Die Gefahrenstelle Gerüst wäre mit einfachen Maßnahmen keine mehr. Aber längst nicht alle Bauherren halten die Vorgaben ein.
Gefahr durch GerüsteBlinde und Sehbehinderte kämpfen in Köln mit Hindernissen

Schwer mit dem Langstock zu ertasten und im Dunkeln unscheinbar: das stahlgraue Gerüstrohr..
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Für Menschen ohne Beeinträchtigung sind sie nur ein lästiges Hindernis. Für Blinde und Sehbehinderte können sie Gefahren darstellen, gegen die sie sich kaum schützen können. Gerüste auf Gehwegen gibt es häufig in Köln. Die Stahlrohre der Gerüste stehen oft mitten auf dem Weg oder mit Abstand entlang der Fassade. Diese Metallrohre können blinde Menschen, die sich mithilfe eines weißen Langstocks durch Köln bewegen, nur sehr schlecht ertasten. Sie sind zu schmal. „Weil wir sie nicht gut orten können, laufen immer wieder Blinde in solche Gerüste hinein, was sehr unangenehm ist“, sagt Paul Intveen, Mitglied der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik und selbst erblindet.
Abhilfe wäre leicht zu schaffen ¬ mit beidseitigen Tastleisten im Bodenbereich zwischen den Stahlpfeilern, so Intveen. „Die erwischen wir mit dem hin und herpendelnden Langstock in jedem Fall und können ausweichen.“ Eine Gefahrenstelle auf dem Fußweg seien die stahlgrauen Pfeiler vor allem abends oder in der Dämmerung auch für sehbeeinträchtigte und ältere Menschen, deren Sehkraft nachlasse. Durch eine Kennzeichnung mit einem fluoreszierenden Klebeband wären die Stahlrohre für alle gut erkennbar, so der Vorschlag des pensionierten Bankkaufmanns Intveen.
„Gerüste sind ja in jedem Fall nötig, etwa bei Fassadensanierungen, und sie stehen oft für mehrere Wochen, gar über Monate auf dem Gehweg“, sagt Intveen. „Gerade deshalb ist es so wichtig, dass sie nach den geltenden Verordnungen so aufgestellt seien, dass sie zu Fuß gehende oder Radfahrende nicht behindern.“ Zuständig ist dafür der jeweilige Bauherr. Die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren, ist Aufgabe des Bauherrn und der Straßenverkehrsbehörde der Stadt.
Pro Jahr 23.000 Genehmigungen
Pro Jahr werden etwa 23.000 Genehmigungen für Arbeitsstellen im öffentlichen Straßenland erteilt. Diese reichen von der Aufstellung eines Containers für einige Tage bis hin zu Großbaumaßnahmen wie der Sanierung der Mülheimer Brücke über viele Jahre. Der Baustellenkontrolldienst der Stadt hat 2024 insgesamt 1350 Kontrollen durchgeführt. Er erhielt im selben Jahr 1370 Eingaben. Legt man die 2021 ermittelten Werte an – damals bezogen sich sieben Prozent der Eingaben auf den Fußgängerbereich —, wären speziell dazu rund 100 Hinweise eingegangen. Eine entsprechende Aufschlüsselung der aktuellen Hinweise wird die Stadt im Oktober 2025 beginnen.

Ein Bürger wies die Stadt auf den durch das Gerüst viel zu schmalen Radweg hin.
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Die Frage, wievielt Mängel bei den Kontrollen festgestellt wurden, beantwortete die Stadt nicht. Sie teilte lediglich mit, dass „seit 2016 das Auftreten von Mängeln der kontrollierten Baustellen von 62 Prozent auf 46 Prozent gesunken“ sei. Bei der überwiegenden Anzahl von Mängeln handele es sich um leichtere Vergehen wie „Leitbake nicht richtungsweisend aufgestellt, Haltverbot-Schild verblasst“.
Ganz unterschiedliche Erfahrungen hat Anne Grose, die Sprecherin von „Fuß e.V.“, mit den Reaktionszeiten der Stadt auf Hinweise aus der Bevölkerung gemacht: „In manchen Fällen gab es eine schnelle Reaktion und gute Kommunikation. Bei anderen Hinweisen mussten unsere Mitglieder mehrmals nachfragen und es passierte wochenlang nichts.“ Dass Sicherheitsvorschriften nicht beachtet werden, kommt nicht nur in den Stadtvierteln vor.
Vor kurzem abgebaut wurde ein Gerüst auf dem stark frequentierten Rad- und Fußweg vor dem Gesundheitsamt am Neumarkt. Hier war der Radweg deutlich enger als die vorgeschriebene Minimalbreite von 80 Zentimetern. „Das Gerüst und die Einrichtung der Wegeführung vor dem Gebäude des Gesundheitsamtes wurde nicht nach der genehmigten Planung aufgestellt“, hatte die Stadt auf Nachfrage mitgeteilt. Dass der Radweg eine gefährliche Engstelle hat, war allerdings nicht der Straßenverkehrsbehörde, sondern einem Passanten aufgefallen, der die Stadt informiert hatte. Wer eine Problem- oder Gefahrenstelle mitteilen will, kann das per Mail tun.