„Kultur kontrovers“ zur MiquaMuseumschef über Bauprobleme und Antisemitismus in Köln

Lesezeit 3 Minuten
190606_BEN_MUSEUMSFRAGE_03233

„Miqua“-Museumsdirektor Thomas Otten

  • Museumsdirektor Thomas Otten war zu Gast im Literaturhaus. Mit der Rundschau veranstaltet das Haus die Serie „Kultur kontrovers“.
  • Unter dem Motto „Braucht Köln noch ein Museum?“ stellte er sich den Fragen der Redakteure,
  • Die wichtigsten Aspekte haben wir hier zusammengefasst.

Köln – Noch ist Thomas Otten, 52, ein Museumsdirektor ohne Museum, denn das „Miqua“ (Archäologische Zone im Jüdischen Quartier) wird gerade vor dem Rathaus gebaut, eröffnet erst 2022. Es besteht aus zwei Teilen: einem 600 Meter langen unterirdischen Rundgang durch die Kölner Geschichte und einem darüber gebauten Museum, das die Geschichte der Juden in Köln präsentiert. Die Stadt baut es, der Landschaftsverband Rheinland (LVR) betreibt es.

Am Donnerstagabend war Otten zu Gast im Literaturhaus, mit der Rundschau veranstaltet das Haus die Serie „Kultur kontrovers“. Unter dem Motto „Braucht Köln noch ein Museum?“ stellte er sich den Fragen von Stefan Sommer (Lokalredaktion) und Hartmut Wilmes (Kulturredaktion). Die wichtigsten Aspekte.

Warum noch ein Museum?

Das „Miqua“ ist das vierte Kölner Museum, das sich mit Geschichte befasst, die anderen sind: das Römisch-Germanische Museum (RGM), das NS-Dokumentationszentrum und das Kölnische Stadtmuseum. Laut Otten brauche es nicht irgendein Museum, sondern etwas Neues: „Wir erheben den Anspruch, nicht nur ein Regionalmuseum zu sein, sondern national oder international zu wirken.“ Eine vergleichbare unterirdische Archäologische Zone existiere nur noch in Barcelona oder Krakau.

Möglicher Publikumsmagnet

Otten hofft auf 150 000 Besucher pro Jahr. Damit hätte das „Miqua“ 2018 hinter dem Museum Ludwig (313 000) und dem RGM (193 000) Rang drei belegt. Allerdings musste die Stadt eine Sicherheitsschleuse wie am Flughafen nachträglich einbauen, der Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel 2014 hatte zu einem Umdenken geführt. Der zweite Eingang zum benachbarten Wallraf-Richartz-Museum (WRM) fiel dem zum Opfer, was viel Kritik auslöste. 2017 war die Stadt davon ausgegangen, dass die Abfertigung zwei Minuten pro Besucher dauert, das wären nur 30 pro Stunde. Allerdings lässt sich das lockern, der Durchfluss erhöhen. Zudem gibt es einen zweiten Zugang für Gruppen über den benachbarten Spanischen Bau.

190606_BEN_MUSEUMSFRAGE_01432

Trio auf der Bühne: „Miqua“-Museumsdirektor Thomas Otten (Mitte) im Gespräch mit Stefan Sommer (l.) und Hartmut Wilmes.

Wird das Rathaus zugebaut?

Otten verteidigte den Verlust des Rathausplatzes, „er war kein funktionierender Platz“, es hätten die Anlaufpunkte gefehlt. Das soll sich durch den Neubau ändern, unter anderem entsteht der Augustusplatz zum WRM hin.

Was ist mit der Außengastronomie?

Zuletzt hatte die mittlerweile in Pension gegangene Stadtplanungsamtsleiterin Anne Luise Müller erklärt, dass es auf dem Augustusplatz nicht zwingend eine Außengastronomie geben müsse. Otten hat sich darüber gewundert: „Ich vertraue auf die Macht des Faktischen.“ Die Nähe zum WRM werden „gewisse Lösungen fordern. Das steht absolut auf der Agenda.“

Augustusplatz2

In einem Film zeigt die Stadt das „Miqua“, rechts davon steht das Rathaus. Im Vordergrund entsteht der Augustusplatz.

Was bekommen die Besucher zu sehen?

Otten will ein modernes Museum, eines, in dem die Besucher etwas erleben: „Die Kinder und Jugendlichen müssen in der Archäologischen Zone irgendwas machen können und nicht nur einfach durchgehen.“ Es geht um digitale Vermittlung der Inhalte, unter anderem eine dreidimensionale Rekonstruktion. Darüber hinaus zeigt das „Miqua“ einen dreigeteilten Erzählstrang. Nummer eins beschäftigt sich mit dem jüdischen Leben in Köln in Form eines Stadtrundgangs. Nummer zwei heißt „Sammlung und Ausstellung“ und präsentiert etwa die Werkbundausstellung von 1914. Und Nummer drei beschäftigt sich mit ausgewählten Biographien Kölner Juden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Welche Rolle spielt Antisemitismus?

Zuletzt hatte der Rabbiner der Kölner Synagogengemeinde, Yechiel Brukner, von antisemitischen verbalen Übergriffen berichtet, deshalb ist er von der Bahn aufs Auto umgestiegen. Otten will das Museum aber mit dem Thema nicht überfrachten. „Es taucht immer wieder auf, ist aber nicht der Haupterzählstrang.“ Es gehe um mehr als Leid und Zerstörung.

Die Probleme beim Bau

Statt 2019 ist das „Miqua“ erst 2021 fertig, 2022 erfolgen Einzug und Eröffnung. Und statt 48,1 Millionen Euro soll es nun 77 Millionen Euro kosten, obwohl es im Laufe der Planungen sogar ein Drittel kleiner wurde. Laut Otten sind die Daten noch aktuell. Angesichts der ständigen Verzögerungen und Verteuerungen sagte er: „Wir haben eine Menge Rückstand, den wir aufholen müssen, das geht aber erst, wenn das Museum öffnet.“

Rundschau abonnieren