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„Autour de Cologne“Für dieses Team ist „Rund um Köln“ ein besonderes Herzensanliegen

Lesezeit 4 Minuten

Nur der Himmel ist das Limit der Radsportler von „Autour de Cologne“. Einige von ihnen haben eine Herztransplantation hinter sich.

Das Kölner Radsportteam „Autour de Cologne“ vereint Herztransplantierte und Studierende, steigert das Bewusstsein für Organspenden und Frauenradsport.

Noch vor wenigen Jahren kämpften sie um ihr Leben – heute kämpfen sie um Medaillen: Die Mitglieder des Kölner Radsportteams Autour de Cologne (ADC) sind keine gewöhnlichen Teilnehmenden beim Radklassiker „Rund um Köln“. Unter ihnen: Menschen, die eine Herztransplantation hinter sich haben. Dass sie heute wieder im Sattel sitzen, bei einem echten Rennen antreten und gemeinsam mit Studierenden der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) an den Start gehen, ist alles andere als selbstverständlich. Hinter dem engagierten Projekt steht ein ebenso engagierter Initiator: Helge Knigge.

,Rund um Köln' war mein erstes Rennen nach der Transplantation, meint Elmar Sprink

Helge Knigge: Der engagierte Initiator von Autour de Cologne

Knigge ist Dozent an der DSHS am Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft und betreute dort Patientinnen und Patienten mit Herz-Kreislauferkrankungen. Darunter auch herzinsuffiziente Patienten mit sehr geringer Belastbarkeit und Lebenserwartung. Mit einer Herztransplantation bekommen sie ein neues Leben geschenkt. Und so manch einer findet danach den Weg zum Radsport. 2011 gründete Knigge im Spoho-Projekt „Campus Noster!“ das Team Autour de Cologne, das seither jedes Jahr beim Kölner Radrennen antritt. „Radsport ist ideal für den gesundheitlichen Wiedereinstieg“, erklärt Knigge. „Er lässt sich individuell dosieren – von leichter Belastung bis zu hochintensivem Training. Gerade für belastungsschwache Menschen ist dies der Weg zurück in die Belastungen des Alltags.“

Elmar Sprink: Vom herztransplantierten Patienten zum Ironman

Wie eindrucksvoll das funktionieren kann, zeigt das Beispiel von Elmar Sprink. Der gebürtige Kölner erhielt 2013 ein Spenderherz – und saß schon kurze Zeit später wieder auf dem Rad. Über eine Herzsportgruppe kam er mit Knigge in Kontakt und ist seither fast jedes Jahr Teil von ADC. „Radfahren war eine der ersten Aktivitäten, die ich nach meiner Transplantation wieder machen konnte“, erzählt Sprink. Heute blickt er auf über 150 Sportveranstaltungen zurück – darunter zwölf Ironman-Rennen. Doch „Rund um Köln“ hat für ihn einen ganz besonderen Platz. „Es war mein erstes Rennen nach der Transplantation – und dazu noch in meiner Heimatstadt“, sagt er. „Diese Einfahrt am Rheinauhafen ist schon besonders, und mit der Aktion auch der Organspende eine Bühne zu geben, das macht es zu einer runden Sache.“

Auch wenn es um eine gute Sache geht, fährt er mit sportlichem Ehrgeiz über die 60-Kilometer-Distanz. „Wenn ich eine Startnummer trage, will ich das Bestmögliche rausholen. Und ich will so schnell sein, dass ich rechtzeitig zum FC-Spiel ins Stadion komme.“

Sport als Weg zurück ins Leben

Dass Elmar Sprink heute wieder Sport auf diesem Niveau treiben kann, zeigt laut Knigge wie konkret Sport dabei helfen kann, nach einer Erkrankung zurück ins Leben zu finden. Der Sportwissenschaftler möchte darauf aufmerksam machen, dass eine Organspende die Chance auf ein neues Leben sein kann – und mit Autour de Cologne ein öffentliches Bewusstsein dafür schaffen.

„Täglich sterben in Deutschland Menschen, weil sie vergeblich auf ein Spenderorgan warten“, sagt Knigge. „Ich appelliere immer: Stellt euch vor, es wäre eure Schwester, euer Vater oder eure Großmutter. Dann wird schnell klar, wie wichtig eine Entscheidung zur Spende ist. Werde Organspender und rette Leben“, so sein Aufruf. Das Team tritt deshalb unter dem Slogan „Entscheide dich“ an – in Kooperation mit der Berliner Initiative „Junge Helden“, die sich seit Jahren für Aufklärung über Organspende starkmacht.

Regina Richtmann: Neue Perspektiven nach der Herztransplantation

Regina Richtmann ist in diesem Jahr zum ersten Mal Teilnehmerin bei „Rund um Köln“. Die 28-Jährige wurde mit einer schweren Herzerkrankung geboren und konnte vor ihrer Transplantation jahrelang überhaupt keinen Sport treiben. „Ich hatte regelmäßig Herzflimmern und musste reanimiert werden. Schon das Überqueren einer Straße oder in eine Bahn einzusteigen hat mir Angst gemacht.“ Mit einer OP im November 2022 änderte sich ihr Leben grundlegend. „Früher war an Sport nicht zu denken – heute liebe ich das Gefühl, den Pulsschlag meines Herzens zu spüren, wenn ich aktiv bin.“

Ihrer ersten Teilnahme bei „Rund um Köln“ blickt sie mit voller Vorfreude entgegen: „Ich freue mich auf die Gemeinschaft im Team und möchte zeigen, was ich leisten kann. Die Leute sollen keinen Unterschied spüren. Erst nach dem Rennen will ich meine Geschichte erzählen – und damit vielleicht auch ein bisschen überraschen.“

Frauenradsport fördern: Ein weiteres Anliegen von Autour de Cologne

In diesem Jahr umfasst das Team 32 Fahrerinnen und Fahrer. Der Frauenanteil ist hoch: Rund zwei Drittel des Teams bestehen aus Studentinnen der Sporthochschule. Für Knigge kein Zufall: „Wir wollen mit unserem Projekt auch den Frauenradsport fördern. Viele Frauen fahren zwar Rennrad, aber bei Rennen sieht man sie selten. Es fehlen Vorbilder.“ Autour de Cologne will auch hier ein Zeichen setzen: für mehr Sichtbarkeit, mehr Teilhabe und niedrigere Einstiegshürden.

Auch nach über einem Jahrzehnt ist Knigges Motivation ungebrochen. „Ich habe immer im Kopf: Vielleicht konnten wir jemanden zur Organspende bewegen und eventuell lebt heute irgendwo ein Mensch genau deswegen weiter. Was für eine schöne Vorstellung.“