In Köln gibt es derzeit 20 Auszubildende mit vietnamesischer Herkunft. Die meisten als Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk.
Hilfe aus FernostWarum Kölner Metzger auf Azubis aus Vietnam setzen

Fünf Auszubildende aus Vietnam arbeiten seit dem vergangenen Jahr in den Kölner Filialen von „Werner's Metzgerei“.
Copyright: Werner's Metzgerei
Im Metzgerhandwerk ist der Fachkräftemangel und fehlender Nachwuchs dramatisch zu spüren. Kölner Betriebe haben daher eine Lösung gefunden: Sie setzen auf Auszubildende aus Vietnam. In den vier Kölner Filialen von „Werner's Metzgerei“ haben im vergangenen Jahr fünf vietnamesische Azubis ihre Ausbildung begonnen, weitere zwei Auszubildende arbeiten im Schlachthof in Bad Honnef. Auch in diesem Jahr sollen wieder sieben junge Vietnamesen und Vietnamesinnen ihre Ausbildung beginnen. „Es ist eine Erfolgsgeschichte“, sagt Maria Hahn-Kranefeld, die die Idee mit den vietnamesischen Auszubildenden an ihren Chef Klaus Werner herantrug. Inspiration holte sie sich in Süddeutschland. „In Bayern werden junge Vietnamesen schon seit Jahren im Metzgerhandwerk ausgebildet, in Baden-Württemberg kommen viele Azubis aus Indien“, so Hahn-Kranefeld.
Auch in Köln leiden Betriebe unter den sinkenden Anmeldungen zum Metzger oder zum Fleischereifachverkäufer. „Werner's Metzgerei“, seit 1962 ein Familienbetrieb, hat rund 80 Mitarbeitende. „Wir hatten in unserem ganzen Unternehmen nur noch einen Auszubildenden, das ist der Größe des Unternehmens nicht angemessen“, sagt Maria Hahn-Kranefeld, die im vergangenen Jahr den Kontakt zu einer Vermittleragentur herstellte. Diese organisiert für die Vietnamesen die Visa-Formalitäten, den Flug und auch die Unterkunft in Köln. Kosten entstehen für den Betrieb mit Sitz in Bad Honnef nicht, er zahlt dafür monatlich einen Zuschuss für die Unterbringung der Azubis.
Deutsch-Sprachkurs auf dem Niveau B1
Schon im Heimatland absolvieren die vietnamesischen Azubis einen Deutsch-Sprachkurs - allerdings nur auf dem Niveau B1, der die Basisgrammatik und Alltagsvokabular abdeckt. „Wir haben noch einen zusätzlichen Sprachkurs für unsere Azubis organisiert“, sagt Hahn-Kranefeld. Von den sieben Auszubildenden bei „Werner's Metzgerei“ sei keiner in der Zwischenzeit abgesprungen. „Sie sind fleißig, pünktlich und freundlich“, sagt Maria Hahn-Kranefeld über ihre Auszubildenden, die im ersten Lehrjahr rund 1000 Euro brutto verdienen.
Auch auf das Team habe sich die junge Verstärkung aus Vietnam, die zwischen 19 und 24 Jahre alt ist, positiv ausgewirkt: Es gebe viel privates Engagement der Belegschaft, eine Waschmaschine wurde organisiert, ein Filialleiter stellte sogar ein Gästezimmer. „Es wird sich um die jungen Menschen gekümmert“, so Hahn-Kranefeld.

Maria Hahn-Kranefeld (r.) mit Thi Tram Anh Nguyen, die vor zwei Wochen nach Deutschland gekommen ist.
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Im gesamten Kammerbezirk der Handwerkskammer Köln gibt es derzeit 86 Auszubildende mit vietnamesischer Herkunft. In Köln sind es aktuell 20 Vietnamesinnen und Vietnamesen, davon alleine 16 in der Ausbildung zum Fachverkäufer oder zur Fachverkäuferin - entweder in einer Fleischerei oder einer Bäckerei. Auch bei der Metzgerei Friedrichs, die zwei Filialen in Sülz und in Rodenkirchen besitzt, hat kürzlich eine 20 Jahre alte Vietnamesin ihre Ausbildung begonnen. Nach Köln und in die Ausbildung zur „Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk mit dem Schwerpunkt Fleischerei“ kam sie aus einer schwierigen Situation. „Sie war vorher in einer Bäckerei in Göttingen, in der sie schlecht behandelt wurde“, berichtet Geschäftsführer Sebastian Friedrichs. Auch in diesem Familienbetrieb bemüht man sich um die Sprachkenntnisse der neuen Azubine. „Sie lernt viel im Alltagsgeschäft, wir sprechen konsequent Deutsch mit ihr“, erklärt Friedrichs. „Wir sind aber gerade noch auf der Suche nach einem geeigneten Sprachkurs für sie.“
Es scheint ein gewinnbringendes Modell für beide Seiten zu sein: Die deutsche Wirtschaft gewinnt motivierte Auszubildende, die wiederum eine Beschäftigungsperspektive erhalten, da ihr Heimatland Vietnam über eine hohe Arbeitslosenquote verfügt. Es gibt aber auch Schattenseiten: Eine Studie der Freien Universität Berlin aus dem vergangenen Jahr beleuchtet die zum Teil prekären Arbeitsbedingungen, Wohnverhältnisse und unseriöse Agenturen, die die Auszubildenden nach Deutschland bringen. Zuletzt gab es auch bei „Werner's Metzgerei“ Schwierigkeiten: Von sieben Azubis aus Vietnam, die in diesem Herbst ihre Ausbildung in der Metzgerei starten sollten, sind bisher nur zwei in Köln angekommen. „Es gibt Probleme mit dem Visum“, sagt Maria Hahn-Kranefeld.
Die Arbeit ist kreativ, es wird gekocht, es wird toll angerichtet.
Trotz solcher Schwierigkeiten, sagt Renate Sobek, Geschäftsführerin der Fleischerinnung Köln, sehe man die Unterstützung von Auszubildenden aus Südostasien positiv. Seit einigen Jahren versuche man das Metzgerhandwerk wieder attraktiver zu machen. „Die Arbeit ist kreativ, es wird gekocht, es wird toll angerichtet“, sagt Renate Sobek. Dennoch fällt eine ganze Gruppe von Absolventen weg: Muslime möchten oft aus religiösen Gründen nicht in deutschen Metzgereien arbeiten, weil dort Schweinefleisch verarbeitet wird. Auch die Auszubildenden zum Metzger aus Indien, die aktuell im dritten Lehrjahr in Köln sind, müssen für ihre Abschlussprüfung ein Rind zerlegen, berichtet Sobek. „Sie arrangieren sich damit. Kühe in Deutschland sind für sie nicht heilig.“