomm: Kampagne für die Anerkennung der Clubs als Kulturstätten
Wird das Thema wichtiger, weil es vielleicht auch mehr Vorfälle gibt?
Brinkmann: Ob es mehr Vorfälle gibt, ist schwer zu sagen. Was im Club passiert, ist ein Spiegel gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen. Die Awareness-Themen sind jungen Menschen heute sehr wichtig. Deswegen merken auch Clubs und Spielstätten, dass sie ihr Personal für bestimmte Problematiken sensibilisieren müssen. In Köln sind allerdings schon seit Jahren Konzepte in Clubs entwickelt worden, die heute unter das Stichwort Awareness fallen. Es gibt beispielsweise viele Clubs, die mit ihrem Sicherheitspersonal versuchen, eine diskriminierungsfreie Türpolitik zu betreiben.
Gibt es einen Austausch mit Clubverbänden anderer Städte?
Brinkmann: Ja, definitiv. Als Mitglied der LiveKomm, dem Bundesverband der Clubs, tauschen wir uns ganz intensiv aus. Vor allem aber auch mit ähnlich großen Städten. Gemeinsam mit der LiveKomm haben wir eine Kampagne gestartet, mit der wir die Anerkennung der Clubs als Kulturstätten steigern wollen. Da geht es dann auch um die Vergnügungssteuer.
Wie ist da der Stand?
Brinkmann: Die Vergnügungssteuer wurde während Corona ausgesetzt, aber nicht abgeschafft. Wir gelten weiterhin als Vergnügungsstätten und sind deswegen auch steuerpflichtig.
Rduch: Rechtlich sind die meisten Clubs in einem Topf mit Bordellen. Das verdeutlicht, wofür wir gerade kämpfen.
Clubs in Köln: Positive Entwicklungen in Mülheim und auf der Luxemburger Straße
Was passiert außerhalb von Ehrenfeld in der Clubszene?
Brinkmann: Es gibt durchaus auch positive Entwicklungen. Dass mit dem Carlswerk in Mülheim eine neue Konzertstätte eröffnet hat, ist durch die Pandemie ein bisschen untergegangen. Das ist eine tolle Entwicklung. Solche Nachrichten hätten wir gerne noch mehr. Auch positiv zu erwähnen, ist das ganze Leben an der Luxemburger Straße. Clubs gibt es da schon immer, aber da bewegt sich aktuell sehr viel.
Warum ist es so wichtig, dass der Bestand der Clubs nicht nur gesichert wird, sondern dass auch neue Clubs entstehen.
Brinkmann: Köln ist eine wachsende Stadt, die sich immer nach außen rühmt, attraktiv für junge Menschen zu sein. Es ist nicht nur so, dass Clubs ein Wirtschaftsfaktor sind. Clubs sind auch für andere Branchen wichtig. Wenn ich ein Startup habe und Menschen nach Köln locken möchte, dann kann ich das auch mit einem guten Kulturangebot. Das versteht die Stadt mittlerweile. Aber sie wäre gut beraten, wenn sie bei der Schaffung neuer Stadtquartiere und bei der Schaffung von Wohnräumen überlegt, wie sie das kulturelle Leben von Anfang an in die Planung integrieren kann.
Die Klubkomm
Mankel Brinkmann (Club Bahnhof Ehrenfeld) und Paulina Rduch (Zum Goldenen Schuss) sind Teil des zehnköpfigen Klubkomm-Vorstands. Die Klubkomm setzt sich für die Interessen der Kölner Clubs, DJs, Musikbars sowie der Veranstalterinnen und Veranstalter ein. Der aktuelle Vorstand ist seit Ende 2022 im Amt. Verdienstvolle Vorstände wie Norbert Oberhaus oder Manfred Post haben ihre Aufgaben an die nachfolgende Generation abgegeben. Der neue Vorstand ist stark verjüngt und geschlechterparitätisch besetzt.