Lolli-Lawine in NRWKölner Labore im Corona-Dauerstress – Tausende Tests täglich

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Auspacken, sortieren, scannen: Im Kölner Labor Dr. Quade werden Lollitests in Empfang genommen

Köln/Bonn – Unter den Dutzenden Mails, die täglich in ihrem Labor eingehen, fand Dr. Annegret Quade neulich die Nachricht einer Mutter, sie enthielt eine dringende Bitte. Ob sich das Labor ein wenig bei der Auswertung des Lollitests ihres Sohnes beeilen könne, wollte die Mutter wissen. Denn vom Testergebnis hänge das Nachmittagsprogramm ihres Sohnes ab. Mit freundlichen Grüßen.

Labor in Braunsfeld: 9000 Lolli-Tests in einer Nacht

Vermutlich hätte die Mutter die Mail nicht geschrieben, wenn sie mal einen Mittag im Innenhof des Labors in Braunsfeld verbracht hätte. Für eine knappe Stunde geht es hier zu wie am Taxistand vor dem Hauptbahnhof. Taxen fahren im Minutentakt vor, statt Fahrgästen werden Plastikkisten mit Lollitests aus Schulen und Kindergärten abgesetzt. Zum Teil kommen die Fahrzeuge aus Düsseldorf, Siegburg oder Düren. Drinnen wird ausgepackt, sortiert, gescannt. „Allein am Montag haben wir in der Nacht 9000 Einzelnachtests analysiert. Das sind unvorstellbare Mengen“, sagt Annegret Quade.

Viele Labore arbeiten in diesen Tagen längst im roten Bereich. Zwölf Labore aus ganz Nordrhein-Westfalen haben vom Land den Zuschlag zur Auswertung der Lollitests erhalten, die zweimal wöchentlich in Grund- und Förderschulen genommen werden.

In Köln gehören die Labore Dr. Quade und Dr. Wisplinghoff in Marsdorf dazu. Hier werden täglich 4000 Pools mit insgesamt rund 100.000 Einzeltests analysiert. „Nach den Herbstferien lag die Quote der positiven Pooltests bei etwa fünf Prozent. Jetzt sind es knapp zehn Prozent. Für uns bedeutet das eine deutliche Mehrarbeit“, sagt Dr. Fabian Wisplinghoff. Hier werden vor allem die Tests von Schulen aus dem Raum Aachen und Bonn analysiert.

Tausende Coronatests täglich: Labore arbeiten in NRW nachts durch

Die Nächte werden seit Beginn der Pandemie in nahezu allen Laboren durchgearbeitet. Nach Ende der Weihnachtsferien hatte das Land am Montag alle 750.000 Schülerinnen und Schüler zum Test gebeten. Hinzu kommen in ihrem Labor jeden Tag noch rund 15.000 PCR-Tests, die in Arztpraxen, im Gesundheitsamt oder in Unternehmen genommen werden. „Für die Bewältigung haben wir eine eigene EDV erstellt. Die Frage war nur: Wie bewältigen wir diese Massen?“, sagt Quade.

Lolli-Tests in Schulen und Kitas

444 Neuinfektionen sind bei den Tests am Mittwoch in den Schulen und Kitas festgestellt worden – ein deutlicher Anstieg. In den Schulen wurden 279 Infektionen nachgewiesen, in den Kitas 165.

Inzwischen sind in den Schulen 740 Kinder von dem Virus betroffen, hinzu kommen 194 Mitarbeitende. In den Kitas sind es 191 Kinder und 90 Personen aus dem Kreis des Kita-Personals.

Die Lollitests in Grund- und Förderschulen werden vom Land finanziert. An den weiterführenden Schulen wird inzwischen auf Kosten der Stadt einer der drei wöchentlichen Schnelltests durch einen Lollitest ersetzt. 

Nicht nur die Schulen bereiten den Laboren Arbeit, das Rekord-Infektionsgeschehen, das die Gesundheitsämter derzeit kaum noch bewältigt bekommen, hat die Nachfrage nach PCR-Tests deutlich erhöht. „Gerade bei der Omikron-Variante versagen oft Antigen-Schnelltests, weil sie die geringere Virenlast nicht erkennen“, hat Quade festgestellt.

Viele Schulen hätten die Kinder am Montag erst zu Hause einen Schnelltest absolvieren lassen und dann den PCR-Lollitest. „Dennoch waren viele Pools positiv und wir konnten zahlreiche Infektionen nachweisen“, so Quade.

Wegen Coronatests: Labore stocken Personal auf

Weil das Infektionsgeschehen im Winter traditionell anzieht, hatten die Verantwortlichen im Labor Dr. Wisplinghoff schon im Spätherbst neue PCR-Automaten angeschafft, die für die Auswertung benötigt werden. Die Labore haben kräftig Personal rekrutiert. Vor der Pandemie arbeiteten bei Dr. Quade 250 Menschen. Jetzt sind es 350, von denen etwa die Hälfte mit der Bewältigung von Coronatests beschäftigt sind.

Die Lolli-Lawine, die mehrmals pro Woche auf die Labore zurollt, bezeichnet Quade als „Materialschlacht“. Kürzlich musste das Unternehmen zusätzliche Müllcontainer bestellen, die nun täglich geleert werden. Seitdem das Land die Testweise in den Schulen geändert hat, werden alle Kinder direkt doppelt getestet – ein Teststäbchen wandert in den Gesamtpool der Klasse, ein zweites dient als Einzelprobe, falls der Klassenpool positiv ausfällt. Im vergangenen Jahr wurde bei einem positiven Poolergebnis am Folgetag nachgetestet, um den oder die infizierten Kinder identifizieren zu können. Jetzt soll Zeit gespart werden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Neben dem Müll nimmt auch der Stress in den Laboren zu. „Das Ziel ist es, die Pools bis spätestens 19 Uhr ausgewertet zu haben und die Einzeltests bis sechs Uhr am nächsten Morgen“, sagt Dr. Fabian Wisplinghoff. Noch schaffen die Labore diese Vorgabe. „Aber die Zeiten wackeln. Die Auswertung ist eine Herausforderung und irgendwann stoßen wir an unsere Grenzen“, sagt Dr. Annegret Quade ehrlich. Denn die Infektionszahlen steigen weiter.

Rundschau abonnieren