PapageienStadt Köln will Halsbandsittich loswerden
Köln – Die Strategie des Gegners ist perfide. Zum einen nimmt er Menschen für sich ein. Zum anderen machen seine Zahl und Wendigkeit einen Schlag gegen ihn so schwer.
Darum weiß Claudia Behlert nicht so recht, wie sie jetzt vorgehen soll. Ihr Marschbefehl ist zwar unmissverständlich: Sie muss eine Strategie entwickeln, um den Halsbandsittich aus der Südstadt zu vertreiben. Genauer gesagt von den Bäumen an der Kreuzung Dreikönigenstraße/Bayenstraße. So hat es der Umweltausschuss der amtlichen Tierärztin aufgetragen. Aber sie fürchtet, das wird ein Kampf, bei dem sie nur verlieren kann: an Sympathie bei den Tierliebhabern und an Boden gegenüber den Papageienvögeln. „Ich hol’ mir mal lieber einen Sachverständigen“, sagt sie.
Ein Schwätzchen in den Abendstunden
Geschäftssinn und Respekt vor Amtspersonen – beides geht den Tierchen vollkommen ab. Allabendlich lassen sie sich auf den Ästen der Bäume zum Schlafengehen nieder – nicht, ohne noch ein Schwätzchen zu halten und sich vor dem Bettgang zu erleichtern.
Beides Beigaben, die die Besucher des Restaurantgartens unter den Bäumen so nicht auf dem Bestellzettel haben. Einst wollte sich Bezirksbürgermeister Andreas Hupke von den Zuständen vor Ort selbst ein Bild machen. Nicht, dass der Grünen-Politiker etwas gegen Tiere hätte, aber als die Vögel sein abgestelltes Fahrrad von oben bis unten ..., da war es wohl um seine Contenance geschehen. Er gilt als Initiator des Vergrämantrages. Es heißt, die CDU habe nur deshalb kopfschüttelnd zugestimmt, damit wegen ein paar grüner Vögel keine Kakophonie im Bündnis entsteht.
So erging der Befehl an Claudia Behlert. Sie hat die Wahl der Waffen. Und was für eine Wahl. Da wäre beispielsweise ein Wasserschlauch. Also das Prinzip Wasserwerfer, nur eine Nummer kleiner. Oder Beleuchtung? Wer sucht sich nicht einen anderen Schlafplatz, wenn er an dem angestammten geblendet wird. „Ich habe auch schon von Vogelscheuchen gehört, die in Bäume gehängt werden“, sagt die Tierärztin. Ihr etwas gequält wirkendes Lachen verrät, dass sie neben einer Niederlage auch die Schmach fürchtet.
Falken sollen Frontalangriff starten
Bekannt sind diese Methoden aus Düsseldorf. Dort führt der Halsbandsittich gerade einen Kampf gegen große Tiere. Gegen die Geschäftswelt der Kö. Mag der Papagei auch finanziell sicherlich nicht auf Rosen gebettet sein, auf den Bäumen an den Boutiquen und Schmuckgeschäften der Königsallee begibt er sich gern zur Ruh’ – mit den bekannten Begleiterscheinungen.
Doch Wasserschlauch und Blendscheinwerfer erscheinen in dieser Umgebung irgendwie nicht standesgemäß. Sie fanden nach langer Diskussion keinen Zuspruch. Die Jagdwaffe der Kurfürsten schon eher: Falken. Die sollen den Halsbandsittich frontal angehen. Vorrangig zum Zweck der Vertreibung. Kollateralschäden nicht ausgeschlossen. Die Tierschützer sind auf dem Baum.
Das sind Beispiele, da kriegt Claudia Behlert Schnappatmung. „Wir machen hier nichts gegen den Tierschutz“, stellt sie sogleich klar. Das würde auch nichts bringen, ist sich die Fachfrau sicher: „Stirbt einer, kommen hundert zur Beerdigung“, spielt sie auf das Populations- und Schwarmverhalten des Halsbandsittichs an. Auch von den anderen Methoden hält sie nicht viel. „Wenn die Tiere sich überhaupt verjagen lassen, dann lassen sie sich wahrscheinlich ein paar Bäume weiter wieder nieder.“ Und werde die Vergrämung eingestellt, kämen sie bestimmt wieder zurück.
„Es wäre besser gewesen, die Maßnahmen zu ergreifen, bevor sich die Vögel so ausbreiten konnten“, sagt sie angesichts der Gefechtslage. Sie will nun möglichst schnell den Rat eines Sachverständigen einholen. „Ich werde das nicht auf die lange Bank schieben. Das bringt ja nichts. Es gibt ja jetzt auch den Beschluss des Umweltausschusses.“
In Deutschland zu Hause
Der Halsbandsittich ist ein sogenannter Neozoon. Das bedeutet, er stammt nicht aus Deutschland, sondern ist hier „eingewandert“. Ursprünglich stammt die Papageienart aus Afrika. Unterarten von ihm haben in Asien ihre angestammte Heimat.
Dafür, dass er sich in Deutschland ausbreiten konnte, gibt es mehrere Gründe. Einige der „Kleinen Alexandersittiche“ – so ein weiterer Name der Vögel – sind aus zoologischen Gärten ausgebrochen. Andere waren wohl bei privaten Haltern zu Hause und nutzten ein offenes Fenster zur Flucht in die Freiheit. Die Tiere gibt es auch in Zoohandlungen zu kaufen.
Vor allem die Arten, die aus Asien stammen, waren bereits „winterhart“. Sie halten also auch Frost aus. Wenn auch nicht unbegrenzt. Darum sind die Vögel verstärkt in der Rheinschiene zu finden. Die eher milden Temperaturen des Flusstals ziehen sie an. Erstmals wurden sie in freier Natur in Deutschland Ende der 60er Jahre in Köln entdeckt. Zurzeit gehen Experten davon aus, dass rund 3000 der Schwarmtiere in der Domstadt leben.