Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Mein VeedelMit Domstürmer Micky Nauber durch Rodenkirchen

5 min
Ein Mann im rosa Hemd steht am Rheinufer und schaut auf den Fluss.

Am Rhein ist alles im Fluss und außerdem Inspiration für Micky Nauber von den Domstürmern.

Das Lebensgefühl im Kölner Süden inspiriert Micky Nauber zu seinen Liedtexten. Der Frontmann der Domstürmer zeigt seine Lieblingsorte in Rodenkirchen. 

Treffpunkt mit Micky Nauber ist das Domstürmer-Hauptquartier im Industriegebiet, an der Emil-Hoffmann-Straße. „Hier entstehen neue Ideen und werden auch wieder verworfen“, sagt der Frontmann der fünfköpfigen Band. Nauber feiert dieses Jahr sein 40-jähriges Bühnenjubiläum - mit 15 Jahren hat er mit dem Schlagzeug angefangen. Die Band selbst um den Frontmann, Produzenten und Label-Inhaber, wurde 2006 gegründet und gehört live zu den publikumsnahen kölschen Bands. „Wir sind einfach mit dem Kölner Süden verbunden, auch wenn einige hier nicht mehr wohnen."

Zuhuss ist ein Lied aus Rodenkirchen

Musik zu schreiben, zu performen, ist für ihn kostbar. Das Klavierspielen hat er sich beigebracht, weil er so besser komponieren kann. Rund 300 Auftritte bestreiten die Domstürmer im Jahr. „Für mich ist es das Schönste. Du bekommst so viel zurück.“ Nauber findet es spannend, wie die Domstürmer wahrgenommen werden. Als Stimmungsband - die melancholischere Seite gehöre aber auch dazu. Natürlich wird derzeit an neuen Titeln gearbeitet. „Das ist quasi die Pflicht, Songs, die ab Sommer getestet werden.“ „Zuhuss“ ist so ein Lied, das in Rodenkirchen geschrieben wurde.

Ein Mann im rosa Hemd steht in einem Herrenmode-Geschäft, der Inhaber des Geschäfts berät ihn.

Farbenfrohe Herrenmode wird bei Michael Sesterhenn auf der Hauptstraße gekauft.

Zweimal die Woche mindestens ist Nauber in „Rodenkirchen City“, schlendert über die Hauptstraße. Herrenmode Sesterhenn ist für ihn eine ganz klare Empfehlung. Beim ersten Kennenlernen dachte er, der Herrenmode-Verkäufer aus Rodenkirchen sei der Fensterputzer. „Und ich dachte, er ist vom Lieferservice“, sagt Michael Sesterhenn. Nauber: „Ich komme hier immer mit schwarz rein und gehe mit Farbe wieder raus“. In dem Fall ist es ein neues rosa Hemd, das über den Verkaufstresen geht. Sesterhenn führt seinen Laden seit 2011. „Im Moment läuft das Geschäft besser als je zuvor“. Sein Publikum sei in den Jahren jünger geworden, liegt jetzt zwischen 30 und 60 Jahren. „Das rosa Hemd steht dir. Es ist perfekt für einen großen, kräftigen Burschen“, sagt Sesterhenn zum Abschied.

Am „Kapellche“ ist alles im Fluss

An der Apotheke an der Hauptstraße werden ein paar Halspastillen eingekauft. Nauber wird schnell heiser, sowohl vom Reden, aber auch vom lautem und hohen Singen. Lutschend geht es runter zum Rhein. Über die Kirchstraße, vorbei an der Kirche Alt Sankt Maternus, das „Kapellchen“, schlägt Nauber leisere Töne an. Für den Sänger ist der Rhein Inspiration. Er mag das Bild, dass alles im Fluss ist. „Der Rhein hat viele Menschen kommen und gehen sehen. Dann sehe ich die Vergänglichkeit und wie kostbar das Hier und Jetzt ist.“ Nauber singt und unterhält mit Leib und Seele, ist aber selbst oft melancholisch. Eigentlich liebt er es, „die Klappe zu halten“, wie er sagt und dann gesteht er: „Ich vergesse das nur immer. Wenn ich nichts sage, denken immer alle, ich habe schlechte Laune.“

Ein Mann im rosa Hemd und schwarzer Hose sitzt in einem Liegestuhl auf einem großen Platz.

Nach dem Einkauf macht Nauber Pause auf dem Maternusplatz.

„Ohne Dom, ohne Rhing, ohne Sunnesching“ ist in der Grundidee in Österreich im gemeinsamen Bandurlaub entstanden. Die Melodie kam später, in Rodenkirchen. Die Gedanken gehen über zur „Weltstadt Köln“. Im Song „Janz schön Kölle“, „Meine Liebe, meine Stadt, mein Verein“, besingen sie die Stadt, die sie im Herzen tragen. Aber ist es die Stadt, so ganz ohne Abstriche in der B-Note? „Im Improvisieren sind wir besser als im Planen. Das Problem in Köln ist, dass hier vieles keine Konsequenzen hat. Wenn du Mist baust, musst du in einer Demokratie dafür gerade stehen.“

Engagement für die Tafel, das DRK, aber auch die Offene Schule Köln

Der Domstürmer findet es gut, wenn Köln sich erhebt. „Aber wir müssen Toleranz leben und nicht nur in Liedern besingen. Da sind wir Bands als Künstler gefordert, das zu beherzigen“. Wenn er Köln ein Zeugnis ausstellen würde, dann stünde da wohl „stets bemüht“. Er selbst bleibt als Künstler nicht in seiner Blase, unterstützt aus tiefer Überzeugung soziale Projekte. Sein Privatleben ist dabei in den letzten Jahren auf der Strecke geblieben. Sein Sohn kam als Frühchen zur Welt. Seitdem setzt er sich für Projekte ein, die Kindern und Jugendlichen mit Behinderung zugute kommen, unterstützt aber auch die Malteser, die Tafel und das Deutsche Rote Kreuz. Durch einen befreundeten Lehrer engagiert er sich an der Offenen Schule Köln. Sein Credo heute: „Der Schlüssel zu allem ist Selbstbewusstsein. Das wünsche ich mir für unser Schulsystem, sich die Zeit zu nehmen, herauszufinden, welches Kind welche Stärke hat."

Ein Mann und eine Frau stehen nebeneinander in einem Obst- und Gemüse-Geschäft. Sie hält eine Viertel Wassermelone, er eine Schale Erdbeeren.

Obst und Gemüse  für die Band kauft Nauber bei Petra Walterscheidt.

Am Lüchbaum geht es zurück auf die Hauptstraße Richtung Maternusplatz. Bei Obst und Gemüse Walterscheidt werden Erdbeeren und Melonen begutachtet, bei Chefin Petra Walterscheidt eingekauft. „Hier hole ich immer etwas für die Band, für die Proben.“ Den Druck spürt Nauber oft, trägt Verantwortung für 20 Leute. Nauber mag Künstler nicht, die nicht mehr wissen, wo sie gerade auftreten. „Die Basis von allem was wir machen, ist Respekt.“ 

Chillen auf dem Maternusplatz in Köln-Rodenkirchen

Mit den Einkäufen chillt Nauber kurz im Liegestuhl auf dem Maternusplatz, „mal innehalten“. Er freut sich über die Pause beim Spaziergang durch sein Veedel, ehe es über die Schillingsrotter Straße Richtung Friedenswald und den Forstbotanischen Garten geht.

Ob Köln irgendwann final besungen ist? „Köln, das ist die Stadt, das Geografische und Köln sind die Menschen. Jeder schreibt seine eigenen Geschichten. Aber es ist immer eine Interpretation und die wird immer neu geschrieben“. Das alte Schild der Alten Feuerwache an der Schillingsrotter Straße, das hätte er gerne für sein Studio. Neben der Schwäche für Schilder hat Nauber ein Faible für Stühle. Im Friedenswald sind Videosequenzen für Social Media gedreht worden. „Für unseren Trainingshit Sexy Bauch.“ Vorbildlich macht Nauber einen Klimmzug - auf Knien. Der FC-Fan („Toni ist mein Gott“) dachte immer,  Fußball und Band, das bleibt, währt ein Leben lang. 

Zuletzt hat er Chat GPT gefragt: „Wer ist Micky Nauber?“ Bei der Antwort musste er Chat GPT korrigieren. „Ich bin das Original. Die neue Generation wächst vielleicht mit etwas ganz anderem auf. Vielleicht sind es virtuelle Stars. Wir wollen einfach alle nur etwas, womit wir uns identifizieren können. Dabei sind wir immer einsamer, das ist irre. Als würde es eine Angst geben, sich für irgendetwas festzulegen."


Naubers Tipps für Rodenkirchen:

1) Herrenmode Sesterhenn, Hauptstraße 82-84, 2) Chillen auf dem Maternusplatz und am Rhein 3) Sport im Friedenspark 4) Obst & Gemüse Walterscheidt, Maternusstraße 6