Mit der Hilfe von „Mazor“ sollen die Eingriffe laut Prof. Dr. med. Jan Bredow einfacher, schneller und noch sicherer werden.
„Fast 99 Prozent Sicherheit“Roboter vereinfacht Wirbelsäulen-OPs im Krankenhaus Porz

„Mazor“ hält den Bohrer des Chirurgen „wie ein perfekter Assistent“ in der richtigen Position.
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Der weiße Roboter-Arm steht in Position. Nur wenige Zentimeter über dem unteren Rücken des Patienten, der bewusstlos auf dem OP-Tisch liegt, wartet er auf seinen Einsatz. Zwischen zwei Wirbeln wird mit seiner Hilfe gleich eine Schraube passgenau eingebracht.
Solche Eingriffe erfordern Millimeterarbeit: Wird falsch geschraubt, können schwerwiegende Nervenschäden entstehen. Mit „Mazor“, wie der technische Neuzugang im Krankenhaus Porz am Rhein heißt, sollen derartige Operationen nun einfacher, schneller und sicherer werden.
„Der Roboter kontrolliert, dass wir extrem präzise Schrauben setzen. Er hilft uns wie ein perfekter Assistent den Bohrer zu halten. Das erhöht natürlich die Patientensicherheit“, erklärt Prof. Dr. med. Jan Bredow im OP-Saal. Durch die „Hand“ des Roboter-Arms, eine schwarze Öse, führt der Chefarzt seinen Bohrer.
Mazor-Einsatz in Köln-Porz einzigartig
Den hält er nun genau über der richtigen Stelle, denn „Mazor“ weiß, wo die Schraube gesetzt werden muss – auch den richtigen Winkel gibt er vor. Wie ein Zug, der von Schienen geleitet ist, dreht sich die Schraube deshalb in den Rücken des Patienten, als der Dr. Bredow den Bohrer absenkt. „Das ist beinahe kinderleicht“, sagt er. Dann fährt der Roboter-Arm per Klick einer OP-Pflegekraft an die nächste Stelle.

Prof. Dr. Jan Bredow (l.) und Dr. Franziska Wallscheid (Mitte) können auf einem Bildschirm von „Mazor“ ihren Eingriff in der Wirbelsäule des Patienten beobachten.
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In ganz Köln sei das Krankenhaus Porz das einzige, das den Roboter des Modells „Mazor“ nutzt. Seit rund einem Monat ist er dort Teil der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie. Das Team setzt ihn ein, wenn Operationen an Wirbelsäulen durchgeführt werden, bei denen Implantate wie Schrauben eingesetzt werden müssen, erklärt Dr. Bredow. Nötig sei das unter anderem bei einer Skoliose, also einer Verkrümmung der Wirbelsäule.
Bei der Operation fällt auf: Es ist kaum Blut zu sehen. Denn dank „Mazor“ muss das Team nicht wie sonst einen großen Teil der Wirbelsäule freilegen, um lokalisieren zu können, wo gebohrt werden muss. Es reichen stattdessen kleine Schnitte.
OP wird vorher am Computer geplant
Hilfestellung gibt der Roboter nicht nur durch seine „Hand“, sondern auch visuell: Ein Bildschirm zeigt Dr. Bredow auf einem Röntgenbild, wie er in den Rücken des Patienten bohrt. Die Bewegung der Schraube wird live auf das Bild übertragen. Sitzt sie tief genug, leuchtet ihr Abbild auf.
Woher „Mazor“ das alles weiß? Jede Operation, die mit ihm gemacht wird, muss vorher am Computer geplant werden, erklärte Dr. Bredow vor dem Eingriff. Mit der Software des Roboters erstellt er ein 3D-Modell der betroffenen Wirbelsäule. Per Mausklick fügt er dann virtuelle Schrauben und Stangen ein.

Digitale Planung: Dr. Bredow bereitet mit der Software des Roboters die Operation vor.
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„Mazor“ wartet darauf, mit dem Modell gefüttert zu werden und gleicht es mit einer Röntgenaufnahme ab, die im OP-Saal gemacht wird, wenn der Patient bereitliegt. Durch Sensoren an den OP-Geräten kann er auch diese im Raum erkennen. All diese Daten fügt er zusammen.
Man verlasse sich jedoch nicht darauf: „Was aktiv bei der Operation passiert, machen die Operateure immer noch manuell, der Roboter spielt die Rolle eines Kontrollmechanismus“, betonte Dr. Bredow. „Wir tragen weiterhin die Verantwortung.“
Die einzigen, die im Krankenhaus Porz aktuell mit „Mazor“ operieren können, sind er und die leitende Oberärztin seiner Abteilung, Dr. med. Franziska Wallscheid. Beide haben schon hunderte Eingriffe an Wirbelsäulen durchgeführt. Erfahrung, die dringend nötig sei, damit Roboter und Operateur einander überprüfen können, sagte Dr. Wallscheid.

Prof. Dr. Bredow erklärt einem Modell, das Vorgehen bei einer Operation.
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„Man sagt, dass der Roboter fast 99 Prozent Sicherheit bei der Schraubensetzung hat. Und der erfahrene Wirbelsäulenchirurg, der viele tausend Schrauben gesetzt hat, kommt auf circa 94 Prozent“, erklärte die Chirurgin. „‚Mazor‘ ist also so das letzte Stück Sicherheit, was man als Patient ja sicherlich haben möchte.“
Seine Vorteile seien vor allem bei komplizierten Operationen spürbar, bei denen teils über die ganze Länge der Wirbelsäule Schrauben und Stangen angebracht werden müssen. Erst dann lohne sich auch der zeitliche Aufwand für Aufbau und Einstellung des Roboters.
Wie Dr. Bredow erklärte, werde ein Einsatz von „Mazor“ vorher mit Patientinnen und Patienten besprochen. Bisher hätten nach einer Testphase offiziell rund 30 Eingriffe stattgefunden, die alle erfolgreich verlaufen seien. „Die konkrete Nachfrage nimmt deutlich zu, da die Patienten sich die maximale Modernität für ihren Eingriff wünschen“, sagte der Chefarzt.

