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Beratung für SeniorenDamit der Patientenwille zählt

3 min

Vertrauensvoll und offen haben Marie-Luise Müller (l.) und Sabine Westerfeld die letzte Lebensphase besprochen.

  1. Was ist Senioren am Lebensende wichtig? Dies wird in Gesprächen mit Beratern der BVP (Behandlung im Voraus planen) herausarbeitet.
  2. Um die 80 Gespräche hat Sabine Westerfeld in diesem Jahr bereits geführt.
  3. Die Gespräche gehen oft unter die Haut. Nicht selten fließen auch Tränen.

Köln – In der Sterbephase würde Marie-Luise Müller gerne Lavendel riechen. Großes „Brimborium“ will sie nicht, und in einem medizinischen Notfall soll nur das unternommen werden, was sinnvoll ist, um den Urzustand wiederherzustellen. „Wenn ich nur noch im Bett liege und nicht mehr selbstständig essen kann, ist das nichts, was ich will. Dann sag’ ich Tschüss“, sagt Marie-Luise Müller.

Vorgeplant mit Patientenverfügung

Nach mehreren Gesprächen mit einer Beraterin von „Behandlung im Voraus planen“ (BVP) hat sie herausgefunden, was ihr am Lebensende wichtig ist – und dementsprechend vorgesorgt: mit detaillierter Patientenverfügung, Anweisungen für den Notarzt, Vorsorgevollmacht und Hinweisen darauf, wie der Sterbeprozess ihren Wünschen entspräche.

Behandlung im Voraus planen (BVP)

Seit 2018 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die „gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase“ für Menschen in Pflegeeinrichtungen.

Das Konzept BVP kommt ursprünglich aus den USA. Die Deutschsprachige interprofessionelle Vereinigung – Behandlung im Voraus Planen (DiV- BVP) will es auch im deutschsprachigen Raum etablieren. Dabei sollen die sozio-kulturellen und rechtlichen Besonderheiten berücksichtigt werden.

Ein Kongress zum Thema BVP wird gerade organisiert. Das Treffen soll am 5. und 6. März 2020 in Köln stattfinden. (dha)

www.div-bvp.de

Seit Anfang des Jahres läuft BVP in den ersten Senioreneinrichtungen in Köln. Ausgebildete Begleiter informieren darüber, was medizinisch und rechtlich möglich ist und unterstützen dabei, herauszufinden, was dem Einzelnen wirklich wichtig ist. „Die Antworten sind sehr differenziert, es kommt immer darauf an, in welcher persönlichen Lebenssituation ein Mensch ist, und auf seine Individualität. Das ist sehr, sehr unterschiedlich“, sagt Sabine Westerfeld. Sie ist seit Anfang des Jahres BVP-Beraterin und Projektleiterin bei der Seniorenhaus GmbH der Cellitinnen zur heiligen Maria.

Vier Heime in Köln

Vier Heime mit insgesamt 387 pflegebedürftigen Bewohnern betreibt das Unternehmen in Köln. Um die 80 Gespräche hat Sabine Westerfeld in diesem Jahr schon geführt. „Ich stelle immer wieder fest, dass viele Menschen über ihr Lebensende nachdenken und erleichtert sind, wenn sie bei dem Thema begleitet werden.“ Das Angebot ist freiwillig – die Resonanz sehr gut.

Schon die Einstiegsfrage bei der Beratung geht ans Eingemachte. Sie lautet: „Wie gerne leben sie?“ Es folgen vertrauensvolle Gespräche über die Lebenssituation, persönliche Einstellung und Erfahrungen. Danach werden die Dokumente erstellt. Zuletzt bespricht Sabine Westerfeld die Wünsche mit dem Hausarzt des Betreffenden. Seit vergangenem Jahr können die Leistungen über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden. „Allerdings gilt das nur für Menschen in Pflegeheimen“, erläutert Dr. Thomas Otten, Diözesanbeauftragter für Ethik im Gesundheitswesen. Er ist zertifizierter BVP-Gesprächsbegleiter-Trainer – und von dem Konzept begeistert. Rund 20 Gesprächsbegleiter sind bisher in Köln ausgebildet worden, 15 Einrichtungen in Köln und Umgebung bieten den Service an.

Gespräche gehen oft unter die Haut

„Ich glaube, das ist ein wichtiges Angebot und ein ganz wichtiges Anliegen. Wir unterstützen das Angebot, das im Sozialgesetzbuch V verankert ist, indem wir es unter anderem bei der Konferenz Alter und Pflege vorstellen und Vernetzungen anregen“, sagt Sozialamtsleiterin Dr. Katja Robinson. Das Angebot soll zudem bekannter werden. Die Sozialamtsleiterin unterstreicht: „Es geht auch darum, Angehörige nicht alleine zu lassen.“

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Grundsätzlich versuchen die BVP-Berater, die Angehörigen in die Gespräche einzubeziehen. Gerade ihnen gehen die Gespräche oft unter die Haut. Nicht selten fließen Tränen. Auch bei der Tochter von Marie-Luise Müller war das so. „Das ging alles schon an die Substanz“, gibt die Seniorin offen zu. „Aber jetzt ist alles klar und geregelt. Damit entlastet man ja auch die Angehörigen.“