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Kampf um Kölns OberbürgermeisteramtTorsten Burmester (SPD) setzt auf persönliche Begegnungen

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SPD-OB-Kandidat Torsten Burmester (M.) im Gespräch mit Schütte-Geschäftsführer Martin Welcker (r.) und Servicetechniker Hakan Hariklar vor einer Schütte-Werkzeugmaschine.

SPD-OB-Kandidat Torsten Burmester (M.) im Gespräch mit Schütte-Geschäftsführer Martin Welcker (r.) und Servicetechniker Hakan Hariklar vor einer Schütte-Werkzeugmaschine.

In gut sieben Wochen wird ein neuer Oberbürgermeister oder eine Oberbürgermeisterin gewählt. In loser Folge stellen wir die Bewerber vor und begleiten sie vor Ort bei Terminen.

Acht Uhr an einem Montagmorgen im Juli. Torsten Burmester steht am Werkstor von Alfred Schütte in Poll. Der Oberbürgermeister-Kandidat der SPD besucht den Werkzeugmaschinenhersteller im Rahmen seiner „Veedelsschicht“-Tour. Noch hängen seine Wahlplakate nicht in der Stadt, aber die heiße Phase des Wahlkampfs ist nicht mehr weit weg, und Burmester weiß, dass viele Kölner ihn nicht kennen.

Zwar lebt der gebürtige Niedersachse seit 1986 in der Stadt, er hat an der Kölner Sporthochschule studiert, war Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), Generalsekretär des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) und Abteilungsleiter im NRW-Wirtschaftsministerium. Mit Kommunalpolitik hatte er bis vor kurzem gar nichts zu tun, räumt er ein. Als Bürger kenne er die Probleme in der Stadt aber genau.

Nun schickt sich der 62-Jährige an, Chef der Kölner Stadtverwaltung mit fast 22.000 Beschäftigten zu werden. „Ich trete für zehn Jahre an“, betont er selbstbewusst.

Um in der Stadt bekannter zu werden, hat sich Burmester ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Im Wahlkampf wolle er alle 86 Veedel besuchen und 10.000 Menschen treffen, kündigte er im November 2024 an. Wie es darum steht? Etwa 5000 Menschen seien es bisher gewesen, sagt er.

Ralf Zeyen (r.) erklärt ihm einen Spindelkasten.

Ralf Zeyen (r.) erklärt ihm einen Spindelkasten.

Jeden Tag kommen neue dazu, aus allen Teilen der Gesellschaft. Rund 20 „Veedelsschichten“ hat der Sozialdemokrat schon absolviert. Er ist mit Polizei und Ordnungsdienst auf Streife gegangen, hat mit den Abfallwirtschaftsbetrieben Müll eingesammelt und bei der Arbeiterwohlfahrt die Herausforderungen der Pflege erlebt.

OB-Kandidat Burmester zu Besuch bei Schütte

Heute steht Hightech auf dem Programm. Der Name Alfred Schütte steht für mehr als 140 Jahre Industriegeschichte in Köln, hier befindet sich der Stammsitz des weltweit agierenden Werkzeugmaschinenherstellers.

„Wir machen das Komplizierteste vom Kompliziertesten“, sagt Schütte-Geschäftsführer Martin Welcker (64) nicht ohne Stolz und meint damit die patentierten Mehrspindeldrehautomaten aus dem Poller Werk. Maschinen so groß wie Frachtcontainer, vollgestopft mit Elektronik und Mechanik in höchster Präzision. Sie können drehen, bohren, fräsen und stellen in einem Arbeitsgang komplexe Werkteile her, zum Beispiel Ventile oder Zündkerzen – und das im Sekundentakt. Burmester hört aufmerksam zu, als Welcker ihm die aktuelle Problemlage für sein Unternehmen schildert: Die Konjunktur lahmt, Ausfuhrgenehmigungen lassen auf sich warten, seit Monaten ist im Betrieb Kurzarbeit angesagt. Außerdem wird es immer schwerer, gutes Personal zu finden.

Und dann ist da noch das Thema Alfred-Schütte-Allee. Im Kampf gegen die Raserszene hatte die Stadt die Straße vor dem Werkstor mit Verkehrsinseln zu beruhigen versucht. Es wurde so eng, dass große Lkw seitdem Schwierigkeiten haben, ins Werk zu kommen.

In der Montagehalle lässt sich Burmester von Servicetechniker Hakan Hariklar (53) einen im Bau befindlichen CNC-Drehautomaten erklären. Ein kurzes Gespräch, ein Händedruck, dann geht es weiter in die Lehrwerkstatt, wo ihn die Ausbildungsleiter Dirk Rasquing (54), Alexander Hardt (50) und Ingo Juterzenka (52) über das Ausbildungsprogramm bei Schütte informieren. 46 Azubis werden hier zurzeit ausgebildet, das sind rund zehn Prozent der Belegschaft. Maike Deutschendorf (21) aus Overath zeigt dem OB-Kandidaten eine kleine Sortiermaschine, die sie für ihre Mechatroniker-Prüfung selbst gebaut hat.

Burmeister: Interesse an den Problemen junger Menschen

Industriemechaniker-Azubi Cedric Kagels (18) führt ihm an einer CNC-Fräsmaschine vor, wie man aus einem Aluminium-Block einen schmucken Stifthalter fräst. Burmester stellt den jungen Leuten viele Fragen, er will wissen, wo der Schuh drückt. Dann muss er selbst an die Werkbank. Erst bohren, dann entgraten. „Macht er gar nicht schlecht“, meint ein Ausbilder und nickt. Körperliche Arbeit ist Burmester nicht fremd. Er ist ein Arbeiterkind, sein Vater war Wäscher und Plätter im Krankenhaus Remscheid, seine Mutter arbeitete als Reinigungskraft im Rathaus. Über seine Kindheit und Jugend sagt er: „Es war einfach, aber es war gut.“

Dann soll der OB-Kandidat mit der angehenden Elektronikerin Valeria Militano (24) eine elektrische Schaltung verdrahten. Dass er am Ende eine grüne und keine rote Lampe zum Leuchten bringt, trägt der Sozialdemokrat mit Fassung.

Weiter geht es durch die Werkshallen, vorbei an einer Drehmaschine so groß wie ein Lastwagen. Bei Schlosser Ali Demir (52) lernt Burmester die Feinheiten der Qualitätskontrolle kennen. Jede Bohrung in den Antriebskästen muss endoskopisch kontrolliert werden, jeder noch so kleine Grat entfernt werden.

Einige Arbeiter kommen dazu, Burmester begrüßt jeden mit Handschlag, führt kurze Gesprächen. In der Komponentenmontage trifft er einen alten Bekannten: Mit Leiter Ralf Zeyen (56) hat er in den 90er-Jahren beim HSV Bocklemünd Handball gespielt. Die beiden umarmen sich, tauschen Erinnerungen aus. Nach der mehrstündigen Tour durch die Fabrikhallen zeigt sich der OB-Kandidat beeindruckt. „Es ist mir wichtig, bei den Unternehmen zu sein und bei den Kolleginnen und Kollegen. Industrie und produzierendes Gewerbe sind extrem wichtig für Köln“, unterstreicht Burmester. „Auch in Köln gibt es international führende Mittelständler. Sie werden aus meiner Sicht zu wenig wahrgenommen, zu wenig wertgeschätzt.“

Ziel seiner Veedelsschichten sei es, „die Sorgen und Nöte der Kölner auf der Arbeit zu erfahren“. In den Gesprächen mit den Beschäftigten gehe es häufig um die Themen Verkehr und Wohnen, während Unternehmer teils über fehlende Unterstützung durch die Stadtverwaltung klagen würden.

Rund ein Dutzend solcher Touren wolle er noch absolvieren, betont Burmester. Es ist der Versuch, im direkten persönlichen Kontakt um Wählerstimmen zu werben und dabei zugleich aus erster Hand etwas über die Stadt zu lernen, über die Menschen, über Kölns Stärken und Schwächen. „Ich will verändern, damit Köln besser wird“, hat Burmester bei seiner Vorstellung im vergangenen Herbst gesagt. Ob er die Gelegenheit dazu bekommt, wird sich im September entscheiden.