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Kölner Galopp während Corona-PandemieJockeys tragen Maske bei Geisterrennen

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KR Galopp Köln

Wie bei einem hier zu sehenden Rennen 2019 läuft es in Weidenpesch nun nicht ab: Geisterrennen ohne Zuschauer und Maskenpflicht für Jockeys sind während der Corona-Pandemie an der Tagesordnung.

Köln – „Das Renngefühl fehlt“, sagt Camille Mocellin. Besucher, die vorm Wettbüro Schlange stehen, Zuschauer, die anfeuern, Spannung in der Luft. Stattdessen: leere Tribünen, das Restaurant geschlossen, die Kassen zu. Der erste Renntag auf der Galopprennbahn Weidenpesch unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Wer hier ist, arbeitet. So wie Camille, die eben mitgeholfen hat, den Debütanten Cincinatti in sein erstes Rennen zu schicken. „Wenn ein Pferd zum ersten Mal läuft, hat man schon mal gerne ein paar Leute mehr dabei, um es zu händeln.“ Jetzt hat sie sich auf den Betonstufen vor den Tribünen niedergelassen und verfolgt gespannt das Rennen. „Toll, dass das überhaupt wieder möglich ist“, meint sie. Aber es sei ein Tag voller Unsicherheit: „Hoffentlich verläuft alles reibungslos.“

Das hofft auch Philipp Hein, Geschäftsführer des Renn-Vereins. Vor dem ersten Rennen um 14 Uhr ist er sichtlich nervös. „Können wir in den Schatten gehen? Es wird ein langer Tag“, sagt er und erklärt, warum Pferde und Reiter überhaupt hier sein dürfen: Die Rennen dienen als Zuchtleistungsprüfungen für die Vollblutzucht. Wer für deren Durchführung notwendig ist, bekommt eine Ausnahme vom Betretungsverbot.

Jockeys tragen Masken auf dem Pferd

Und er muss immer Maske tragen. Selbst auf dem Pferd. Und sogar im Rennen. Jockeys kennen das zwar aus dem Winter, wenn sie vor dem Gesicht einen Schutz vor Sand von der Bahn tragen. Aber jetzt, bei strahlendem Sonnenschein, findet der neunfache deutsche Meister Andrasch Starke die Maske, vorsichtig ausgedrückt, „unpassend“. Gerade hat er mit Dicaprio das vierte Rennen gewonnen, sein schwarzes Halstuch hängt lose über der Nase. „In den Supermarkt darf man nur mit Einkaufswagen, hier sitzen wir auf dem Pferd und haben dadurch unseren Abstand.“ Trotzdem, „ist doch schön, dass wir hier sind“. Wichtig sei vor allem, dass die Pferde wieder rennen dürften: „Die wollen laufen!“

Henk Grewe, der Trainer von Dicaprio, ist nicht so fröhlich gestimmt. „Schon eine traurige Veranstaltung hier.“ Na ja, traurig vielleicht nicht, schließlich hat sein Pferd gerade gewonnen, aber „es macht einen schon demütig“. Inwiefern? „Mit sowas hat ja keiner gerechnet“, sagt er und schaut die wenigen maskierten Gestalten um ihn herum an. „Wir merken jetzt, was wirklich wichtig ist.“ Er glaube, wir seien nicht gut mit unserem Planeten umgegangen. „Ich hoffe, das weckt einige Leute auf.“

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Aber die Galopprennen könnten ohne Bedenken durchgeführt werden, „die Infektionsgefahr ist absolut gering.“ Platz ist genug auf dem Gelände in Weidenpesch. Für Abstand sorgen verschiedene Vorkehrungen: Am Zaun zum Geläuf weisen Schilder mit Nummern den Pferdeführern ihren Platz zu, an dem sie auf ihr Pferd warten dürfen. Wenn sich jemand dazustellt, wird er sofort zum Gehen aufgefordert. Auf der Haupttribüne sitzen die Trainer der Pferde, die gerade im Rennen laufen, in Einzelabteilen. Das Hippodrom und alle anderen Restaurationen haben geschlossen. Und die Wettkassen sind zu.

Ach ja, das Wetten. Möglich ist es natürlich trotzdem, aber nur online. Ein Umstand, der Geschäftsführer Philipp Hein Sorge bereitet. Denn die Einnahmen aus dem Wettgeschäft sind fester Bestandteil der Finanzierung des Rennbetriebes. Und ein Großteil der Wetten wird normalerweise direkt an der Rennbahn abgeschlossen. Bis zu 15.000 Zuschauer kommen sonst zu den Renntagen. 60 Prozent der Wetteinnahmen werden in Weidenpesch erzielt, der Rest online. „Dementsprechend schwer fällt es, so einen Tag ohne Zuschauer durchzuführen“, sagt Hein.

Zumal die auch noch einiges an Eintrittsgeldern bringen. Ostermontag, wenn traditionellerweise die Saison beginnt, sind es schon mal 90 000 Euro. Zwei Renntage fallen für den Renn-Verein durch die Corona-Schließung jetzt schon komplett weg. Trotzdem, im Laufe des Tages wird Hein entspannter. Alles läuft, „sowohl sportlich als auch organisatorisch“, und ein Blick auf sein Smartphone zeigt ihm, dass die Wetteinnahmen „gar nicht so schlecht sind “. Verfolgen können die ihre Favoriten im Live-Stream des Renn-Vereins.

Für Camille Mocellin wäre der Renntag ein Erfolg, wenn „alles so reibungslos läuft, dass wir in ein paar Wochen mit begrenzter Zuschauerzahl weitermachen dürfen.“ Das hofft sie sicher nicht allein.

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