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Aufgeben ist keine OptionUkrainischer Botschafter zu Besuch beim Blau-Gelben Kreuz in Köln

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Vor einem zerstörten Rettungswagen: Linda Mai und der Botschafter der Ukraine, Oleksij Makejew.

Vor einem zerstörten Rettungswagen: Linda Mai und der Botschafter der Ukraine, Oleksij Makejew.

Das Blau-Gelbe Kreuz organisiert seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine Hilfslieferungen dorthin. Oleksij Makejew hat sich ein Bild der hochprofessionellen Initiative gemacht.

Die Hilfe aus Köln für die Ukraine sei gar nicht hoch genug anzusetzen, betonte Oleksij Makejew bei seinem Besuch in der Lagerhalle des Blau-Gelben Kreuzes in Raderberg. „Es ist ein Leuchtturmprojekt für das ganze Land“, betonte er – sowohl, was die praktische Hilfe selbst angehe wie auch als Vorbild für andere, die helfen wollen und vielleicht noch nicht die richtigen Mittel und Wege haben. „Das Blau-Gelbe Kreuz arbeitet wie ein hochprofessionelles Logistik-Unternehmen“, führte auch Bürgermeister Andreas Wolf aus – und letzten Endes ist es das ja auch.

Von Kleinigkeiten bis hin zu schwerem Bergungs- und Rettungsgerät reicht die Palette der Lieferungen, die Köln fast täglich in Richtung Ukraine verlassen. Das Blau-Gelbe Kreuz kennt mittlerweile die Fallstricke, die auf diesen Transporten warten können. Man kennt die jeweiligen Bestimmungen, kennt die Ansprechpartner. Und man weiß nicht zuletzt mit Anfeindungen umzugehen: Nicht jedem ist die Unterstützung der Ukraine recht. Auch in Deutschland nicht. „Wir beraten Kommunen, stellen Kontakte her, erweitern und vertiefen persönliche Beziehungen – auch das ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit“, erklärt die Vorsitzende des Blau-Gelben Kreuzes, Linda Mai.

Dankbar für Städtepartnerschaft mit Köln

Umso mehr zeigt man sich dort auch dankbar für die Städtepartnerschaft Kölns mit Dnipro. Sie soll mehr sein als eine symbolische Zurschaustellung guten Willens, sondern ganz praktische und wenn möglich unbürokratische Hilfe leisten. Sei es durch Wagen der Berufsfeuerwehr, durch KVB-Busse oder Brand- und Katastrophenschutzmittel. Oder aber, wenn es nicht anders geht, auch mal mit Kontakten zur Landesregierung. „Es gibt die ein oder andere Bestimmung hier in Deutschland, die verstehen wir ehrlich gesagt nicht so ganz. Aber dann halten wir uns eben dran und machen unsere Arbeit“, so Mai.

Makejew stand gerade am Anfang seiner Berufung zum Botschafter der Ukraine in Deutschland, als er das erste Mal mit dem Blau-Gelben Kreuz und Linda Mai in Kontakt kam. „Das war im Herbst 2022, abends um halb zehn. Ich hatte den ganzen Tag Termine. Aber ich wollte unbedingt noch nach Köln, um mir das Lager anzusehen. Heute freue ich mich, wieder zurück zu sein. Diese Initiative hat so viele Menschen in Deutschland positiv beeinflusst. Und ich habe nochmals gesehen, was da alles zustande kommt. Wie professionell das anläuft. Das sind nicht nur ein paar Menschen, die mal eben zusammengekommen sind und ein paar Kisten in die Ukraine geschickt haben. Die Erkenntnisse, die vom Blau-Gelben Kreuz gesammelt wurden, werden an andere Helfer weitergegeben.“

Hoher Grad der Professionalisierung

Vielleicht ist es dieser Grad der Professionalisierung, der heute wirklich effektive Hilfe zu leisten vermag. Makejew erinnert sich noch gut an die ersten Tage des Überfalls Russlands auf die Ukraine, als die Menschen LKW mit allem beluden, was gerade so greifbar war: Schlafsäcke, Zelte, Nahrungsmittel. „Ich habe mein Sakko ins Zimmer geworfen und habe mitgeholfen“, so Makejew. Nach und nach verschoben sich aber die Bedürfnisse, und so dankbar man immer noch ist für alles, was die Ukraine an Spenden in jeder Form erreicht: Heute geht es sehr viel mehr um medizinische Hilfe und um Probleme im Energiesektor. Dezentrale und unabhängige Stromeinheiten sind unabdingbar, weil Russland immer wieder die Infrastruktur in diesem Bereich angreift.

Das Blau-Gelbe Kreuz hat allein 11.000 Generatoren in die Ukraine gebracht, jeder von ihnen kann zwischen 30 und 40 Familien mit dem Nötigsten versorgen. Dass die Arbeit des Blau-Gelben Kreuzes noch sehr lange gebraucht werden wird, darüber macht man sich hier keine Illusionen. „Putin hat keinerlei Interesse an einem Frieden“, ist Mai überzeugt. Aber selbst wenn die Waffen irgendwann schweigen, ist die Arbeit nicht beendet. Denn dann beginnt in der Ukraine der Aufbau. Sicher auch mit Hilfe aus Köln.


Hilfe in Zahlen: 4900 Rettungsrucksäcke hat das Blau-Gelbe Kreuz seit dem Überfall Russlands in die Ukraine bringen können. Sie reichen für die Versorgung von fünf schwer verletzten Personen. 11.000 Stromgeneratoren und 4700 Krankenhausbetten wurden geliefert, 290 Rettungs-, Evakuierungs- und Spezialfahrzeuge haben in der Ukraine eine neue Bestimmung gefunden, ein weiterer Konvoi mit fünf Fahrzeugen ist gerade auf dem Weg. Dazu Trinkwassercontainer, 5000 Laptops und 2200 Babyboxen – „Carepakete“ für die Kleinsten, von Creme über Öl bis zu Nahrung. Ebenfalls praktische Hilfe, die aber darüber hinaus noch einen sehr emotionalen Charakter hat: Rund 5600 Schulranzen sind bislang in der Ukraine eingetroffen. Besonderer Schwerpunkt der Hilfe ist die medizinische Versorgung. So konnten im Auftrag der Landesregierung zwei Blockheizkraftwerke für Krankenhäuser aufgebaut werden, zurzeit werden Gelder für Inkubatoren gesammelt. Für acht sind die Mittel bereits zusammen. Zudem gibt es ein vom Bund gefördertes Kooperationsprojekt zwischen Kölner Klinken – insbesondere der Merheimer Traumatologie – mit dem Mechnikow-Krankenhaus in Dnipro.