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StichwahlGibt es einen Favoriten für das OB-Amt in Köln?

4 min

Nun sind nur noch zwei sind im Rennen um das OB-Amt

Köln steht vor einer Stichwahl. Die Ausgangslage zeigt, für Berivan Aymaz (Grüne) und Torsten Burmester (SPD) gibt es Herausforderungen.

Nach der Wahl ist vor der Wahl, zumindest für Berivan Aymaz und Torsten Burmester. Die Kandidatin der Grünen und der Kandidat der SPD für das Amt des Oberbürgermeisters gehen am 28. September in die Stichwahl. Auch Markus Greitemann von der CDU galt als aussichtsreicher Kandidat für das Amt. Doch keinem der drei wurde ein direkter Durchmarsch zugetraut, zu breit ausgetreten ist die politische Landschaft in der Domstadt. Greitemann konnte schließlich weniger Stimmen auf sich vereinen, als es Zustimmung für CDU-Ratskandidaten gab. Und weil zudem die Kölner Christdemokraten mal wieder Verluste hinnehmen mussten, blieb er damit auf der Strecke. Nun müssen es Aymaz und Burmester unter sich ausmachen.

Wie ist die Ausgangslage?

Wer auf die nackten Zahlen schaut, kann zu dem Schluss kommen, Berivan Aymaz geht als Favoritin in die Stichwahl. 128.932 Kölnerinnen und Kölner stimmten für die Grüne. 97.791 Wählerinnen und Wähler wollten Torsten Burmester in den Chefsessel der Verwaltung heben. Davon ausgehend, dass die beiden Bewerber in der Stichwahl mit den Stimmen rechnen dürfen, die sie bereits beim ersten Urnengang für sich einwarben, geht Aymaz mit einem Vorsprung von 31.141 Stimmen in die Wahl. Zur Einordnung: Der OB-Kandidat der Linken, Heiner Kockerbeck, wurde von 28.054 Kölnerinnen und Kölner gewählt. Aymaz hat also mehr Vorsprung gegenüber Burmester als der Kandidat der − sich im Aufwind befindenden − Linken überhaupt Stimmen hat.

Holten die Kandidaten nur Stimmen aus ihrem Lager?

 Sowohl Aymas als auch Burmester konnten mehr Wählerinnen und Wähler hinter sich scharen als ihre jeweilige Partei. Die Grünen erhielten 114.881 Kreuze auf den Wahlzetteln für den Stadtrat. Ihre OB-Kandidatin gewann also 14.051 Menschen für sich, die nicht die Grünen gewählt haben. Bei den SPD-Stadtratskandidaten machten 91.283 Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz. Burmester konnte also über die Wählergrenze der SPD hinaus 6.508 Kölnerinnen und Kölner für sich überzeugen. Also muss Berivan Aymaz wohl auch aus diesem Blickwinkel als Favoritin gelten.

Hat Aymaz wirklich die besten Chancen?

 Wie sagte schon der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl: „Entscheidend ist, was hinten raus kommt.“ Denn die Chancen auf das Amt des Kölner Oberbürgermeisters bemessen sich nicht allein an dem Potenzial, mit dem die jeweiligen Kandidaten in die Wahl gehen, sondern auch daran, welche Anziehungskraft sie auf die Wähler der Parteien ausüben, die nun keine „hauseigenen“ Kandidaten mehr haben. Dafür kann natürlich nur Annäherungswerte geben, bemessen an den Stimmabgaben bei der Ratswahl und den üblichen Lagerbewegungen. Burmester präsentiert sich nicht als jemand der im linken Lager der SPD zugerechnet verortet werden muss. Im Laufe des Wahlkampfs gab es in der CDU hinter vorgehaltener Hand durchaus auch Zuspruch für sein Auftreten. Hingegen dürfte Aymaz für konservative Wähler eher ein „rotes Tuch“ sein. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Kölner CDU eine Wahlempfehlung für die Grünen-Kandidatin ausspricht.

Burmester freut sich über den Einzug in die Stichwahl

Ob sie das für Burmester macht, ist offen. Denkbar ist auch, dass die CDU gar keine Empfehlung ausspricht. Dennoch darf Burmeister bei der Stichwahl sicherlich mit Stimmen aus den Reihen der Christdemokraten rechnen. Alleine schon aus der Motivation heraus, Aymaz zu verhindern. Ähnlich gelagert könnte das Stimmungsbild bei der FDP aussehen. Bei der AfD muss mit Enthaltung gerechnet werden. Bei seiner Ausgangslage hätte der Sozialdemokrat damit ein Stimmenpotenzial von rund 202.000 Wählerinnen und Wähler. Gelten die politischen Anziehungskräfte bei der Stichwahl, kann Aymaz mit Stimmen aus den Reihen der Linken, von Volt, Gut & Klimafreunde und eventuell aus der eher linksgerichteten Satirepartei „Die Partei“ rechnen. Macht ein Potenzial von rund 215.000 Stimmen. Also auch bei diesem Vergleich hätte sie die Nase vorne, wenn auch schon deutlich knapper.

Was ist mit der Wahlbeteiligung?

 Sie ist eine der großen Unbekannten bei all diesen Rechnungen. Bei der Kommunalwahl 2020 waren rund 51 Prozent der Wählerinnen und Wähler beim ersten Urnengang dabei. Bei der anschließenden Stichwahl zwischen Henriette Reker (parteilos) und Andreas Kossiski (SPD) waren es nur noch rund 36 Prozent. Es mögen also beliebig viele Rechenexempel durchgeführt werden, am Ende hängt alles wesentlich vom Wählerwillen ab – wie immer in der Demokratie. Was sagen die Kandidaten?

Gratulation für Aymaz' Wahlergebnis

Aymaz sagt, das „sehr starke Ergebnis“ der Grünen gebe ihr Rückendeckung. „Für den Kampf um die Stichwahl setze ich weiterhin darauf, die Probleme offen anzusprechen und die Herausforderungen offen und mutig zu benennen, aber dabei nicht populistisch zu werden, sondern echte Lösungen zu liefern und alle mitzunehmen.“ Burmester sagt, er hoffe auf die Stimmen aller, „die einen erfahren, kompetenten und verlässlichen Oberbürgermeister an der Spitze unserer Stadt wollen“. Er werde weiter zu den Menschen gehen und schiele dabei „jetzt nicht nach rechts oder links. Denn ich habe ein überzeugendes Programm und klare Prioritäten.“