Kölner ClubsDas Nachtleben erwacht wieder

Licht wieder an: Im Bootshaus tanzt die Menge.
Copyright: Thomas Banneyer
Köln – Grüne und rote Lichtspots zucken über die Tanzfläche im Bootshaus am Auenweg. Die Luft riecht nach künstlichem Nebel, Bier und Deo, die elektronische Musik pulsiert durch die Adern. Es ist die Art von Musik, die durch den ganzen Körper fährt, die Art von Beat, die sich so anfühlt, als würde sich selbst der eigene Herzschlag an den Rhythmus anpassen.
Knapp drei Monate hat das Soundsystem im Bootshaus geschwiegen, nachdem Clubs und Diskos im Dezember 2021 ihre Türen coronabedingt schließen mussten. Seit Freitag darf im Zuge des Drei-Stufen-Öffnungsplans von Bund und Ländern deutschlandweit wieder getanzt werden.
Geimpft oder Genesen, dazu ein aktueller Schnelltest, auch für Geboosterte – so lauten die Auflagen für Gäste. Für den Fall, dass einige Besucher letzteres nicht auf dem Schirm haben, ist direkt vor dem Club ein Testzentrum aufgebaut. „Bis jetzt klappt das gut“, erzählt eine Mitarbeiterin bei der Kontrolle am Eingang. „Ich glaube inzwischen sind wir das Testen ja alle gewöhnt – und die Leute wirken einfach nur froh, wieder feiern zu können.“
Auf Jennifer Horst trifft das auf jeden Fall zu. „Das Bootshaus ist eigentlich wie mein zweites Zuhause“, erklärt 26-jährige Clubbesucherin an dem Abend lachend. Die OP-Assistentin aus Koblenz ist extra für die Veranstaltung nach Köln gereist. „Feiern ist für mich einfach eine Möglichkeit, um abzuschalten und zu regenerieren.“ Ihr Job sei zwar anstrengend – „aber ich weiß bereits jetzt, dass mein Energietank nach diesem Abend wieder für Wochen aufgeladen ist.“ Außerdem sei sie ein riesiger Fan von Don Diablo, dem niederländische DJ, der an diesem Abend auflegt. „Ich habe sogar sein Logo auf mein Bein tätowiert“, erzählt Horst. Direkt darüber befinde sich außerdem ein Tattoo vom Bootshaus – ein visualisiertes Sinnbild des Abends.
Jennifer Horst ist nicht die Einzige, die an diesem Freitag extra für die Party nach Köln gereist ist. Auch Phillip Golz (19) und Tom Wolf (21) aus dem Sauerland haben den Weg auf sich genommen. Die Jungs sind mit insgesamt acht Freunden vor Ort. Wie es sich anfühlt, wieder feiern zu können? „Mega“, grinst Tom Wolf. Zwar sei es auch ein bisschen ungewohnt so viele Leute ohne Maske auf engem Raum zu sehen. „Aber man gewöhnt sich echt schnell dran.“
Wegen Corona und den seit Karneval wieder deutlich ansteigenden Inzidenzen macht sich die Gruppe keine Sorgen. „Wir sind ja alle geimpft, und regelmäßiges Testen ist eh gut“, so Phillip Golz. „Und selbst wenn wir uns jetzt anstecken, dann wird es schon nicht so schlimm werden“, ergänzt Wolf.
Diese Einstellung scheint am Freitagabend allgemein der Konsens im Kölner Nachtleben zu sein, nicht nur im Bootshaus. Auch im Gewölbe, dem Kellerclub am Westbahnhof, sehen die meisten Gäste den Infektionsanstieg eher locker. „Wir finden es allerdings richtig, dass sich alle, auch Geboosterte vorher testen lassen müssen“, stellen Roman Peifer (27) und Niklas Ampenkam (23) klar. „Das gibt ein bisschen mehr Sicherheit.“ Die beiden BWL-Studenten aus Köln haben gerade erst ihre Bachelorarbeit abgegeben, außerdem seien Freunde aus Kanada zu Besuch. „Deswegen ist es echt cool, das jetzt feiern zu können.“
Dass in NRW – im Gegensatz zu beispielsweise Niedersachsen – Party auch ohne Maske erlaubt ist, finden die beiden richtig. „Wir waren letztes Jahr einmal mit FFP2-Masken in einem Club in Trier, aber das war echt nichts. Man kriegt kaum Luft.“
Supervoll ist es an diesem Abend auf der Tanzfläche im Gewölbe nicht. Mögliche Gründe hierfür könnten die erneut steigenden Inzidenzen in Köln oder auch der Krieg in der Ukraine sein, der auf die Feierstimmung drückt. „Außerdem waren die Clubs dieses Mal nur drei Monate zu und nicht ein ganzes Jahr“, mutmaßt Viktoria Roos, die im Gewölbe an der Kasse arbeitet. „Vielleicht ist die Euphorie deswegen nicht ganz so groß.“
Gegen zwei Uhr hat sich vor der Kontrolle am Eingang aber dennoch eine kleine Schlange gebildet, die Tanzfläche füllt sich immer mehr. Absolut ausgelassene Ekstase herrscht zwar immer noch nicht – aber eine gelassen-fröhliche Feierstimmung hat sich dennoch etabliert.