Das Segensbüro „Hätzjeföhl“ in Köln bietet Segen und Unterstützung für Menschen außerhalb traditioneller kirchlicher Strukturen.
Evangelische KircheWas hinter dem Segensbüro „Hätzjeföhl“ in der Südstadt steckt

Das Segensbüro in der Severinstraße gibt es seit vergangenem März.
Copyright: Ingo Schmitz
Es ist ein Leichtes, sich bei Inga Wascke willkommen zu fühlen. Ihr Lächeln strahlt ein rundweg positives Lebensgefühl aus, ihre Augen versprühen die pure Neugier auf das Gegenüber. Ein gutes Gespräch ergibt sich fast von selbst. Als die Evangelische Kirche in Köln sich auf die Suche nach einer Pfarrerin oder einem Pfarrer machte, um ein neues „Willkommensprojekt“ zu realisieren, dürfte die Entscheidung also schnell gefallen sein. Seit März hängt sich die 34- jährige Seelsorgerin als Teil eines vierköpfigen Teams in dieses Projekt voll rein. Oder besser gesagt, sie stellt sich dafür ins Schaufenster. Ihr Arbeitsplatz ist nun nämlich das neue Segensbüro „Hätzjeföhl“ in der Severinstraße in Kölns „hipper“ Südstadt. Ihr Schreibtisch steht dort direkt an dem großen Fenster eines ehemaligen Ladenlokals mit der Hausnummer 80. Dort sitzt Inga Waschke. In Vorfreude darauf, was so alles auf sie zukommt.
Kirchenbindung nicht mehr selbstverständlich
Die Idee ist ein wenig aus der Not geboren. „Dass Bindung der Menschen an die Kirche ist nicht mehr selbstverständlich, wir müssen uns kümmern“, sagt Stadtsuperintendent Bernhard Seiger. Wenn die Menschen also immer weniger zum Pfarrer in die Kirche kommen, muss der Pfarrer wohl dorthin gehen, wo die Menschen sind. Und in Köln flanieren viele gerne über die Severinstraße. Aber was um Himmelswillen ist dort die Aufgabe von Inga Waschke?
Im Grunde genommen sind es zwei Aufgaben. Kirchenkreise werden immer größer, Pfarrerinnen und Pfarrer im weniger, da weiß manch ein Betroffener gar nicht mehr, an wen er sich im Falle einer Beerdigung wenden kann. Beerdigung, Hochzeit, Taufe – im KirchenDeutsch ist das alles unter dem Begriff Kasualien zusammengefasst. Und diese Kasualien sind im Seelsorgebüro „Hätzjeföhl“ zu bekommen. Beziehungsweise, Waschke vermittelt sie.
Die zweite Aufgabe prangt schon auf dem Schaufenster der Hausnummer 80: „Dein Segen. Dein Ding“, steht dort geschrieben. Die Tür steht also für jeden offen, der über sein „Ding“ reden möchte, das ihn gerade umtreibt – und vielleicht einen Segen mit auf den Weg nehmen möchte. Waschkes Zielgruppe: „Die, die nicht mehr in der Kirche anzutreffen sind“, sagt die Pfarrerin. Und dann blitzt wieder diese Neugier in ihren Augen auf: „Es ist unfassbar, was Menschen für Ideen haben und Geschichten mitbringen.“ Umbrüche, Abbrüche, Aufbrüche – das pralle Leben klopft am Segensbüro an. Das echte Leben, das eben nicht immer so schön, selbstbestimmt und optimal abläuft, wie auf den Imagevideos in den sozialen Netzwerken.
Wie bei Käthe (Namen geändert). 25 Jahre alt. Gerade nach Köln gezogen. Irgendwie überfordert mit dem neuen Großstadtleben. Oder Karsten (50). Als er eintrat, hielt er seine Scheidungspapiere in der Hand. Die Liebe zerbrochen, die Ehe gescheitert, damit muss man erst einmal klarkommen, wenn man es so schwarz auf weiß in der Hand hält. Inga Waschke hat für die Sorgen ein offenes Ohr, für den Schmerz ein mitfühlendes Lächeln und für den Segen spendende Hände. Und der ist nicht beliebig. Die Pfarrerin spürt es immer wieder: „Gott ist da , da passiert bei allen Beteiligten etwas.“
Auch für den Segen gibt es Grenzen
Aber wird er nicht ein wenig frei Haus gespendet, in einem Ladenlokal, das mal einen Pfandleiher beherbergte , auf der Severinstraße, im Vorbeigehen? Waschke nennt ein anderes Beispiel: Zwei junge Frauen schneien in das Segensbüro rein, die Hände voller Einkaufstaschen. Ob sie hier einen Segen bekommen könnten, lautet ohne Umschweife die Frage. So, als ginge es darum, einen weiteren Einkauf zu tätigen. Ja, wenn sie sich fünf Minuten Zeit nähmen für ein Gespräch, um vielleicht herauszufinden, worauf den Segen gelegt werden soll, lautete die Antwort. Die fünft Minuten hatten die beiden jungen Frauen nicht. Und Inga Waschke nicht für den Segen für sie.
Nicht selten beginnt ein Gespräch aber erst einmal mit der Frage: „Muss ich für den Segen Mitglied sein, was kostet das?“ Im Seegensbüro braucht es dafür nur ein offnes Herz und ein offenes Gespräch – den Rest steuern Inga Waschke und ihrer oberster Boss bei.