Maßnahme gegen Raser in PorzSo sorgt eine Verkehrsberuhigung auf der Alfred-Schütte-Allee für Aufregung

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Vor dem Werksgelände müssen 40-Tonner manövrieren.

Vor dem Werksgelände müssen 40-Tonner manövrieren.

Die Alfred-Schütte-Allee ist nun beruhigt. Das soll Raser abschrecken. Doch an der Wirkung gibt es große Zweifel.

Eine Fahrradstraße und Verkehrsberuhigungselemente unmittelbar am Rhein – das klingt nach einer Maßnahme, bei der es nicht viele Kontroversen geben sollte. Doch wenn diese Straße Alfred-Schütte-Allee heißt, an der sich der Hauptsitz der Schütte Werke befindet, und die Straße sich in den vergangenen Jahren zu einem Treffpunkt der Raser- und Poserszene entwickelt hat, dann ist mit einem Schlag reichlich Potenzial für Kontroversen vorhanden. Lange wurde also um diese Fahrradstraße gerungen: zwischen der Porzer Bezirksvertretung und dem Verkehrsausschuss, zwischen Schütte-Geschäftsführer Carl Martin Welcker und Mobilitätsdezernent Ascan Egerer sowie zwischen Bürgervertretungen und der Politik. Doch nun sind sie fertiggestellt: die Fahrradstraße, die verschränkten Parkstreifen und die Mittelinseln. Also haben die Kontroversen ein Ende? Nein.

Diskussion nach schrecklichem Unfall

Die Vorgeschichte: An Dynamik gewann die Diskussion um die Alfred-Schütte-Allee, als es zu einem tödlichen Raserunfall auf der benachbarten Siegburger Straße kam. Danach wurde ultimativ gefordert, die Szene von der Allee zu vertreiben. Es gab Bürgeranhörungen. Die Bezirksvertretung rang um eine Lösung. Es gab eine ganze Reihe von Beschlüssen. Schließlich erklärte sich der Verkehrsausschuss für zuständig. Die Bezirksvertretung fühlte sich ausgebremst und schaltete die Kommunalaufsicht ein. Dann fasste der Verkehrsausschuss einen Beschluss, der sich an den Forderungen der Anwohner orientierte und noch darüber hinaus ging.

Nördlich der Südbrücke ist auf der Alfred-Schütte-Allee nun eine Fahrradstraße

Nördlich der Südbrücke ist auf der Alfred-Schütte-Allee nun eine Fahrradstraße

Das Ergebnis: Nördlich der Südbrücke ist die Alfred-Schütte-Allee nun eine Fahrradstraße, gekennzeichnet mit großflächigen Piktogrammen und Sicherheitstrennstreifen zu den Pkw-Parkplätzen. Südlich der Südbrücke, im Bereich der Schütte Werke, wurden verschränkte Parkplatzflächen auf der Fahrbahn angebracht und Mittelinseln betoniert. Sie sollen das Rasen verleiden. Aus Sicht des Schütte-Geschäftsführers Carl Martin Welcker stellen diese Elemente allerdings nichts anderes dar als einen Hindernisparcours für seine Anlieferungen. „Es gibt keine Notwendigkeit für die Maßnahme“, sagt Welcker. „Poser dürfen sich in Deutschland Gott sei Dank frei versammeln – und die tun ja auch im Grunde nichts Schlimmes.“

Ein „Hochzeitsmarkt “vorm Werkstor

Denn was sie bei ihm vor dem Werksgelände vorrangig freitagabends versammle, seien eben Poser, keine Raser. Denen gehe es nicht ums schnelle Fahren, sondern ums Präsentieren. Es sei ein regelrechter „Hochzeitsmarkt“, was sich dort abspiele. „Wenn die Autos keine TÜV-Abnahme haben, dann müssen sie sichergestellt werden. Wenn sie zu laut sind, müssen die Besitzer zur Ordnung gerufen werden“, sagt Welcker. „Stattdessen eine Straße lahm zu legen, kann nicht das Mittel der Wahl sein“, so der Unternehmer, der auf eine über 140 Jahre währende Familienunternehmensgeschichte in Poll zurückschaut. Und wenn die Poser wirklich weiter ziehen würden, wo anders hin, werde dann die nächste Straße zwangsberuhigt?

Sein Resümee: „Die Maßnahme hat sämtliche Ziele verfehlt, ich werde jetzt den Antrag bei der Stadt stellen, alles wieder zurückzubauen.“ Die Poser sieht Welcker nach wie vor sich jeden Freitagabend auf der Allee versammeln. Die Fahrradfahrer würden viel lieber auf dem Damm am Rhein als auf der Straße fahren. Stattdessen müssten nun die 40-Tonner seiner Zulieferer um die Fahrbahnverschränkungen manövrieren. An der Werkseinfahrt sei sogar eine Unfallgefahrenstelle entstanden. „Wer jetzt durch das Werkstor will, muss einen so weiten Bogen schlagen, dass er in den Gegenverkehr kommt.“

„Keine große Hoffnung“

So richtig glücklich wirken auch große Teile der Politik nicht mit der nun fertiggestellten Maßnahme. „Ich erwarte von der Verwaltung eine Überprüfung der Wirksamkeit und regelmäßige Gespräche mit der Geschäftsleitung der Schütte Werke“, sagt Lukas Lorenz von der SPD. Für ihn ist es auch mit den Verkehrsmaßnahmen allein nicht getan: „Im Vordergrund muss die Zurückdrängung der Raser- und Poserszene durch wirksame Kontrollen der Ordnungsbehörden stehen.“

Auch Teresa De Bellis (CDU) setzt keine große Hoffnungen in das Werk des Mobilitätsdezernenten: „Diese Maßnahmen sind keine gute Antwort auf die Frage, wie die Lage an der Alfred-Schütte-Allee verbessert werden kann. Das führt höchstens zu einer Verlagerung der Szene.“ Darum erwarte sie eine zeitnahe Evaluierung der Auswirkungen. Was ihr vor allem wichtig ist: „Am Ende darf es nicht dazu kommen, dass der Wirtschaftsstandort beschädigt wurde, aber die Probleme nicht beseitigt sind.“ Für Lars Wahlen (Grüne) hingegen sind die Maßnahmen ein „guter Schritt in die richtige Richtung“. Die Fahrbahnverschwenkungen seinen extra großzügig ausgefallen, um den Belangen der Schütte Werke gerecht zu werden. „Ob das alles ausreicht, müssen wir dann sehen“, erwartet auch er eine Analyse.

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