Schon Objekte wie die Ziffern der türkis-goldenen 4711-Reklame aus der Glockengasse hat die Werkstatt wieder zum Strahlen gebracht.
Mit glänzendem BlattgoldIn dieser Kölner Werkstatt bekommt Kunst neue handgemachte Rahmen

Rund 2600 verschiedene Leisten zur Fertigung für Rahmen stehen in der Werkstatt von Simone Osper und ihr Mann Thomas Paganini bereit.
Copyright: Thomas Banneyer
Wenn Thomas Paganini aus der Werkstatt kommt, klebt ihm manchmal ein Flocken Blattgold im Gesicht und zieht fragende Blicke auf sich. „Sie haben da was...“ - „Kommt mal vor“, sagt der 58-Jährige lachend, wischt den Glitzer von der Wange, der bei der Arbeit aus Versehen an ihm haften blieb und führt Besucher ins versteckt liegende Reich der Vergolder und Rahmenbauer.
Hinter der restaurierten Altbaufassade in der Kettengasse 3a verbirgt sich im Halbdunkel des Hinterhofs ein ganz besonderer Ort – verwunschen wie eine Kulisse für das Märchen von Rumpelstilzchen und der schönen Müllerstochter. In drei Etagen über dem repräsentativen Ladenlokal „Osper Paganini Einrahmungen“ wird allerdings kein Stroh zu Gold gesponnen, sondern hier werden Bilderrahmen mit traditionellen Techniken gefertigt, alte Rahmen restauriert, Teile veredelt.
Ein Gerhard Richter gehört zu den Starstücken
Wo in früheren Jahrhunderten schwere Ketten für Absperrungen bei Tumulten oder Staatsbesuchen lagerten, haben Inhaberin Simone Osper als ausgebildete Vergolderin und ihr Mann einen seit 1911 bestehenden Handwerksbetrieb übernommen und sich spezialisiert. Im Erdgeschoss des historischen Kettenhäuschens liegt das Geschäft mit Showroom und Beratung.
In der darüberliegenden Werkstatt wurden und werden nicht nur Einfassungen für Kunstschätze gebaut, sondern auch Objekte wie die Ziffern der türkis-goldenen 4711-Reklame aus der Glockengasse wieder zum Strahlen gebracht.
Die Porträts einiger Bürgermeister der Stadt Köln für die Rathaus-Galerie erhielten hier ihre prunkvollen Einrahmungen, zahlreiche Kunst-Sammler lassen ihre Objekte und sogar komplette Bestände betreuen. Zu den Starstücken gehören laut Paganini die Rahmung eines knapp acht Millionen Euro teuren Werks des Kölner Malers Gerhard Richter, eine Erstausgabe der Gutenbergbibel oder Exponate der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle.
Uralte Backsteinmauern und Holzbalken, mit Sägemehl bedeckte schiefe Stiegen, Regale voller Holzleisten, Schubladen mit Spezialwerkzeugen für das Vergolden: Beim Rundgang eröffnet sich Besuchern eine andere Welt. Pinsel zum Eintunken in die Netze liegen parat, eine Mischung aus destilliertem Wasser und Spiritus, mit dem die zu vergoldenden Stücke befeuchtet werden.
Die Achatsteine benötigen die Experten für das Polieren des acht bis zwölf Mikromillimeter dünnen Blattgolds auf Stuck oder tönernem Poliment als Untergrund auf dem Holz. In der zweiten Etage ist die Sägemaschine in Betrieb – und noch eine Stiege höher lagern Kilometer von Leisten in allen Variationen aus vielen Jahrzehnten.
Rahmen sollen das Werk nicht übertrumpfen
Ein Bild von de Saint Phalle liegt gerade mit defekten Doppelglasrahmen zur Reparatur auf einem der Werktische. Daneben warten geprägte Stuckrahmen von klassischen Landschaftsgemälden aus dem 19. Jahrhundert auf eine Instandsetzung, alte Werbeposter und moderne Grafiken bekommen die passende „Fassung“.
„Rahmen sollen das Werk hervorheben, aber nicht von der Kunst ablenken“, erläutern Paganini und Osper. Ihnen ist wichtig, „dass wir Rahmen für alle bauen, für berühmte Künstler wie für ganz normale Leute. Wir gehen immer mit derselben Sorgfalt vor und bemühen uns, individuelle Wünsche zu erfüllen, zum Beispiel Originalleisten aus den 50er Jahren für ein liebgewonnenes Werk aus der Zeit zu verwenden.“

In Handarbeit werden die hauchdünnen Blattgold-Stücke auf die Rahmen aufgetragen.
Copyright: Thomas Banneyer
In der Kettengasse 3a ist alles Gold und Silber, was glänzt. „Aber das ist ja nicht so massiv, wie es scheint! Schon die alten Ägypter wussten vor circa 4000 Jahren, dass die Bodenschätze begrenzt sind und kannten die Technik des Vergoldens für ihre Ausstattung nach der Devise: Protzen, nicht kleckern“, erzählt Paganini zur Geschichte einer der ältesten Berufe der Welt, den allerdings immer weniger Fachleute ausüben würden. „Wir haben lange auch selbst ausgebildet, bis die Berufsschule im nahen Düsseldorf vor rund 15 Jahren schloss. Jetzt gibt es nur noch eine in München“, erklärt Simone Osper mit Blick auf vergangene Goldene Zeiten des Kunsthandwerks.
Eine der früheren Auszubildenden sei später Leiterin des van Gogh-Museums in Amsterdam geworden. Simone Osper selbst kam durch ihren Vater Knut Osper und dessen bekannte Galerie in der Pfeilstraße früh in Kontakt mit namhaften Künstlern und der Handwerkskunst rund um Einrahmungen und Vergoldung. „Ich fand das sehr faszinierend“, so die 56-Jährige. Sie führt mit ihrem Mann das 1992 übernommene Einrahmungs- und Vergoldungsgeschäft weiter in die Zukunft – es bleibt bestehen, unabhängig davon, dass ihr Vater die Galerie in der Pfeilstraße im Mai schließen werde. „Eine Übernahme war keine Option.“
Das Rahmen-Geschäft basiere damals wie heute „auf Vertrauen, Verschwiegenheit und Diskretion, Respekt vor den Werken“, betont das Paar. Manchmal sind auch starke Nerven und eine besonders ruhige Hand nötig, wie zum Beispiel im Fall eines fragilen Hinterglas-Gemäldes von Gerhard Richter. Paganini: „Et hätt noch immer jot jejange.“
Osper Paganini Einrahmungen, Kettengasse 3a, 50672 Köln; Telefon 0221-2574481, keine Homepage.