„Wie soll ich das meinem Sohn erklären“Tränen und Wut nach Mehrfach-Absagen in Köln

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Vor drei Wochen hat Stefanie Huland (42) noch gehofft und gelächelt. 

Köln – Nach Wochen voller Hoffen und Bangen kommt in der Mittagspause die Schocknachricht: Gleich drei Schreiben von Gymnasien liegen an diesem Dienstag, 15. März, im Briefkasten der Sülzer Familie – und bringen die dreifache Mutter Stefanie Huland mit zwei Söhnen (10, 8) und einer Tochter (4) zur Verzweiflung. In Tränen aufgelöst, berichtet die 42-Jährige der Rundschau, warum sie „total erschüttert“ ist und sich hilflos fühlt: Die drei infrage kommenden, sehr beliebten Gymnasien im Stadtbezirk, an denen sie ihren zehnjährigen Sohn anmeldeten, haben eine Ablehnung geschickt.

Drei Mal mehr Bewerber als Plätze

„Wir haben keinen Platz. An keiner der drei Schulen“, sagt die 42-Jährige weinend mit Blick auf die Favoriten: Dort bewarben sich laut Huland jeweils rund dreimal mehr Kinder als es freie Plätze in den fünften Klassen gibt. Die Chancen nachzurücken stehen nicht gut: „Auf den Wartelisten ist unser Sohn nach den durchgeführten Losverfahren auf Platz 90, 44 und noch einmal 90 gelandet. Sollen wir jetzt darauf hoffen, dass die 40 oder 90 vor uns alle absagen?“

So geht’s weiter

Sieben Tage bleiben den Eltern von künftigen Fünftklässlern noch bis zum Ablauf der Rückmeldefrist in der ersten Runde des laufenden Anmeldeverfahren mit Mehrfachanmeldungen. Bis spätestens 23. März müssen Eltern für einen Platz zusagen (oder auch absagen). Vielfach wurden Plätze ausgelost. Etwa in der Innenstadt gab es laut Elternberichten drei- und viermal mehr Bewerbungen als Plätze.

Die Bescheide für Plätze an Gymnasien (sowie Real- und Hauptschulen) wurden verschickt. Mit einem Ablehnungsbescheid erhalten Familien die Info über den Nachrückplatz an der jeweiligen Schule auf Wartelisten. Wenn ein Kind nach der ersten Runde keinen Schulplatz hat, gibt es laut Stadt eine zweite Anmeldephase vom 31. März bis 4. April 22. Auch dabei sind Mehrfachanmeldungen zulässig. Sie bekommen dann die Mitteilung, an welchen Schulen noch freie Kapazitäten sind. Am Ende heißt es: „Wenn Ihr Kind danach noch keinen Schulplatz hat, werden Sie individuell beraten.“ (MW)

Ihre allergrößte Sorge ist in diesem Moment eine andere: „Wir soll ich das jetzt meinen Sohn erklären, wie soll ich ihn trösten?“, fragt Stefanie Huland im Gespräch mit der Rundschau. Die 42-Jährige gehört zu den vielen Müttern und Vätern von Kölner Viertklässlern, die in diesen Tagen eine Gefühls-Achterbahnfahrt zwischen Hoffen und Bangen, Wut und Hilflosigkeit erleb(t)en. Das Anmeldeverfahren mit Mehrfachanmeldungen. entwickelt sich ihres Erachtens zum Drama. Auch wenn es dabei Gewinner gibt, die sich über einen oder mehrere Platzangebote freuen und nun den Luxus der Wahl haben. Wenn sie einen Platz absagen, rücken „Abgelehnte“ auf der Warteliste nach. Ein langwieriges Verfahren, das für Empörung sorgt, Kinder zu Verlierern macht.

Infos über Nachrückerplätze erst am dem 30. März

Als berufstätige Mutter und Chefredakteurin der DLR-Kommunikation meistert Stefanie Huland Vieles mit großem Elan. Jetzt ist ihre Kraft erschöpft. Die Familie sorgt sich um die Zukunft ihres Sohnes, der sich eigentlich darauf freute, endlich aufs Gymnasium zu kommen. Doch auch ihn belastete die Unsicherheit der letzten Wochen. Und nun die Absagen: „Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Sohn nicht aufgenommen werden konnte“, steht in den drei Briefen. In dem Montag von Schulen verschickten Schreiben auch an die Sülzer Familie ist jeweils von rund 300 Bewerbungen auf etwa 120 Plätze die Rede und davon, dass die Schule deshalb gezwungen sei, eine Auswahl zu treffen. Dass das Losverfahren angewandt wurde. „Ich bedaure, dass Ihre Anmeldung nicht berücksichtigt werden konnte. Ihr Kind steht auf Nachrückliste Platz XX“, steht dort. Derzeit könne man wegen der möglichen Mehrfachanmeldungen „noch nicht mitteilen, an welchen gymnasialen Standorten offene Plätze zur Verfügung stehen. Sie erhalten Informationen dazu ab dem 30. März auf den Internetseiten der Stadt.“

Viele Kölner Eltern sind verzweifelt

Sollen Familien, die beim ersten Roulette leer ausgingen, nun auf den Webseiten am 30. März schnell selbst gucken und sich um die übrigen Plätze bewerben? „Nach dem Motto Sieh doch zu, wie Du klarkommst“, sagt die Mutter – und wird trotz Schock aktiv: Im ersten Schritt bat sie die KlassenlehrerInnen der 4. Klasse, die Kinder am Mittwoch im Unterricht nicht mit dem Thema allein zu lassen und „trotz des Chaos' zu vermitteln, dass alles gut werde“...

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Olaf Wittrock von der Eltern-Initiative „Die Abgelehnten“, bestätigt: „Bei mir häufen sich gerade Anrufe und Nachrichten verzweifelter und wütender Eltern ohne Plätze. Manche haben vier, fünf, sechs Bewerbungen abgeschickt. Das Verfahren fährt leider genauso vor die Wand, wie es vorherzusehen war.“ Es sei „ein Desaster “.

Aktuelle valide Zahlen zum Verfahren liegen laut Stadt bislang nicht vor.

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