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„Überall Blut an der Wand“Angeklagte gestehen brutale Geiselnahme in Rodenkirchen

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Aus diesem Haus in Rodenkirchen hatte die Polizei einen Mann und dessen Frau befreit.

Aus diesem Haus in Rodenkirchen hatte die Polizei einen Mann und dessen Frau befreit.

Sie entführten ein Paar aus Bochum, folterten die Opfer stundenlang im Keller einer Rodenkirchener Villa - wegen 350 Kilo verschwundenem Marihuana. Nun haben fünf der sieben Angeklagten ihre Beteiligung an der brutalen Geiselnahme eingeräumt.

Am Montag wurde vor dem Landgericht ein Prozess im sogenannten Tatkomplex Kölner Drogenkrieg fortgesetzt. In dem Verfahren sind seit vergangener Woche sechs Männer zwischen 23 und 25 Jahren unter anderem wegen gemeinschaftlicher Geiselnahme und ein siebter Angeklagter (24) wegen Beihilfe zur Geiselnahme angeklagt. Letzterer soll der Bande die Villa in Rodenkirchen, die er für seine damalige Lebensgefährtin und sich gemietet hatte, zur Verfügung gestellt haben.

Details der Entführung in Rodenkirchen

Laut Staatsanwaltschaft sollen die Männer Anfang Juli 2024 einen Mann und eine Frau aus Bochum entführt, als Geisel genommen und im Keller einer Villa in Rodenkirchen über viele Stunden festgehalten und misshandelt haben. Der Grund: Die Gruppe, die im Auftrag des mutmaßlichen Chefs einer Kalker Drogenhändlerbande handelte, wollte über die Misshandlungen den Bruder der männlichen Geisel unter Druck setzen. Ihn wähnte die Bande hinter dem Raub von rund 350 Kilogramm Marihuana aus einer Lagerhalle in Hürth.

Bereits in der zurückliegenden Woche hatten zwei Angeklagte ihre Tatbeteiligung eingeräumt, am Montag legten nun drei weitere Beschuldigte nach. Wie schon in den zuvor ergangenen Einlassungen, spielten auch am Montag die Angeklagten ihre Rolle bei der Entführung jeweils runter. Ein 23-Jähriger ließ über seinen Verteidiger Marc Piel zunächst erklären, dass er es „beschämend“ finde, bei der Geiselnahme mitgemacht zu haben. „In der Haft habe ich die Geiselnahme ausgiebig Revue passieren lassen, und ich möchte mich bei den Geschädigten entschuldigen und Schmerzensgeld zahlen“, hieß es seiner Erklärung dazu. „Dass das Ganze einen derartigen Umfang und eine derartige Brutalität annehmen würde, damit habe ich nicht gerechnet“, bekundete der Mann, der laut eigener Aussage sowohl bei der Vorbereitung, als auch bei der Durchführung der Geiselnahme beteiligt war. Erst in ihrem Verlauf habe er bemerkt, was die Aktion für ein Ausmaß habe. Als er nach kurzer Abwesenheit zurück in den Keller gekehrt sei, sei er geschockt gewesen: „Überall Blut an der Wand und auf den Böden“, sagte der Mann. Warum er mitgemacht habe? „Das habe ich mich auch gefragt – aber ich habe einfach mitgemacht“, sagte der 23-Jährige.

Motive und Versprechungen im Kalker Drogenkrieg

Ein 25-Jähriger bekundete, dass er vom Kalker Bandenboss gebeten worden sei: „Hilf uns, diese Ware wieder zurückzukriegen.“ Ihm seien 100.000 Euro sowie ein Auto versprochen worden, „wenn ich den Typen kriege“, sagte der aus dem Ruhrgebiet stammende Angeklagte aus. Wie auch der 23-Jährige sei er dabei gewesen, als die Waffen für die Geiselnahme in einer Wohnung in Kalk ausgegeben wurden. Mit den Waffen habe man mehrere Niederländer ausgerüstet, die sich schließlich der Opfer in Bochum bemächtigt hätten und sie anschließend nach Rodenkirchen fuhren. Die Niederländer — von denen einer ebenfalls in dem Prozess auf der Anklagebank sitzt — hätten das Pärchen schwer misshandelt. Er habe das alles irgendwann nicht mehr ausgehalten und versucht, einen Bekannten bei der Polizei zu erreichen. Das sei ihm aber erst gelungen, als er Rodenkirchen verlassen habe. Er habe die Einsatzkräfte dann über Mittäter und Räumlichkeiten informiert. Der Prozess wird fortgesetzt.