Anatolisch-deutscher Rock, ein Kölner Reagge-Weltstar und vier Frauen, die den Punk erobern - der Holger Czukay Preis zeichnet Musikschaffende aus.
Holger-Czukay-Preis 2025„Das ist auch unsere Heimat und wir gehören hier her“

Ata Canani freut sich sichtlich über den Hauptpreis des Holger Czukay Preis für Popmusik der Stadt Köln im Mülheimer Kulturbunker
Copyright: Elena Kugelmeier
„Das ist auch unsere Heimat und wir gehören hier hin“, sagt Ozan Ata Canani. Er steht mit Band und Bağlama auf der Bühne, das türkische Saiteninstrument begleitet ihn bereist seit frühster Kindheit. Vor ihm das Publikum des diesjährigen Holger Czukay-Preis für Popmusik der Stadt Köln im Mülheimer Kulturbunker. Canani hat den Hauptpreis gewonnen und füllt zum Dank den Raum mit anatolischen Rockklängen und seiner warmen Stimme, die von harten Zeiten erzählt. In seinem Lied „Deutsche Freunde“ besingt er die Lebensrealität der ersten Gastarbeiter-Generation in Deutschland: Mit Zeilen wie „Arbeitskräfte wurden gerufen und Menschen sind gekommen“ richtet er seine anatolischen Rockklänge an die deutschen Politiker, denen er vorwirft, Gastarbeiter wie Maschinen zu behandeln.
Canani ist einer der Kinder dieser ersten Generation von türkischen Gastarbeitern, die Deutschland Anfang der 60er-Jahre anwarb. „Und die Kinder dieser Menschen sind geteilt in zwei Welten. Ich bin Ata und frage euch, wo wir jetzt hingehören“, singt Canani. Canani erzählt über Chancenungleichheit. Auf der Preisverleihung erzählt er von Rassismus, fehlender Chancengleichheit und appelliert an die Menschlichkeit.
Ich fühle mich geehrt und ich widme diesen Preis der ersten Gastarbeiter-Generation, ohne euch wäre Deutschland nicht, was es ist und ihr musstet einiges runterschlucken
Denn dass der Lebensweg und vor allem die Karriere des Kölner Musikers nicht ohne Herausforderungen verlief, erzählt Laudatiosprecher Sebastian Reier-Roelly: „Deine Lieder geben denen eine Stimme, die sich manchmal wirklich noch fragen, wo sie ihre Zugehörigkeit finden. Nur wollte das damals niemand hören. Türkische Musik auf Deutsch hatte keine Lobby.“ Dass er an dem heutigen Tag die Urkunde für den mit 15.000 Euro dotierten Preis erhält, rührt Canani sichtlich: „Ich fühle mich geehrt und ich widme diesen Preis der ersten Gastarbeiter-Generation, ohne euch wäre Deutschland nicht, was es ist und ihr musstet einiges runterschlucken.“ 2021 kam sein erstes Debütalbum, dieses Jahr folgte das zweite Album „Die Demokratie“.

The Red Flags nehmen den Zukunftspreis des Holger Czukay Preis für Popmusik der Stadt Köln im Mülheimer Kulturbunker entgegen.
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Insgesamt drei Preise werden an diesem Montagabend verliehen. Die Preise wurden von einer unabhängigen Fachjury unter Vorsitz des Beigeordneten für Kunst und Kultur der Stadt Köln, Stefan Charles, ausgewählt. Den Zukunftspreis gewinnt die Kölner alternative Punkrock-Band The Red Flags. Die vier jungen Frauen kennen sich aus der Schule und machen seit drei Jahren gemeinsam Musik.Simone Sohn von 1Live hält die Lobesrede auf die Band: „Diese Kompromisslosigkeit im Sound, der Mut und die sich auf der Platte durchziehenden Haltung zu Themen wie Feminismus, Kapitalismus und sozialer Ungerechtigkeit, machen die vier würdig für den Zukunftspreis.“ Ihr Debütalbum „Self-Centred And Delusional“ erschien im Mai diesen Jahres. Neben den Urkunden erhält die Band 2.500 Euro Preisgeld.
Ehrenpreis geht an Kölner Reggae-Star
Heute kann der internationale Reggae-Star Tilmann Otto alias Gentleman über vernichtende Rezensionnu rlachen. Denn nachdem der Stern ihn damals als „Rhein, der versucht die Karibik zu sein“ betitelte ging die Karriere steil bergauf. Bereits sein zweites Studioalbum nimmt er in den Bob-Marley-Studios im jamaikanischen Kingston auf - und landet damit auf Platz 19 der Charts.
Heute kennt man den Kölner weit über die Grenzen des Rheinlands - und der Karibik - hinaus. Summerjam-Chef Marius Brozi erinnert sich noch an eine der ersten Ausgaben des international bekannten Reggae-Festivals und an Gentleman, der laut Brozi mit seiner Musik bereits damals die Massen anzog: „Du hast meinen Weg geebnet und ich habe meinen Erfolg auch dir zu verdanken.“
Dass Gentleman auch für die neue Generation von Bedeutung ist, zeigt die 25-Jahre alte Singer Songwriterin Milanda Charone: „Ich erinnere mich noch an den Song „It No Pretty“ auf Viva, ich war noch klein, mein Englisch war schlecht, aber ich habe etwas gefühlt.“ Charone durfte bereits drei Support Acts für den Ehrenpreisträger des Holger Czukay-Preis für Popmusik spielen. Gentleman selber dankt in seiner Rede nicht nur Familie und Frau, sondern auch seiner Heimatstadt Köln: „Es ist ein absolutes Geschenk, in dieser lebhaften und vibrierenden Stadt groß geworden zu sein.“ Auch Otto richtet klare Worte an den demokratischen Zusammenhalt der Gesellschaft: „Ich möchte, dass wir uns wieder mehr zuhören und Musik als verbindendes Element macht mir Hoffnung.“
