Rundschau-SerieDokumentarfilmer Valentin Thurn produziert für Kino und Fernsehen

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Sensible Porträts und „harte Kost“: Valentin Thurn greift vielfältige Themen auf.

Sensible Porträts und „harte Kost“: Valentin Thurn greift vielfältige Themen auf

In lockerer Folge stellt die Rundschau kreative Menschen der Film- und Fernsehlandschaft in Köln vor.

„Träum weiter! Sehnsucht nach Veränderung“ steht im Sternenhimmel auf einem der Kinoplakate, die die Bürowände von Valentin Thurn schmücken. Der Appell ist Titel seines Dokumentarfilms von 2021 über Menschen, die dem Alltagstrott entkommen und ihre Lebensträume verwirklichen wollen. Der vielfach für seine Produktionen ausgezeichnete Dokumentarfilmer erzählt einfühlsam nicht nur über Visionen wie diese.

Er versteht es auch, Tabuthemen informativ und unterhaltend aufzugreifen und damit ein großes Publikum anzusprechen. Das provokante Postermotiv für „Taste the Waste – Die globale Lebensmittelverschwendung“: ein gerupftes Huhn, das auf einem Mülleimer liegt. Seit dieser Film 2011 in den Kinos lief, sind Worte wie „Containern“ oder „Mülltauchen“ für die Suche nach Essbarem im Abfall von Supermärkten für Viele ein Begriff geworden. Auch mit Produktionen wie dem Kinofilm „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“ oder dem Sachbuch-Bestseller „Die Essensvernichter“ schob Thurn eine globale Foodsharing-Bewegung an.

Filmemacher Thun gründete foodsharing-Plattform mit

„Ich habe die Online-Plattform foodsharing.de mitgegründet“, sagt Thurn, der soziale und gesellschaftliche Probleme aufzeigen und zu Verbesserungen beitragen will. Die Plattform biete Verbrauchern ebenso wie Produzenten und Händlern die Möglichkeit, überschüssige Lebensmittel vor der Tonne zu bewahren. Ernährung ist ein Schwerpunktthema des Autors und Regisseurs. So ist es auch kein Zufall, dass der Ernährungsrat seinen Sitz im selben Bürogebäude an der Neven-DuMont-Straße hat und auf dem Dach die Bienenstöcke des Kölner Stadtimkers stehen.

Thurn gründete den regionalen Rat 2016 mit, um sich zum Beispiel für besseres Schulessen einzusetzen. Der Vater von drei mittlerweile erwachsenen Kindern, die alle das Humboldt-Gymnasium besuchten, engagierte sich mit dem Elternverein der Schule auch privat für gesündere Kost.

Die Wurzeln dieser intensiven Beschäftigung damit lägen wohl auch in seiner Erziehung, vermutet der 59-Jährige, „bei uns zuhause war Ernährung immer ein Thema. Die Grundsätze: Essen wegzuwerfen ist eine Sünde, Essen ist heilig. Meine Mutter war nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Internierungslager inhaftiert und hat auch unter Hunger gelitten.“


Zur Person

Valentin Thurn und die von ihm 1994 gegründete Kölner Filmproduktionsfirma arbeitet mit zahlreichen öffentlich-rechtlichen Sendern von ARD und ZDF bis Arte und WDR zusammen sowie internationalen TV-Kanälen wie Sky und BBC. Der Geograph und Ethnologe produziert Dokumentarfilme für TV, Kino und Online-Medien, einige entstanden in internationalen Koproduktionen. Neben drei Festangestellten gehören mehrere freie Autorinnen und Autoren zum Team. Er ist Autor von über 40 Dokumentationen zu sozialen, umwelt- und bildungspolitischen Themen. Etliche Produktionen gewannen Auszeichnungen,etwa den Deutschen Naturfilmpreis. „Taste the Waste“ machte Thurn 2011 weit über Deutschland hinaus bekannt, es war der am besten besuchte Kino-Dokumentarfilm des Jahres. Er verfasste mehrere Sachbücher wie „Harte Kost: Wie unser Essen produziert wird.“ (MW) www.thurnfilm.de


Mit der neuen Kino-Koproduktion „Holy Shit – Nährstoffe recyceln, Nahrungsmittel sichern“, greift Thurnfilm wieder ein Tabuthema auf. Essen sei nun mal eng mit dem verbunden, was durch die Toiletten in Gewässern lande. „Die wertvollen Ausscheidungen spülen wir in die Flüsse, anstatt sie zurück auf den Acker zu tragen“, so Thurn. „Aber darüber spricht man im Allgemeinen nicht.“

Er schon - mit filmischen Mitteln, „engagiert, aber nicht aktivistisch“, sagt der Absolvent der Deutschen Journalistenschule in München zu seinem Anspruch. Die Koproduktion mit „Peacock“ sowie WDR und BR startet im Herbst in den Kinos. Ein 15-köpfiges Team recherchierte dafür in aller Welt. Auf einem Plakatentwurf für den neuen Streifen prangt das Foto eines braunen Haufens aus Pappmachee. Die symbolische Hinterlassenschaft liegt auf Thurns Schreibtisch wie ein überdimensionaler Scherzartikel und sorgt schon jetzt für Gesprächsstoff im Büro – und Lacher.

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