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Weihnachtsalbum „Janz besinnlich“Wie der Tod Björn Heuser inspiriert hat

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Mit seinem Programm „Janz besinnlich“ tourt Björn Heuser durch die Region. Das gleichnamige Album ist gerade erschienen.

Mit seinem Programm "Janz besinnlich" tourt Björn Heuser durch die Region. Das gleichnamige Album ist gerade erschienen.  

Als seine Mutter stirbt, überkommt Liedermacher Björn Heuser ein kreativer Rausch. Noch auf dem Rückweg vom Hospiz entsteht der erste Song. Der Beginn eines bemerkenswerten Albums.

Zuweilen wohnt dem Tod ein Anfang inne. Und so beginnt die Geschichte des Albums „Janz besinnlich“, mit dem Björn Heuser derzeit durch die Region tourt, am dritten Adventssonntag des Jahres 2022. Beim vorweihnachtlichen Familienfrühstück mit Kerzenschein und Adventskranzduft ereilt Heuser der Anruf des Hospizes, in dem seine Mutter Magret mit schwerer Krebserkrankung behandelt wird. Noch zur gleichen Stunde stirbt sie im Alter von 73 Jahren.

Die Trauer, der Schock, die emotionale Wucht des unwiderbringlichen Abschieds lösen bei Björn Heuser einen kreativen Schub aus, der schon auf der Rückfahrt aus dem Hospiz Wirkung zeigt. Noch bevor er den Wagen zu Hause abstellt, hat er den Titelsong „Janz besinnlich“ auf sein Handy gesungen, eine berührende Hommage, die auch in der Albumversion nur mit Gesang und gezupfter Gitarre auskommt. „Un an nem Daach, su still wie hück, wenn der Winter langsam kütt, setz ich he met jlänzende Auge, janz besinnlich, un denk an dich“, singt er langsam und ergriffen.

Für die Produktion reist Heuser an den Gardasee

Das Weihnachtsfest ist so etwas wie die thematische Konstante des Werks, das ganz ohne klingende Glöckchen und das übliche Klanglametta auskommt. Heuser spannt den Bogen von der Geburtsnachricht des heiligen Abends zum Tod und der eigenen Vergänglichkeit, zwölf Lieder umfasst das Album - eine schöne Andeutung des Jahreskreislaufs. „Ein persönlicheres Album habe ich nie produziert. Es ist ein Gefühlsalbum“, sagt Heuser stolz. Gitarre, Ukulele, Mundharmonika, Klavier und Akkordeon hat er selbst gespielt, nur die Trompetensoli und das Flügelhorn hat er Michael Kuhl überlassen.

Die Ideenflut, die der Tode seiner Mutter bewirkt, ebbt erst am zweiten Weihnachtstag ab. Insgesamt 20 Lieder entstehen in dieser Zeit. „Es ist manchmal ganz spannend, wie man auf solche Einschnitte reagiert. Irgendwas macht das mit mir als Liedermacher. Da ist der Knoten geplatzt“, sagt Heuser. Als hochemotional erweist sich die Nummer „Zwei Ringe us Jold“, die er seinen Eltern widmet. „Leev Mamm, jetz hätt der Papp dich widder em Ärm, un es et drusse noch su kalt, ich weiß bei üch es et schön wärm“, singt der Liedermacher. Zeilen wie diese lassen die Gefühsskala stark ausschlagen.

Das Tonstudio, in dem Björn Heuser das Album „Janz besinnlich“ aufnahm, lag direkt am Gardasee. Italien war das Lieblings-Urlaubsland seiner Eltern, denen das Album gewidmet ist. Das Foto zeigt Heuser auf einer Bank sitzend mit Blick auf den See und in die dahinter liegenden Berge.

Das Tonstudio, in dem Björn Heuser das Album "Janz besinnlich" aufnahm, lag direkt am Gardasee. Italien war das Lieblings-Urlaubsland seiner Eltern, denen das Album gewidmet ist.

Auch wenn das Album durchaus als Ergebnis eines musiktherapeutischen Prozesses verstanden werden darf, verursacht das Zuhören keine depressiven Schübe. „Zum Glück sind auch witzige Songs dabei“, meint Heuser und denkt dabei an das Stück „Zweite Weihnachtsdaach“, einer krätzjenhaften Festtagsbilanz, die mit folgender Zeile beginnt: „Et janze Huus stink noh Raclette - un de Pänz sin nit mieh janz su nett.“ Das Lied sei wirklich am zweiten Weihnachtstag entstanden, erzählt er, nichts sei erfunden, alles reine Beobachtung.

Heiligabend wird bei Heusers doppelt gefeiert

Womit sich die Frage stellt, wie denn Weihnachten im Hause Heuser gefeiert wird? Intensiv und ausdauernd, muss man feststellen, denn der heilige Abend beginnt mit einem großen Familienbrunch in der heimischen Küche, weil Heusers Frau an diesem Tag Geburtstag feiert. Zwischendurch geht der Besuch dann mal kurz nach Hause, um sich später zur Bescherung zu treffen.

Weihnachten ist das Fest der Familie, der Liebe. Und der festlichen Rituale. „Nur noch einmol mem Papp e Bäumche kaufe jonn“, singt Heuser wehmütig in einem der wohl schönsten Stücke „Noch ens Kind sin“, das Erinnerungen weckt an den Sampler „Kölsche Weihnacht“, den es schon seit einigen Jahren nicht mehr gibt, zu dem Heuser aber stets kölsche Nummern beisteuerte. Vor zehn Jahren hat er letzmals ein Weihnachtsalbum veröffentlicht, „jetzt war es wieder an der Zeit“, sagt er.

Gedanken an die eigene Vergänglichkeit

Heusers Vater ist vor drei Jahren ebenfalls an Krebs gestorben, damals hatte sich die emotionale Anspannung des Liedermachers in dem Stück „Do un ich“ entladen, das auf dem Album „Café Schmitz“ verewigt ist. Entstanden war dieser Song im Foyer der Uniklinik, wo sein Vater behandelt wurde. Heuser ist erwachsen, er hat Familie, steht mitten im Leben. Und auch wenn die Erinnerungen an familiäre Traditionen manchmal sehnsüchtig wirkt, sind die Lieder kein angstvolles Bedauern. „Es ist gut wie es ist. Das ist der Lauf des Lebens“, stellt er fest, auch wenn er in dem Stück „Weihnachtsmann“ fragt: „Wievill Weihnachtsfeste weed em Leeve ich wohl noch han?“

Aufgenommen wurden die Stücke in Italien, dem Lieblingsland seiner Eltern und stetes Ziel der Familienurlaube. Von einem Tonstudio aus blickte er auf die Berge und das glitzenrde Wasser des Gardasees. Das Albumcover zeigt Heuser auf einer Bank am Flussufer sitzend, und ein Floß mit einem Weihnachtsbaum an Bord treibt langsam davon. „So ist auch mein Weihnachten weggeschwommen, so wie ich es immer hatte“, erklärt Heuser die Symbolik. Die Seebestattung weihnachtlicher Traditionen sozusagen.

Was bleibt sind die Erinnerungen, und die hat Heuser auf seinem Album verewigt. Aber das Leben geht weiter. Und so dürfen bei der Nummer „Neues Johr, neues Jlöck“ auch Heusers Frau und Sohn mitsingen. Das Leben geht weiter.