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Kinderkrankenhaus Amsterdamer StraßeZufriedenere Eltern seit Eröffnung des Neubaus

Lesezeit 3 Minuten

Die kleine Lucy kam einige Wochen zu früh und wird im neuen F-Trakt in der Kinderklinik Amsterdamer Straße versorgt.

Was sich im Kinderkrankenhaus seit ein paar Monaten verändert hat - und was sich noch verändern wird.

Als das Kinderkrankenhaus an der Amsterdamer Straße vor mehr als 60 Jahren geplant und gebaut wurde, war der Umgang mit Säuglingen noch ein anderer. Viel Platz brauchten die Babys in den aneinandergereihten Betten damals nicht. Vorgesehen waren zwei Stunden Besuchszeit für die Eltern - pro Woche. Man glaubte, wenn ein Kleinkind seine Eltern jeden Tag sähe, würde es abends immer wieder Schmerzen haben. Also sei es besser, sie nicht zu sehen und sie stattdessen immer wieder neu kennenzulernen.

Heute wird das Gegenteil gelebt: Eltern wollen rund um die Uhr bei ihrem Kind sein, Bonding, also der Haut-zu-Haut-Kontakt, wird von Wissenschaftlern gerade bei Frühgeborenen empfohlen, und das Stillen unterstützt. Baulich hat sich die Kinderklinik nach fast sechsjähriger Bauphase nun endlich angepasst: Statt engen Mehrbettzimmern gibt es nun geräumige Doppelzimmer.

Bequeme Sessel, die zu Betten umfunktioniert werden können, ersetzen Klappstühle. Oft ist es sogar möglich, dass Mutter und Vater gemeinsam ein Familienzimmer mit ihrem kranken Kind beziehen können. Angeschlossen ist ein Bad. „Früher brauchte es keine Nasszellen auf der Station, heute hat die Unterbringung einen mittleren Hotelcharakter“, sagt Prof. Dr. Michael Weiß, Ärztlicher Direktor im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße.

Hohe Zufriedenheit bei den Eltern

Seit September ist der Neubau für kleine Patientinnen und Patienten geöffnet, der sogenannte F-Trakt, mit der Station F2 für Frühgeborene, F3 für Säuglinge und F4 für chirurgische Fälle. Gerade bei den Frühgeborenen, sagt Dr. Marc Hoppenz, Leiter des Perinatalzentrums, verbringen Familien viel Zeit in der Klinik, oft wochen-, manchmal monatelang. „Dass die Eltern jetzt ganz bequem im selben Zimmer übernachten können, ist von ganz großem Wert.“ Der erwartete Effekt sei noch beeindruckender gewesen, als er erwartet hatte: „Die Eltern sind zufriedener, sie schlafen besser und sie sind entspannter“, so Hoppenz.

Das wiederum wirke sich auch positiv auf die Arbeit der Pflege aus, sagt Oberarzt Dr. Philip Repges. „Wenn die Kinder schwere, angeborene Fehlbildungen haben, und die Eltern zu Hause auch die Versorgung übernehmen müssen, gehen sie jetzt sehr viel sicherer nach Hause.“ Auch eine Stillberaterin und zwei Psychologinnen stehen den Eltern bei Problemen zur Seite. 

Stolz auf den neuen F-Trakt: (v.l.) Dr. Tobias Klein, Prof. Thomas Boemers, Dr. Philip Repges, Prof. Michael Weiß und Dr. Marc Hoppenz.

Aus medizinischer und pflegerischer Sicht hat der Neubau ebenfalls den Vorteil, dass die Wege kürzer werden. Die Intensivstation ist nur wenige Türen entfernt, nicht mehr mehrere Stockwerke. Hier werden auch schwerstbrandverletzte Kinder und Jugendliche versorgt, aktuell zwei Jungen aus der Ukraine. Denn dort gibt es einen gefährlichen Trend, berichten die Mediziner: Als Mutprobe, die in sozialen Netzwerken geteilt werden, klettern sie auf Eisenbahnwaggons. „Die Verletzungen stammen von dem Strom aus Hochspannungsleitungen“, sagt Hoppenz. „90 Prozent der Körperoberfläche sind verbrannt.“ Die erfolgreiche Behandlung hat unter Medizinerinnen und Medizinern weltweit für Aufsehen gesorgt.

Auf jeder Visite denke ich mir: Jetzt sind wir in einem richtigen Krankenhaus.
Prof. Dr. Dr. Thomas Boemers, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie und Kinderurologie

„Auf jeder Visite denke ich mir: Jetzt sind wir in einem richtigen Krankenhaus“, sagt Prof. Dr. Dr. Thomas Boemers, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie und Kinderurologie über den F-Trakt. Die Baukosten von rund 30 Millionen Euro finanzierte vor allem die Stadt, sowie die private Dieter Morszeck Stiftung, die 8,5 Millionen Euro für den Neubau spendete. Der Förderverein des Kinderkrankenhauses übernahm die Kosten für den neuen Spielplatz im Innenhof von mehr als 250.000 Euro.

Auch wenn in einigen Jahren nun der Bau einer neuen Kinderklinik am Campus in Merheim beginnen soll, gelohnt habe sich der Umbau dennoch. „Hunderte von Eltern, Tausende von Patienten profitieren bereits jetzt von unserem Neubau“, so Weiß. „Wir werden ihn nicht rüber beamen können, aber die Bauerfahrungen hier werden uns auch ganz wesentlich in der Planung für drüben helfen.“ Laut Plänen soll ein sechsgeschossiges Kinderkrankenhaus entstehen, in dem dann auch die Geburtsstation sein soll. Die neue Klinik solle sich optisch von den anderen Gebäuden abheben, entweder begrünt oder bunt gestrichen, sagt Prof. Weiß. Vielleicht könne man es sogar „Amsterdamer Straße 2“ nennen.