Prozess in KölnLebenswichtige Kanüle aus der Luftröhre gezogen – 44-Jährige vor Gericht

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Akten liegen vor einem Prozess in einem Landgericht auf dem Tisch.

Akten liegen vor einem Prozess in einem Landgericht auf dem Tisch.

Die Angeklagte leidet an Realitätsverlust und steht vor der dauerhaften Unterbringung in der Psychiatrie.

Der damals 78-Jährige saß im Aufenthaltsraum und las. Der 43-Jährigen, die sich ebenfalls in dort aufhielt, schenkte er keine Beachtung. „Plötzlich spürte ich, wie jemand an meinem Hals rumfummelte“, sagte der frühere Diplom-Ingenieur. Anschließend habe die 44-Jährige ihm die zum Atmen unabdingbare Trachealkanüle, die nach einem Luftröhrenschnitt eingesetzt worden war, aus dem Hals gezogen. Zur Hilfe geeilte Pfleger hatten dem Senior aber rasch eine Notkanüle einsetzen und so vorm Ersticken retten.

Seit Dienstag steht die 43-Jährige nun in einem sogenannten Unterbringungsverfahren vor dem Landgericht. Es geht für die an Realitätsverlust leidende Frau somit nicht um eine Haftstrafe wegen versuchten Totschlags, sondern um die dauerhafte Unterbringung in einer Psychiatrie.

Zudem wird der Frau von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, beim anschließenden Polizeieinsatz eine Beamtin getreten und zu schlagen versucht haben. „Es ist möglich, dass sie nicht in der Lage war, das Unrecht ihrer Tat zu erkennen“, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Da auch „weiter raptorartige Durchbrüche zu erwarten“ seien, geht die Staatsanwaltschaft aufgrund des Realitätsverlusts von einer erheblichen Gefährlichkeit der Beschuldigten aus.

Vorfall in Beatmungs-WG in Köln-Porz

Zu dem Vorfall gekommen sein soll es am 3. Mai 2023 in einer sogenannten Beatmungs-WG in Porz. In der WG leben Patienten, die beatmet werden müssen, und die dort von einem spezialisierten Pflegedienst intensivmedizinisch betreut werden. Wie auch der inzwischen 79-Jährige, hatte auch die Beschuldigte mal eine solche Kanüle im Hals. Wie sie vor Gericht sagte, habe sie nur nachsehen wollen, „ob das auch echt ist“ bei dem 79-Jährigen. „Oder ob der bloß Schikane macht“, behauptete die 43-Jährige, die die Vorwürfe rundheraus beim Prozessauftakt bestritt. „Ich habe anderen nichts getan“, so die Frau weiter.

Der 79-Jährige, der aufgrund einer halbseitigen Lähmung nach einer Tumorentfernung im Hirn im Rollstuhl sitzt, wurde von zwei Pflegerinnen begleitet. Auch heute noch bekommt der Mann nur über eine Trachealkanüle Luft. Als er gemerkt habe, dass die Beschuldigte ihm am „Hals rumfummele“ habe er angefangen auf den Tisch zu schlagen, was mit einem gelähmten Arm nicht leicht gewesen sei, und habe versucht zu schreien. Doch die 43-Jährige habe ihm mehrmals mit der flachen Hand auf den Kopf geschlagen. „Sie hat mit Macht geschlagen“, sagte der Geschädigte.

Rasch seien Pfleger auf das Geschehen aufmerksam geworden, hätten die Situation im Aufenthaltsraum „sofort erfasst“ und dem ums Leben ringendem Patienten eine Notkanüle eingesetzt. Ein Grund für das Handeln der Beschuldigten konnte der Mann nicht angeben. Er beschrieb die Frau aber als distanzlos: „Überall steckte die ihre Nase rein.“ Zudem sei sie bei ihm und auch anderen Patienten ungefragt aufs Zimmer gekommen.

Die Beschuldigte ist derzeit vorläufig in einer Psychiatrie untergebracht. Der Prozess ist mit sechs weiteren Verhandlungstagen bis Ende März terminiert.

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