45 Jahre war er Mitglied der Bezirksvertretung Lindenthal, jetzt folgt Roland Schüler Cornelia Weitekamp im Amt des Bezirksbürgermeisters.
Aktivist aus ÜberzeugungRoland Schüler ist neuer Lindenthaler Bezirksbürgermeister

Roland Schüler ist der neue Bezirksbürgermeister von Lindenthal.
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Der Mann ohne Handy ist Bezirksbürgermeister. Roland Schülers Verweigerungshaltung Mobilgeräten gegenüber ist in der Bezirkspolitik bekannt. Er scherzt selbst gerne mit Kolleginnen und Kollegen darüber, bleibt aber dabei: „Es geht ja auch so. Ich werde mir jetzt allerdings vielleicht einmal einen Anrufbeantworter zulegen“. Schüler ist sehr gut auf dem Festnetz zu erreichen und bestens vernetzt.
Quasi mit dem Mauerfall im Jahr 1989 wurde er erstmals Bezirksvertreter von Lindenthal – nicht als Grüner, sondern nur für die Partei, deren Parteimitglied er nie sein wollte. „Dann hätte ich die Grünen im Rat nicht kritisieren können“, erläutert er. „Ich bin aber für eine Stärkung der Bezirksvertretungen. Sie sind eigenständig, weil sie eigenständig gewählt wurden. Deshalb dürfen und müssen sie ihre Positionen und Interessen auch jeweils gegenüber eigenen Fraktionen im Rat vertreten.“ Zudem sei er vor allem auch Aktivist. Schüler ist in vielen Vereinigungen engagiert, beispielsweise im Freundes- und Förderkreis zur Vollendung des Äußeren Grüngürtels, im Verein Fortis Colonia, in der D-Gruppe, die sich mit der Initiative „Oben bleiben“ für einen oberirdischen Ausbau der Ost-West-Achse einsetzt.
Einsatz für den Äußeren Grüngürtel
Ein Grund dafür sei möglicherweise ein Kindheitstrauma, sagt Schüler augenzwinkernd: Er selbst sei zwar in der Frauenklinik der Universität Köln geboren, „im gleichen Kreißsaal wie Willy Millowitsch“. Aber mit seiner aus Unterschlesien geflüchteten Mutter und dem Vater, der als umgesiedelter Bessarabien-Deutscher aus dem Schwabenland kam, lebte er als Kleinkind in Behelfsbauten an der Geisbergstraße, Ecke Luxemburger Straße in Klettenberg. Diese mussten dann einer Tankstelle weichen. „Vielleicht habe ich ja deswegen etwas gegen Autos, küchenpsychologisch gesehen“, meint Schüler. Viel später engagierte er sich auch gegen den ursprünglich geplanten vierspurigen Ausbau des Militärrings durch Müngersdorf, dem viele Bäume im Viertel und auch ein großes Stück Äußerer Grüngürtel zum Opfer gefallen wären. Da lebte er bereits seit 1962 mit seiner Familie in Müngersdorf.
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In Schülers Bioladen war Komponist Karlheinz Stockhausen Stammkunde
Er war Kitakind im Petershof, Schüler der Gemeinschaftsgrundschule an der Wendelinstraße und der Realschule für Jungen an der Geilenkirchener Straße. Nach dem Abitur auf einem Aufbaugymnasium studierte er an der Universität zu Köln Geografie und Mathematik – wurde dann doch nicht Lehrer. Mitte der 80er-Jahre herrschten Kinderflaute und ein Lehrerüberschuss. So führte Schüler zweieinhalb Jahre einen Bioladen in Wipperfürth – mit einem besonderen Lieblingskunden: Karlheinz Stockhausen nebst Familie.

Roland Schüler leitet als neuer Bezirksbürgermeister die Sitzung der Lindenthaler Bezirksvertretung.
Copyright: Arton Krasniqi
Schüler bestellte für den berühmten Komponisten seine Birkenstocks – und kehrte dem Laden dennoch 1987 den Rücken, um an einem Forschungsinstitut für empirische Sozialökonomik an der Universität zu Köln zu arbeiten. Dort stellte Professor Günter Schmölder eine entscheidende Frage: „Warum hält sich eigentlich kein Unternehmen an die Ergebnisse unserer Statistiken? Er fand die Antwort und Schüler lernte fürs Leben: „Entscheider in Unternehmen entscheiden meistens emotional, begründen das dann aber rational.“ Diese Erfahrung machte er später auch oft im Umgang mit der Stadt.
Über sein Engagement in der Friedensinitiative Braunsfeld/Müngersdorf gegen den NATO-Doppelbeschluss kam er in Kontakt mit dem Friedensbildungswerk und arbeitete dort schließlich in der Erwachsenenbildung – und ehrenamtlich in der Bezirkspolitik, 45 Jahre lang. Seine Bilanz ist positiv. „Wir haben seit den 80er-Jahren viel für den Radverkehr erreicht“, betont Schüler. Man brauche einen langen Atem. „Wichtig ist jetzt beispielsweise, dass wir endlich eine angemessene Lösung für den Grüngürtel und den FC finden“, betont er. Und er würde gerne bereits gefasste politische Beschlüsse in den nächsten fünf Jahren umgesetzt sehen. „Ich will ja meine Tätigkeit in der Bezirksvertretung auch irgendwann einmal beenden“, so der neue Bezirksbürgermeister von Lindenthal. „Und da hat jetzt die Verwaltung zwei Möglichkeiten: Entweder setzt sie vieles um, dann ist sie mich 2030 los, oder nicht, dann bleibe ich noch fünf weitere Jahre sitzen.“
