Wo früher Kinder Harry Potter entdeckten, sollen ab 2028 fast 1000 Gesamtschüler lernen. Das Odysseum in Kalk wird für 150 Millionen Euro zur Schule umgebaut. Ein Baustellenbesuch
Von Harry Potter zur BildungWie sich das Odysseum in Köln zur Schule wandelt

Abrissarbeiten der Austrian Real Estate und Hemsö
Copyright: Are/Hemsö/Chris Rausch
Wo früher Action-Helden standen und Kinder im Odysseum unter anderem die Welt von Harry Potter entdecken konnten, sollen in weniger als drei Jahren fast 1000 Gesamtschüler ihre neue Schule nutzen können. Die Rundschau blickte hinter die Kulissen beim Bauprojekt an der Straße des 17. Juni in Kalk.
Warum ausgerechnet die Veranstaltungshalle Odysseum sich als Schule eignet, erklärt der Geschäftsführer der Hemsö Deutschland Gmbh, Jens Nagel: „Die Idee kam von Herrn Waschk, dem Eigentümer und Betreiber vom Odysseum. Er hat schlichtweg mitgekriegt, was hier in der Politik abläuft, zum Beispiel Demonstrationen vorm Rathaus wegen des Mangels an Schulplätzen.

Ein exklusiver Rundgang für die Rundschau beim Umbauprojekt des Odysseums zur Gesamtschule Kalk.
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Dann hat er sich gesagt: Eigentlich eignet sich doch dieser Standort gut für eine Schule und ist vor allen Dingen planungsrechtlich dafür auch prinzipiell zulässig. Das ist das große Problem in Köln: Es gibt einen Riesenbedarf an Schulen, aber es gibt so gut wie keine Grundstücke, die heute schon nach öffentlichem Baurecht diese Nutzung überhaupt zulassen.“
Österreich und Schweden bauen in Köln eine Schule
Das Kuriose dabei ist, dass praktisch Österreich und Schweden in Köln eine Schule bauen. Denn der Zusammenschluss aus Austrian Real Estate (ARE) und Hemsö ist im Grunde ein sogenanntes Joint Venture aus den Immobiliengesellschaften der beiden Länder. Gerald Beck, Geschäftsführer der ARE, ordnet ein: „Aber der ursprüngliche Eigentümer ist kein klassischer Bauherr und Vermieter eines Schulgebäudes und eines Projektes mit einem Volumen jenseits von 150 Millionen Euro. Also hat er Kontakt zu uns und zu Hemsö aufgenommen.“

Die Verantwortlichen Gerald Beck und Jens Nagel (r.) beim Baustellenrundgang.
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Weiter erklärt Beck: „Wir haben beide einen ähnlichen Hintergrund, wir gehören dem österreichischen und dem schwedischen Staat und haben eine sehr große Expertise mit dem Bau und der Verwaltung und Vermietung von Schulen. Über unsere Muttergesellschaft, die Bundesimmobiliengesellschaft Österreich, haben wir über 400 Schulen in unserem Eigentum, rund drei Millionen Quadratmeter. Und da ist natürlich ein reichhaltiger Erfahrungsschatz, den wir hier einbringen konnten.“
Dennoch ist es das erste Projekt von ARE in Deutschland. Hemsö ist Eigentümerin und Vermieterin von derzeit knapp 160 Bildungseinrichtungen, weitere befinden sich derzeit in Finnland und Schweden im Bau, ebenso wie in Deutschland. Das Projekt für in Kalk beschreibt er jedoch als das finanziell größte und baulich komplexeste.
Das halbe Gebäude bleibt bestehen
Das liegt vor allem daran, dass nicht das ganze Odysseum-Gebäude abgerissen wird. Rund 50 Prozent bleiben laut Generalunternehmer Goldbeck, der die Bauarbeiten ausführt, stehen. Allerdings sind diese kaum zu sehen, weil sie sich unter der Erde befinden. Das gesamte Kellergeschoss mit der Tiefgarage bleibt erhalten, ebenso wie ein Teil der großen Rundmauer aus Stahlbeton und einer der Gebäudetrakte.

Austrian Real Estate und Hemsö bauen als Joint Venture das Odysseumsgebäude in eine Schule um.
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Damit jedoch auf der Tiefgarage eine neue, vierstöckige Schule entstehen kann, muss der Grund verstärkt werden. Das geschieht mit einer kompakten Baumaschine auch auf engem Raum. Eine Lanze wird durch im Verhältnis kleine Löcher in der Bodenplatte geführt. Sie rotiert und bringt gleichzeitig ein Gemisch aus Zement und Wasser in das Erdreich ein. So entsteht eine vier Meter hohe Säule aus Beton-ähnlicher Struktur. Insgesamt wird die Bodenplatte so an 204 Punkten verstärkt.
Die Decke der Tiefgarage wird derzeit mit einer Reihe an Stahlstützen gestützt, weil oben die schweren Bagger die bisherigen Gebäudeteile abreißen. Um die Bodenplatte auch von oben zu schützen, lagert auf der Baustelle eine große Anzahl Strohballen. Sie werden genutzt, um Wand- und Deckenteile abzufangen.
36 Klassenräume für 960 Schüler
Neben 600 Fahrradstellplätzen, die später von den Schülerinnen und Schülern in der Garage genutzt werden sollen, bleiben auch 25 Pkw-Stellplätze erhalten. Zudem wird die Anlieferung von Utensilien wie Toilettenpapier oder für die geplante Mensa über die Tiefgarage erfolgen. Insgesamt sollen 36 Klassenräume im Cluster-System für 960 Schüler der Gesamtschule Kalk entstehen. Zudem ein Verwaltungstrakt für die rund 100 Lehrer, eine Mensa, mehrere Schulhöfe und eine Turnhalle im Untergeschoss mit darüberliegender Freispielfläche. Der Zeitplan sieht einen Abschluss der Rückbauarbeiten bereits Anfang 2026 vor, der Rohbau für die Schule soll bereits im Herbst nächsten Jahres stehen. Die Übergabe des fertigen Komplexes ist für Juni 2028 geplant, die Rundschau berichtete. Der Start soll zum Schuljahr 2028/29 erfolgen.
Bei der Gesamtschule Kalk sind ARE und Hemsö künftig Vermieter und zugleich Dienstleister. Jens Nagel erklärt: „Bei diesem Projekt ist es so, dass die Stadt Köln nach Übergabe nur den pädagogischen Betrieb macht. Die gesamte Hausreinigung, die gesamte Wartung, alles, was mit Technik zu tun hat, verbleibt im Prinzip beim Vermieter. Was aus Sicht der Stadt meiner Meinung nach auch plausibel ist. Die Stadt macht, was sie kann: den Lehrbetrieb. Bei uns verbleibt das, was unser täglich Brot ist, nämlich die Verwaltung, die Bewirtschaftung und die technische Betriebsführung.“ Gerald Beck schildert: „Wir haben in Österreich die Erfahrung gemacht, dass wir durch dieses Mietmodell die Qualität unserer Schulgebäude extrem hochhalten können. Weil wir laufend instandhalten und Sanierungen selbst aus eigenem Antrieb vornehmen, weil wir den Wert unserer eigenen Immobilie möglichst gut erhalten wollen.“

