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Schelte für Kölner Politik„Hat mit vernünftiger Verkehrsplanung nichts zu tun“

Lesezeit 3 Minuten
Köln, RSK, Stau an An der Burgmauer, ausgelöst durch die Baustelle am WDR

Alle Jahre wieder versucht die Stadt, dem Adventsverkehr irgendwie Herr zu werden. 

Die IHK geht mit der Kölner Politik hart ins Gericht — erneut gibt es ein deutliches Statement für die Ost-West-Tunnellösung.

Und dann auch noch die Sperrung der Deutzer Brücke. Nicht das zentrale, aber doch ein Thema der Kölner Verkehrspolitik, das die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK), Nicole Grünewald, und IHK-Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein umtreibt. „Wir sehen die Sperrung kritisch. Wir hätten uns, wie schon seit Jahren diskutiert, mehr Haltestellen für Reisebusse gewünscht und dass damit das Anliegen der Busunternehmen und des Handels aufgegriffen worden wären“, sagen sie.

Aber auch sonst liege bei der Entwicklung der Kölner Innenstadt einiges im Argen. „Wir wollen, dass in Innenstädten weiter Handel getrieben wird. Und deshalb wollen wir auch, dass die Menschen gut in die Kölner Innenstadt gelangen können.“ Die Wirtschaft müsse bei den Planungen und bei allen politischen Entscheidungen mitgedacht werden. „Unsere Mitglieder sind bei den zahlreichen Verkehrsversuchen in hohem Maße betroffen. Künftig werden wir ihnen deshalb auch über die sozialen Medien eine Stimme geben“, kündigt Grünewald an. Man wünsche sich bei der Verkehrswende ein planvolleres und strukturierteres Vorgehen. „Wenn eine Durchgangsstraße in einem Quartier wegfällt, hat das negative Auswirkungen auf die Geschäfte dort. “

„Eine Verkehrswende ohne ÖPNV-Ausbau wird es nicht geben. Also sollte man jetzt damit anfangen“, ergänzt Vetterlein und schlägt auch gleich den Bogen zum wohl größten Verkehrsprojekt Kölns der kommenden Jahre, der Ost-West-Achse: „Jahrzehntelange Diskussionen darüber, ob eine Straßenbahn ober- oder unterirdisch fahren soll, können wir uns nicht mehr leisten. Die Tunnellösung auf der Ost-West-Achse muss beschlossen und gebaut werden.“

Das Thema soll wohl eher von den eigentlichen Problemen bei der Verkehrsge- staltung ablenken.
Uwe Vetterlein zur Diskusssion um eine City-Maut für Köln

Dass die Kölner IHK mit der Mobilitätswende in dieser Form nicht viel anfangen kann, hat sie mehrfach deutlich gemacht. Grünewald und Vetterlein betonen, dass niemand ausgegrenzt werden dürfe. Wichtig sei, dass die Innenstadt für alle, also auch für Ältere und Menschen mit Beeinträchtigungen gut erreichbar sei.   „Was auf der Deutzer Freiheit und der Venloer Straße passiert ist und was auf der Trankgasse los ist, hat mit vernünftiger Verkehrsplanung nichts zu tun“, wettert Vetterlein und spricht den bekannten Kölner Verkehrsversuchen gleich ganz den Sinn ab: „Wenn es um Verkehrsmengen geht: Die hätte man auch errechnen können, dazu sind heute keine Versuche mehr nötig.“ Was man dagegen vielmehr brauche, sei ein Grundnetz für den Durchgangs- und den Wirtschaftsverkehr.

Auch die neuerdings wieder in der Diskussion befindliche City-Maut steht, man ahnt es bereits, bei der IHK nicht besonders hoch im Kurs. „Wir halten nichts von einer solchen Maut. Sie hält Menschen allenfalls davon ab, in die Stadt zu fahren und ist deshalb ein untaugliches Instrument.“ Volt habe schon einmal eine Maut für die Innere Kanalstraße vorgeschlagen. Dann habe man bemerkt, dass der Vorschlag für Menschen mit weniger Geld, die auf ihr Auto angewiesen sind, zu einem Problem werden könnte. Mehrheitsfähig sei eine Citymaut allein deshalb nicht, weil sie soziale Probleme hervorrufe. „Das Thema soll wohl eher von den eigentlichen Problemen bei der Verkehrsgestaltung ablenken“, so Vetterlein. Die Unternehmen zahlten über die Grund- und Gewerbesteuer bereits für die Infrastruktur. Eine weitere Abgabe sei nicht angemessen. Von daher lehne man auch eine ÖPNV-Abgabe für Unternehmen ab. „Die Verkehrswende sollte mit Anreizen und nicht durch Verbote attraktiv gemacht werden“, so Grünewald und Vetterlein. (raz/mft/two)