Corona-Alarm im „Klingelpütz“Über 20 positive Tests – Große Einsamkeit durch Pandemie

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Eine JVA-Mitarbeiterin bei der Arbeit in Ossendorf.  Zahlreiche Bedienstete müssen zum Corona-Test.

Köln – Im „Klingelpütz“ gibt es wahrscheinlich einen größeren Corona-Ausbruch unter den Bediensteten. Eine Beamtin ist nachweislich infiziert, bei 21 Mitarbeitern seien die Schnelltest positiv gewesen, sagte die Leiter in der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Ossendorf, Angela Wotzlaw. Sie seien nach Hause geschickt worden und warteten nun auf das Ergebnis eines PCR-Labortests. Sollte auch dieser positiv ausfallen, müssen die Mitarbeiter für zwei Wochen in Quarantäne. Ein Ergebnis soll am Montag vorliegen.

Bei diesem Personenkreis handelt es sich um direkten Kontaktpersonen der infizierten Frau. „Ich habe befürchtet, dass es zu Corona-Fällen bei uns kommt“, sagte Wotzlaw der Rundschau. Möglicherweise sei es Weihnachten zu einem zu engen Kontakt mit weiteren Personen gekommen – dies sei aber noch nicht abschließend geklärt. Bei 50 weiteren Bediensteten, die engeren Kontakt zu der Beamtin hatten, fielen die Schnelltests negativ aus. Vorsichtshalber sollten aber auch diese Ergebnisse durch PCR-Tests bestätigt werden, sagte Wotzlaw weiter.  Schwere Symptome hätte aktuell keiner der  Personen.

Gravierende Auswirkungen

Sollte eine größere  Anzahl von Bediensteten  nachweislich infiziert  sein, hätte dies gravierende Auswirkungen auf  das  Alltagsleben in der Anstalt.  Um die Personalknappheit aufzufangen, werde der Besucherbereich des Gefängnisses zunächst geschlossen und einige Kollegen, die eigentlich frei hätten, würden einspringen, hieß es weiter Doch es könnte weitere massive Einschränkungen geben. So könnten die Arbeitsplätze für die Inhaftierten geschlossen bleiben, Ehrenamtler müssten draußen bleiben und andere Bereiche dicht gemacht werden. „Außerdem müssten wir Schichten entzerren“, so Wotzlaw. Die Bediensteten werden  in diesen Tagen alle mit einer FFP-2-Maske  ausgerüstet. In der JVA arbeiten 530 Menschen, davon 380 Uniformierte.

Welche Folgen die Pandemie und die strengen Regeln für die Inhaftierten hat, zeigt der Fall eines 33-jährigen Mannes. Er wird von Rechtsanwältin  Sabrina Buelli vertreten und sie erzählt  die Geschichte ihres Mandanten.  Es ist ein  Fall, der in Sachen Isolierung  besonders dramatisch ist und zwischen Köln und Aachen spielt: Der 33-Jährige  sitzt seit Anfang September 2020 in Untersuchungshaft und wurde während dieser Zeit Vater. Dem arbeitslosen Akademiker wird vorgeworfen, zusammen mit einem Komplizen (40) einen großen Diebstahl auf dem Niehler Fordgelände begangen zu haben.

Nach ihrer Festnahme wurden beide Männer in Untersuchungshaft genommen. Durch den Grundsatz der Tätertrennung konnte aber nur einer von ihnen in Ossendorf bleiben. So kam der 33-Jährige nach Aachen, wo Skype-Telefonate nicht möglich sind. An eine Einreise seiner Frau war, zum einen wegen des Kindes, zum anderen wegen der Reisebeschränkungen, schon gar nicht zu denken. Seine Tochter, die Ende November geboren wurde, hat er noch nie gesehen. „Im letzten Gespräch erschien mir mein Mandant fast depressiv. Er sagte nur: „Ganz schwer, ganz schrecklich. Wie soll ich mich fühlen außer:  ganz furchtbar. Wie es meiner Frau geht, darüber möchte ich gar nicht nachdenken“,  berichtet Sabrina Buelli.

Ein Gast pro Monat

Derzeit darf jeder Häftling nur einmal im Monat einen einzigen Gast empfangen. Dabei tragen sowohl sie als auch die Besucher, ob es nun engste Angehörige oder Freunde sind, einen Mund-Nasen-Schutz. Körperkontakt darf nicht stattfinden. „Vor der Pandemie gab es natürlich Händchenhalten, einen Kuss zur Begrüßung und Kinder durften auf dem Schoß sitzen“, beschreibt  Wotzlaw. Jetzt werde jedoch konsequent auf die Einhaltung von Abständen geachtet.  Es dürfen nicht mehr so viele Personen in die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten wie vor der   Pandemie. Aktuell dürfen nur noch Anwälte herein.

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Um eine Entlastung zu schaffen, wurden Skype-Plätze eingerichtet. Sobald es allerdings in Corona-Zeiten  Personalengpässe gibt, fallen sie aus, erzählt eine Dolmetscherin: „Ich war für ein Skype-Gespräch bestellt und wurde wieder nach Hause geschickt, weil es zu wenig Personal gab“ .  

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