Das Kölnische Stadtmuseum ist von Papierfischchen befallen. Die kleinen Insekten sind eine Gefahr für Bücher, Fotos und Dokumente.
Gefahr für BücherSchädlinge in Kölner Stadtmuseum entdeckt

Ein Papierfischchen (Ctenolepisma longicaudatum) sitzt auf einem Stück Papier.
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Im Stadtmuseum an der Kölner Minoritenstraße haben ungebetene Gäste Einzug gehalten. Und wie es aussieht, wird die Stadt Köln sie so schnell nicht wieder loswerden. Das ist nicht unproblematisch, denn die winzigen Tierchen stellen für die Museumsbestände eine Bedrohung dar.
Die Rede ist vom sogenannten Papierfischchen – einem nachtaktiven Insekt der Art „Ctenolepisma longicaudatum“. Es hat Schuppen, Borsten und lange Fühler, wird rund 11 bis 15 Millimeter groß und ernährt sich, wie der Name schon sagt, vor allem von Papier, genauer gesagt von der darin enthaltenen Cellulose.
Papierfischchen sind Verwandte der heimischen Silberfischchen. Im Gegensatz zu diesen mögen sie eine trockene Umgebung und können sich daher in Papier- und Kartonlagern, in Archiven und Bibliotheken, aber auch in Wohnungen optimal vermehren. Lässt man die lichtscheuen Gesellen gewähren, gehen sie munter ihrem zerstörerischen Werk nach und fressen sich durch Bücher, Dokumente oder Fotos. Auch Tapeten werden angeknabbert.
Papierfischchen erstmals 2007 in Deutschland gesichtet
Seit einigen Jahrzehnten breiten sich die Krabbeltierchen in Europa aus. In Deutschland wurden sie erstmals 2007 in Hamburg nachgewiesen, auch in Köln sind sie inzwischen heimisch. Kaum hatte das Kölnische Stadtmuseum im Frühjahr 2024 das frühere Modehaus Sauer an der Minoritenstraße als Interimsquartier bezogen, wurden dort auch schon die ersten Papierfischchen gesichtet.
„Auch als Folge der durchlässigen Hausarchitektur und der immer wieder notwendigen kurzfristigen Aus- und Umlagerungen von Objekten“ habe man einen Schädlingsbefall feststellen müssen, räumt die Stadt ein. Die Schädlinge seien „bereits mess- und sichtbar in die Büroetagen vorgedrungen“. Maßnahmen zum Schutz der Dauerausstellung und zur Bekämpfung der Population seien unmittelbar eingeleitet worden.
Wie die Insekten ins Haus kamen, kann niemand genau sagen. Eine Stadtsprecherin erklärt auf Anfrage: „Wie die Silberfischchen können Papierfischchen auf unterschiedlichste Weise in ein Gebäude gelangen, die Quelle ist nicht belegbar. Die Schädlinge können in Kartonagen oder Seidenpapier ins Haus gekommen sein, jedoch auch produktions-/lagerungsbedingt durch Kopier-/Toilettenpapier und andere in Bürogebäuden übliche Papierprodukte.“ Im Depot des Stadtmuseums in Bocklemünd gebe es bislang aber keinen Befall mit Papierfischchen.
Mit Klebefallen gegen Papierfischchen
Um der unappetitlichen Besucher Herr zu werden, wird jetzt ein integriertes Schädlingsmanagement, kurz IPM (Integrated Pest Management) eingeführt. Das kostet rund 45.000 Euro. „Es ist eine Quarantänestraße erforderlich, die alle im Museum eingehenden Lieferungen sichert“, so die Stadt. Gegenstände für den Museumsshop „müssen durch die Quarantänestraße, damit nicht über Verpackungsmaterial Schädlinge vom Keller (Lager) in den Shop (Foyer) und von dort in die Dauerausstellung transportiert werden“.
Zur Lokalisierung und Eindämmung der Papierfischchen werden im Stadtmuseum bereits seit 2024 Klebefallen ausgelegt und einzelne Bodenbereiche und Übergänge mit speziellen Klebebändern markiert. „Gleichzeitig ist die Gebäudereinigung intensiviert worden“, erläutert die Stadtsprecherin. „Durch diese Maßnahmen wurde die Population bereits sehr deutlich reduziert und der Übertritt der Fischchen auf andere Bereiche verhindert.“ Die Museumsbestände seien nicht beschädigt worden.
Im Museum Ludwig wurden Papierfischchen laut Stadt bereits 2019 erstmals entdeckt. „Der Befall tritt flächendeckend im Museum, den Depots, Werkstätten und den Büros auf“, so die Sprecherin. Das Museum Ludwig habe sofort nach dem ersten festgestellten Befall ein umfassendes IPM-Programm initiiert – mit Reinigungsmaßnahmen, Befallskontrolle, Behandlung von befallenen Objekten und lokalem Einsatz von Giftgel. „Diese Maßnahmen werden ergänzt durch Schulungen für die Mitarbeitenden und Untersuchungen zur Befallsgefährdung bei Arbeitsmaterialien und effektiven Ködermethoden.“
Vollständiges Eliminieren des Schädlingsbefalls nicht möglich
Der Kampf gegen die Papierfischchen wird eine Daueraufgabe bleiben. Die Stadt betont: „Da sie im Dunklen aktiv sind und in Ritzen, Fugen, Lüftungen, Abflüssen, hinter Möbeln oder an der Wand stehenden Dingen leben, ist der Befall schwer einzuschätzen. Ein vollständiges Eliminieren des Befalls ist nicht realistisch, da hierzu ein extremer Aufwand betrieben werden müsste.“ Dazu gehörten Umbaumaßnahmen, Behandlung von allen Räumen bis in die Lüftungsschächte hinein, Behandlung aller Materialien und Objekte sowie die Einrichtung von Quarantäneschleusen.
Daher setze man darauf, den Befall zu kontrollieren und die Bestände zu schützen. „Diesem Auftrag wird das Museum Ludwig mit seinen umfangreichen IPM-Maßnahmen gerecht“, betont die Stadtsprecherin. „In den übrigen Museen sowie im Historischen Archiv und im Rheinischen Bildarchiv ist – wenn überhaupt – derzeit nur ein minimaler Befall zu erkennen.“ Damit das so bleibt, müssen die Gegenmaßnahmen auch in Zukunft konsequent durchgeführt werden.
Es heißt, dass Papierfischchen bereits seit mehr als 300 Millionen Jahren auf der Erde leben. Die kleinen Krabbler werden die Stadt also wohl noch eine ganze Weile auf Trab halten.
Genügsamer Schädling
1989 wurden Papierfischchen erstmals in den Niederlanden nachgewiesen. Seitdem breiten sich die Insekten in ganz Europa aus. Woher sie ursprünglich stammen, ist unbekannt. Die invasive Art ist äußerst genügsam. Sie kann bis zu 300 Tage ohne Nahrung auskommen. Natürliche Fressfeinde hat sie kaum.
In Deutschland beschäftigen die kleinen Krabbler seit rund zehn Jahren immer mehr Museen, Archive und Bibliotheken. Auch in Privathaushalten sind sie immer häufiger zu finden. Sie machen sich gerne über Bücher, Fotos und Dokumente her, aber immerhin stechen und beißen sie nicht und übertragen auch keine Krankheiten. Bekämpfen lassen sich Papierfischchen mit Klebefallen und Giftködern.