Neue TechnikSo soll Kölns Feuerwehr moderner und schneller werden

Copyright: Moeck
Köln – Sieben Monitore türmen sich vor jedem Mitarbeiter der Feuerwehr-Leitstelle in Weidenpesch. Einsatzleitsystem, verfügbare Einsatzfahrzeuge, Funk-Kommunikation, Verwaltungsdaten – vielfältigste Informationen sind hier ablesbar. In der Leitstelle gehen sämtliche Notrufe ein, etwa 1000 pro Tag. Nun sucht die Feuerwehr eine neue Computertechnik für die Zentrale. Rund 13,5 Millionen Euro sind im Haushalt hierfür vorgesehen. Das neue System soll mit modernster Technik die Rettungsarbeit beschleunigen und erleichtern. Ein Überblick:
Standorterfassung
Vor allem bei Unfällen auf der Autobahn kommt es nach Angaben der Feuerwehr häufig vor, dass ortsfremde Anrufer nicht genau wissen, auf welchem Abschnitt sich das Unglück ereignet hat. Momentan müssen die Mitarbeiter der Leitstelle exakt nachfragen, was viel Zeit kosten kann. „Künftig wird sofort angezeigt, aus welcher Funkzelle der Anruf kommt. Das liefert dann immerhin einen guten Anhaltspunkt“, sagt Andreas Bierfert, Informatiker und Leiter der Projektgruppe, die sich mit der Systemumstellung beschäftigt. Zudem sollen nach Unfällen sogenannte Emergency-Calls, also Notrufe von automatischen Rettungssystemen in modernen Autos, direkt an die Feuerwehr gesendet werden und nicht mehr erst an die Autohersteller.

Die Feuerwehr-Leitstelle in Weidenpesch.
Copyright: Belibasakis
Schnellere Rettung
Zur Beschleunigung der Anfahrtszeit soll auch die genaue Lokalisierung aller Einsatzfahrzeuge beitragen. Bislang zeigt der Computer nur an, welche Rettungsfahrzeuge auf welchen Feuerwachen stationiert sind. Demnächst werden die Autos per GPS erfasst, der Computer zeigt dann sofort an, welches „Einsatzmittel“ den kürzesten Weg zum Unglücksort hat. Zudem sollen künftig aktuelle Verkehrsdaten – beispielsweise Staus – aktuell angezeigt und bei der Anfahrt berücksichtigt werden können.
Spracherkennung
Moderne Handys verfügen über „Siri“. Dies ist die Kurzform für „Speech Interpretation and Recognition Interface“, einer Software von Apple, die der Erkennung und Verarbeitung von natürlich gesprochener Sprache dient. Während die Leitstellen-Mitarbeiter noch per Headset telefonieren, könnten die wesentlichen Notruf-Stichpunkte künftig bereits per Computerstimme an die Einsatzkräfte in den Wachen weitergegeben werden.

Andreas Bierfert kennt die technischen Vorzüge der Neuerungen.
Copyright: Belibasakis
Zugangskontrolle
Aus Sicherheitsgründen gelten besondere Anforderungen an „Alarmempfangsstellen“, so die Bezeichnung einer Sicherheitsnorm für Leitstellen. Es muss Zugangskontrollen geben, in Köln kommen nur ausgewählte Mitarbeiter mit Chipkarte in die Leitstelle. Demnächst soll zusätzlich eine Sicherheitsschleuse eingebaut werden, so dass Personen nur einzeln den Raum betreten können.
Mehr Personal
Weil die Zahl der Notrufe vor allem im Rettungsdienstbereich seit Jahren zunimmt, sieht der vom Rat beschlossene Rettungsdienstbedarfsplan auch deutlich mehr Personal für die Leitstelle vor. Mit der Systemumstellung werden statt bislang 18 dann 35 Arbeitsplätze in der Leitstelle bereitgestellt. Insgesamt werden dann 110 Mitarbeiter für diese Aufgabe zur Verfügung stehen.
Ausweich-Leitstelle
Im ersten Quartal 2019 soll das neue System in Teilbetrieb gehen. Eine Ausweich-Leitstelle wird in der Feuerwache Rodenkirchen entstehen, hier sollen künftig 20 Annahmeplätze für Notrufe zur Verfügung stehen. Während dort der Betrieb läuft, soll die Leitstelle in Weidenpesch komplett leer geräumt werden. „Auch der doppelte Boden wird geöffnet, weil dort sämtliche Kabel verlaufen“, erklärt Jens Jünemann, Mitglied der Projektgruppe.
Schulungen
Die neue Leitstellen-Technik soll nicht nur hochmodern, sondern auch leicht zu bedienen sein. „In hochstressigen Situationen müssen die Mitarbeiter gut mit dem System zurecht kommen“, betont Jünemann. Dazu gehöre, die Zahl der Monitore an den Arbeitsplätzen zu reduzieren und die Übersichtlichkeit zu erhöhen. Etwa ein halbes Jahr werde die Schulung der Leitstellen-Mitarbeiter sowie der Administratoren insgesamt dauern – der Unterricht für Kleingruppen werde jeweils rund eine Woche beanspruchen.

Copyright: Moeck
Lernfähiges System
Die neue Software soll Schritt für Schritt den Bedürfnissen der Kölner Berufsfeuerwehr angepasst werden. „Kartenmaterial wird aufgespielt, Anfahrtswege, aber auch Zusatzinformationen über insgesamt rund 10 000 Objekte wie Chemiebetriebe oder Kirchen“, erklärt Bierfert. Auch das Hydranten-Netz und Einsatztaktiken sollen installiert werden. So müsse das System lernen, dass beispielsweise beim Einsatzstichwort „Person im Rhein“ nicht nur der Unglücksort, sondern auch die Brücken sowie beide Flussufer angefahren werden sowie ein Hubschrauber alarmiert wird.
Die Vorgeschichte
Der Leitstellen-Neubau in Weidenpesch wurde 2006 in Betrieb genommen, seitdem wird das Computersystem „Pfeil Web“ der Firma Siemens genutzt. Weil Siemens dieses nun nicht mehr fortführt, ist ein Wechsel nötig. Hiervon sind auch viele andere Feuerwehren in Deutschland betroffen. „Aus dem alten System haben wir alles rausgekitzelt, die maximale Ausbautechnik ist erreicht“, weiß Bierfert. Die Ausschreibung für ein neues System wird derzeit vorbereitet.