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Expertin der Erdbebenwarte BensbergWarum man Erdbeben nicht genauer vorhersagen kann

Lesezeit 2 Minuten
06.02.2023, Türkei, Adana: Rettungskräfte suchen nach Überlebenden in den Trümmern von Gebäuden. Nach der Erdbebenkatastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet haben Angehörige und Rettungskräfte bis spät in die Nacht nach Verschütteten gesucht.

06.02.2023, Türkei, Adana: Rettungskräfte suchen nach Überlebenden in den Trümmern von Gebäuden.

Warum können schwere Erdbeben wie jetzt in der Türkei und in Syrien  nicht genauer vorhergesagt werden? Die Rundschau hat nachgefragt - bei einer Expertin der Erdbebenwarte in Bensberg.

Die Erdbebenstation Bensberg von der Universität Köln erfasst und wertet wissenschaftlich lokale Erdbeben in den nördlichen Rheinlanden aus. Die Rundschau hat die Stationsleiterin in Bensberg, Brigitte Knapmeyer-Endrun, zum Thema „Erdbeben-Vorhersagemöglichkeiten“ bei seismischen Ereignisse wie dem in der Türkei und in Nordsyrien befragt.

„Es ist allgemein ganz gut bekannt, welche Störungszonen seismisch aktiv sind; je nachdem, wie gut die Datenlage ist, vielleicht auch, wie groß Erdbeben dort maximal werden können und wie häufig sie im Mittel auftreten“, erläutert Knapmeyer-Endrun. Aber den exakten Ort und Zeitpunkt eines Bebens vorherzusagen, und das möglichst lange im Voraus, sei etwa so, „als würde man beim Wetterbericht erwarten, dass Tage vorher gesagt wird, wann und wo genau mit welcher Stärke der Blitz einschlägt.“ Das können Meteorologen auch nicht.

Das „System Erde ist zu komplex“

Letztlich sei das System Erde zu komplex und müsste im Detail noch viel bekannter sein, als das der Fall sei. „Also, wo genau herrscht welche Spannung in der Kruste und wie groß muss die Spannung sein, damit an einer bestimmten Stelle auf einer Verwerfung der Reibungswiderstand überwunden wird und sie sich bewegt“, führt die Geologin aus. Bei dem ersten großen Beben in der Türkei und in Nordsyrien Montagnacht deuten erste Untersuchungen darauf hin, dass die maximale Bewegung auf der Bruchfläche gar nicht dort stattfand, wo der Bruch seinen Ausgang genommen habe, sondern erst 20 Sekunden später in 50 Kilometer Entfernung. Das bedeute, selbst wie sich der Bruch nach dem Beginn des Bebens entwickele und wie groß das Erdbeben letztendlich werde, lasse sich ohne sehr genaue Kenntnisse zum Spannungszustand des Untergrundes gar nicht vorhersagen.

Zu dem Thema, welche Methoden aktuell in der Erdbebenforschung weltweit verfolgt werden, um Erdbeben dieser Art wie jetzt in der Türkei und in Nordsyrien geschehen in Zukunft vorher- oder besser vorherzusagen, dazu könne sie gar nicht viel sagen, da dies nicht der Schwerpunkt der Forschung in Bensberg sei, so die Wissenschaftlerin. „Aber so viel: Es gibt immer wieder Versuche, bestimmte Beobachtungen wie beispielsweise elektromagnetische Anomalien in der Ionosphäre mit einem starken Erdbeben in Verbindung zu setzen. Doch meistens geschieht das erst nach dem Beben. Daher ist nicht klar, wie ausgereift und zuverlässig diese Beobachtungen wirklich sind.“

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