Wie schlimm die Situation wirklich ist, wurde erst am Dienstag deutlich, als Kämmerin Dörte Diemert eine Haushaltssperre bis Ende des Jahres verhängte.
HaushaltskriseErhöht die Stadt Köln jetzt Steuern und Gebühren?

Das Kölner Rathaus.
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Dass die Finanzsituation der Stadt Köln dramatisch ist, hat Kämmerin Dörte Diemert immer wieder betont. Wie schlimm es wirklich ist, wurde erst am Dienstag deutlich, als sie eine Haushaltssperre bis 31. Dezember 2025 verhängte. Demnach darf die Stadt nur noch Ausgaben tätigen, „die rechtlich verpflichtend oder unbedingt notwendig sind“. Grund: Das bisher mit 399,3 Millionen Euro veranschlagte Defizit für 2025 steigt um 46 Prozent auf 581,8 Millionen Euro.
Damit ist der im Februar beschlossene Doppelhaushalt 2025/26 (siehe Grafik) in Teilen Makulatur. Die Ausgaben steigen, während die Erträge sinken. Weil die Wirtschaft schwächelt, nimmt die Stadt dieses Jahr 78,8 Millionen Euro weniger Gewerbesteuer ein als geplant. Die Grundsteuer liegt 5,3 Millionen Euro unter Plan. Hilfen für junge Menschen und ihre Familien kosten die Stadt jetzt 413,0 Millionen Euro – 62,8 Millionen mehr als im Haushalt veranschlagt. Leistungen nach Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe) steigen um 21,5 Millionen Euro.
Haushaltskrise in Köln: Förderprogramme vor dem Aus
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Klar ist: Die Stadt muss kräftig sparen. Kostspielige Projekte wie die Opernsanierung oder die Rettung der städtischen Kliniken belasten den Etat zusätzlich zu steigenden Sozialausgaben. Unklar ist, ob Vereine und Initiativen künftig noch auf die Gelder zählen können, die ihnen der Rat im Doppelhaushalt 2025/2026 zugesprochen hat. Zu der Frage, ob hier bereits 2026 gekürzt oder ganz gestrichen wird, sagte eine Stadtsprecherin: „Über das weitere Vorgehen in 2026 wird im Dezember in Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung der Finanzsituation entschieden.“ Man werde die Situation der Vereine und Initiativen dabei im Blick behalten. „Auch in der Vergangenheit hat die Stadt alles daran gesetzt, bewährte und nachhaltig benötigte Strukturen in diesem Bereich zu erhalten.“ Ziel aller Maßnahmen sei es, „ein Haushaltssicherungskonzept und damit verbundene weitergehende Einschränkungen zu vermeiden“.

Der Doppelhaushalt
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Städtische Förderprogramme stehen vor dem Aus. Wie aus dem Rathaus zu hören ist, droht etwa die Bezuschussung von Photovoltaikanlagen kurzfristig eingestellt zu werden. Sparen könnte die Stadt zudem, indem sie geplante Bauprojekte wie die Errichtung von zwei neuen Fahrradbrücken über den Rhein aufschiebt. Abgesehen vom Verkauf von Tafelsilber wäre eine Erhöhung von Steuern, Abgaben und Gebühren der schnellste Weg, um die Einnahmesituation zu verbessern. Wichtige Einnahmequellen der Stadt sind die Gewerbesteuer und die Grundsteuer. Im Wahlkampf hat sich Oberbürgermeister Torsten Burmester (SPD) dagegen ausgesprochen, sie zu erhöhen, weil das der Wirtschaft schade und Mieten verteuere. Die Frage ist, ob er dieser Linie angesichts der akuten Haushaltsnot treu bleiben kann und wie der Stadtrat die Krise meistern will.
„Schmerzhaft, aber notwendig“
Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin erklärte: „Die Haushaltssperre ist ein schmerzhafter, aber notwendiger Schritt, um die finanzielle Handlungsfähigkeit unserer Stadt zu sichern. Wir unterstützen, dass die Stadt Köln verantwortungsvoll reagiert und gegensteuert. Gerade jetzt gilt es, Ausgaben mit Augenmaß zu priorisieren – soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Zukunftsinvestitionen dürfen dabei aber nicht gegeneinander ausgespielt werden.“
CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sagte: „Bund und Land müssen jetzt zügig handeln, damit keine wertvollen Strukturen vor Ort verloren gehen. Die Verwaltung bleibt bis dahin aufgefordert, erforderliche Einsparungen mit Augenmaß und unter Berücksichtigung des Erhalts von bestehenden Strukturen vorzunehmen.“ SPD-Fraktionschef Christian Joisten betonte: „Jetzt gilt es, zügig einen Konsens zu finden, um die städtischen Finanzen wieder in Ordnung zu bringen. Wir werden dabei besonders darauf achten, den sozialen Zusammenhalt in Köln zu sichern. Dabei sehen wir auch Bund und Land in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten.“
FDP-Finanzexperte Ulrich Breite sagte: „Wir haben kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Darum sind Steuer- und Gebührenerhöhungen der falsche Ansatz und belasten nur noch mehr die Steuerzahler und Unternehmen. Wir müssen uns tabulos die Gründe der Ausgabenlawine ansehen und gegensteuern. Ohne Ausgabenkritik und -kürzungen wird es nicht gehen.“ Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen unterstrich: „Langfristig braucht es angemessene Ausgleichszahlungen aus Berlin sowie eine andere Herangehensweise an die kommunale Haushaltsplanung in Köln. Volt fordert ein Zero-Based-Budgeting, wie es bereits in Wiesbaden erprobt wird.“ Dabei wird der Etat nicht anhand des Vorjahresbudgets geplant, sondern jedes Jahr von Grund auf neu.

