Nach der Kommunalwahl steht Köln vor schwierigen Koalitionsverhandlungen. Mit elf verschiedenen politischen Gruppierungen im Stadtrat wird die Mehrheitsfindung zur Herausforderung.
Komplizierte MehrheitssucheWelche Bündnisse im Kölner Rat nun möglich sind

Kölner Rat
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Köln hat gewählt – doch welchen Weg wählen jetzt die Politiker im Stadtrat? Das Erstarken der Linken und der AfD sowie der Einzug neuer Akteure wie Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und Kölner Stadt-Gesellschaft (KSG) hat die Bildung von Bündnissen nicht leichter gemacht. Im neuen Rat werden elf verschiedene politische Strömungen präsent sein. Dabei handelt es sich um sieben Fraktionen mit drei oder mehr Ratsmitgliedern (Grüne, CDU, SPD, Linke, AfD, Volt, FDP) sowie Die PARTEI und das BSW mit je zwei Ratsmitgliedern, plus die beiden Einzelmandatsträger von KSG und Gut & Klimafreunde.
Komplexe Koalitionsmöglichkeiten nach der Wahl
Nach der Wahl vor fünf Jahren hatte der Stadtrat aus sieben Fraktionen, drei Ratsgruppen und einem Einzelmandatsträger bestanden. Weil einzelne Ratsmitglieder ihre politische Heimat wechselten, wurden daraus am Ende acht Fraktionen und eine Ratsgruppe, also neun politische Akteure. Jetzt sind es vorerst wieder elf, und die Bündnisfrage ist komplizierter geworden. Die Grünen bleiben stärkste Kraft, dahinter folgen CDU und SPD. Rein rechnerisch könnte das bisherige Bündnis aus Grünen (22 Sitze), CDU (18) und Volt (5) weitermachen. Mit der Stimme der neuen Oberbürgermeisterin oder des neuen Oberbürgermeisters hätte Grün-Schwarz-Lila im Rat eine hauchdünne Mehrheit von 46 Stimmen. Dieselbe extrem knappe Mehrheit würde sich ergeben, wenn Grüne und Volt sich statt der CDU künftig mit der SPD (18 Sitze) zusammentun würden.
Potenziale für Mitte-Links-Bündnisse
Denkbar wäre auch ein Mitte-Links-Bündnis aus Grünen (22), SPD (18) und Linken (10), es hätte auch ohne OB eine komfortable Mehrheit von 50 Sitzen im Rat.
Dagegen käme ein „Deutschland-Bündnis“ aus CDU, SPD und FDP (3 Sitze) nur auf 39 Sitze. Würde es mit einem SPD-Oberbürgermeister regieren wollen, müsste es mindestens sechs weitere Ratsmitglieder auf seine Seite ziehen. Schwarz-Rot-Gelb ist im Dezember 2024 erstmals gemeinsam aufgetreten, hat sich für einen Tunnel auf der Ost-West-Achse starkgemacht und diese Idee weiterverfolgt, verfügt im Rat aber über keine eigene Mehrheit.
Schwierige Verhandlungen zu erwarten
Da voraussichtlich alle anderen Fraktionen ein Bündnis mit der AfD (8 Sitze) ausschließen werden und das bürgerliche Lager aus CDU, SPD und FDP auch in der Linkspartei vermutlich keinen geeigneten Partner sehen wird, kämen hier wohl nur Volt (5 Sitze) und die KSG theoretisch als mögliche Mehrheitsbeschaffer in Frage. Ob das in der Praxis funktionieren könnte und ob ein solches Ratsbündnis aus fünf Akteuren überhaupt von irgendjemandem ernsthaft in Erwägung gezogen würde, ist zweifelhaft.
Kenia-Koalition: Eine unrealistische Option?
Was auf Bundesebene „große Koalition“ genannt wird, also ein Bündnis aus CDU und SPD, reicht im Kölner Stadtrat heutzutage bei weitem nicht aus, um die Geschicke der Stadt zuverlässig bestimmen zu können. Kämen jedoch die Grünen als stärkste Kraft dazu, hätte eine solche „Kenia-Koalition“ (Grün-Schwarz-Rot) eine satte Mehrheit von 58 Sitzen. Dagegen könnten die erstarkten Ränder links und rechts nichts ausrichten. Doch große inhaltliche Differenzen stehen einem solchen Bündnis diametral entgegen. Die Grünen wollen den von CDU und SPD favorisierten Tunnel auf der Ost-West-Achse um jeden Preis verhindern, genauso wie eine Bebauung der Gleueler Wiese mit Trainingsplätzen für den 1. FC Köln. Ob sich solche fundamentalen Konflikte im Vorfeld ausräumen lassen, ist stark zu bezweifeln.
Unsichere Zukunft: Verhandlungen abwarten
Eine auf der Hand liegende Bündnisoption scheint es demnach derzeit nicht zu geben. Es dürften also schwierige Verhandlungen werden. Denkbar ist, dass sich mehrere Akteure zu einem Haushaltsbündnis zusammenschließen, aber in inhaltlichen Fragen mit wechselnden Mehrheiten gearbeitet wird.
Die Parteien halten sich bedeckt, mindestens bis die neuen Fraktionen zum ersten Mal tagen. Die CDU Köln tat dies traditionell am Montag nach der Wahl. Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz verweist bei der Frage auf die am Montagabend anstehende Beratung im Parteivorstand. Zugleich erklärt er: „Wir wägen ab. Demokraten sollten immer miteinander reden.“