„Neuanfang in Richtung Demokratie“Köln-Istanbul-Verein begrüßt Wahlausgang

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Am 9. Mai 1997 unterzeichnen die Oberbürgermeister Recep Tayyip Erdogan (l.) und Norbert Burger den Vertrag über die Partnerschaft zwischen Istanbul und Köln. Rechts sitzt Burkhard von der Mühlen, er vertrat Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier.

Am 9. Mai 1997 unterzeichnen die Oberbürgermeister Recep Tayyip Erdogan (l.) und Norbert Burger den Vertrag über die Partnerschaft zwischen Istanbul und Köln. Rechts sitzt Burkhard von der Mühlen, er vertrat Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier.

Köln – Als Köln und Istanbul 1997 zu Partnerstädten wurden, hieß der Kölner Oberbürgermeister Norbert Burger und der von Istanbul Recep Tayyip Erdogan. Beide blieben Freunde bis zu Burgers Tod. Heute begrüßt der Verein Köln-Istanbul, der die Städtepartnerschaft pflegt, dass ein Gegner Erdogans die Wahl zum Oberbürgermeister gewonnen hat.

„Ich finde das sehr gut“, sagt der Vorsitzende Walter Kluth, „denn damit ist ein Neuanfang in Richtung Demokratie möglich“. Ekrem Imamoglu, der Kandidat der Opposition, hatte sich am Sonntag erneut gegen Binali Yildirim, den Kandidaten der Regierungspartei AKP, durchgesetzt. Seine erste Wahl im März hatte Erdogan annullieren lassen mit der Begründung, es habe Unregelmäßigkeiten gegeben.

Demokratischer Aufwind

„Jetzt ist gezeigt worden, dass in der Türkei Wahlen ohne Manipulationen gewonnen werden können“, meint Kluth. Das gebe den Befürwortern der Demokratie Aufwind. Sein Vorstandskollege Malik Karaman erhofft sich von Imamoglu, dass er „der türkischen Gesellschaft gut tut“. Denn die sei tief gespalten in Erdogan-Anhänger und seine Gegner. Der gewählte Oberbürgermeister zeige aber, dass man diese Gegner „nicht alle in einen Topf werfen kann“.

Imamoglu stamme nämlich aus einer konservativen, gläubigen Familie und sei trotzdem in Opposition zu Erdogan. So habe er erreicht, dass alle Bevölkerungsschichten zu seinen Wählern zählen. „Sie merken, wenn sie den richtigen Kandidaten aufstellen, ist Veränderung durch eine normale, demokratische Wahl möglich“.

Außerdem sei Imamoglu jemand, der die Jugend verstehe und junge Menschen hoffentlich in der Wirtschaftsmetropole Istanbul halten könne. „Das ist ein wichtiger Faktor.“ Denn viele junge Türken sähen angesichts schlechter Wirtschaftslage und hoher Arbeitslosigkeit für sich und ihre Kinder keine Zukunft im eigenen Land und gingen ins Ausland.

„Ein historischer Schritt“

Für Osman Okkan vom Kulturforum Türkei-Deutschland mit Sitz in Köln ist der Sieg der Opposition in Istanbul „ein historischer Schritt in Richtung demokratischer Verhältnisse; die Istanbuler haben Präsident Erdogan die schwerste Niederlage seiner Amtszeit bereitet.“ Erdogan habe mittlerweile fast alle staatlichen Institutionen ausgehöhlt, Justiz, Polizei und Bildungswesen untergeordnet und die Medien gleichgeschaltet.

Dass jetzt ein Newcomer gewinne, der die Polarisierungspolitik Erdogans mit einer Politik der Öffnung für alle und einer Anti-Korruptionskampagne konterkariere und die Unterstützung auch der gläubigen Wähler und der kurdischen Bevölkerung erreicht habe, sei ein Meilenstein: „Diese Wahl wird für den weiteren Weg der Türkei eine große Bedeutung haben, selbst wenn Erdogan und die AKP nun mit aller Macht versuchen werden, die politischen und wirtschaftlichen Befugnisse des neuen Oberbürgermeisters einzuschränken.“

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